Nach einer fünfjährigen Übergangsfrist soll der Automobilsektor komplett geöffnet werden.

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Die Nachricht stand auf zwei Seiten. Chinas Reform und Entwicklungskommission (NDRC), die frühere Planwirtschaftsbehörde des Landes, hielt eine Pressekonferenz ab, zu der aber keine ausländischen Journalisten geladen waren. Sie verlas und verteilte eine Erklärung über die teilweise Öffnung der chinesischen Märkte. Spektakulär war nur eine Nachricht: Peking hebt den jahrzehntelangen Jointventure-Zwang in der Automobilindustrie auf, wo bisher ausländische Mehrheiten oder die Gründung hundertprozentiger Auslandsunternehmen verboten waren.

Doch die willkommene Nachricht kam mit einem mehrjährigen Zeitrahmen. Als Erstes fallen die Beschränkungen 2018 für Hersteller von Elektroautos oder andere sogenannten Neue-Energie-Fahrzeuge (NEV). Produzenten von Nutzfahrzeugen müssen bis 2020 warten und Pkw-Hersteller bis 2022. Im gleichen Zug hob die NDRC-Kommission auch den Jointventure-Zwang für Schiff- und Flugzeugbauer schon von diesem Jahr an auf. Hubschrauber und Drohnen fallen auch darunter.

Senkung der Importzölle

Der NDRC kam einer Anweisung von Chinas Staats-und Parteichef Xi Jinping nach. Nach den Finanzreformen gab Xi auf der Boao-Wirtschaftskonferenz am 10. April seine langerwarteten Versprechungen zu neuen Reformen auch in anderen Bereichen ab. Darunter fiel auch die Senkung der Importzölle für Automobile, eine Geste an US-Präsident Donald Trump. Vor allem aber erklärte Xi, dass der Jointventure-Zwang im Automobil- und in anderen Bereichen aufgehoben würde. Weil er noch keine Fristen nannte, ging diese Nachricht unter.

Der Jubel blieb aber auch aus anderen Gründen aus. Denn für die meisten großen Autokonzerne in China kommt diese Reform viel zu spät. Sie haben sich mit ihren chinesischen Partnern arrangiert oder sind sehr langfristige Verträge eingegangen. Beispiel die Volkswagen-Gruppe, die vergangenes Jahr vier Millionen Fahrzeuge verkaufte. In ihrem Schanghaier Jointventure sind sie bis 2035 gebunden, im FAW-Jointventure Changchun bis 2041. Selbst ihr neues Gemeinschaftswerk mit Anhuis JAC zur Herstellung von Batterieautos läuft bis 2042.

Sie müssten sich also neue Mehrheiten erwerben, falls der Partner überhaupt verkauft. Das wird nicht nur teuer, sondern macht in dem umkämpften Markt wenig Sinn. Wer jetzt allerdings beginnt, so wie Tesla, könnte die Produktion von NEV-Fahrzeugen in eigener Regie betreiben. Alteingesessene Unternehmen könnten allerdings bei M&A-Aufkäufen zuschlagen – im Pkw-Bereich aber erst ab 2022.

Versprechen eingelöst

Alles, was Xi versprochen hatte, wurde am Dienstag eingelöst. Das NDRC will auch in Kürze innerhalb des ersten Halbjahres seine sogenannten Negativlisten veröffentlichen. Sie regeln, in welchen Bereichen ausländische Investoren weiter unerwünscht sind. Deshalb heißen sie auch Negativlisten. Auf einen Blick weiß der Auslandsinvestor, was für ihn tabu ist. Dazu gehören aus Gründen der ideologischen Kontrollen weiter Beteiligungen an Medien wie Tageszeitungen oder TV-Stationen.

China werde zwei Negativlisten herausgeben, heißt es vom NDRC. Die eine Liste enthalte weniger Verbote, gelte aber nur für Investoren, die sich in den Freihandelszonen des Landes niederlassen, etwa in Schanghai oder auf der Inselprovinz Hainan, die komplett zur Freihandelsinsel umgewandelt werden soll. Die umfangreichere Negativliste gilt für Ansiedlungen im Binnenland selbst. China begann 2013 erstmals Negativlisten für die Schanghaier Freihandelszone zu entwickeln.

Die NDRC-Verordnungen sehen künftig auch die Öffnung von Bereichen wie "Energie, Ressourcen, Verkehr und Transport, Infrastruktur, Handel und Logistik, spezielle Dienstleistungen" vor, allerdings ohne einen Zeitrahmen zu nennen. (Johnny Erling, 17.4.2018)