Simulationen der Schattenbilder von Sgr A* , berechnet für ein Schwarzes Loch des "Kerr"-Typs (ART, obere Reihe), und des "Dilaton"-Typs (alternative Schwerkrafttheorie, untere Reihe).

Illustration: Fromm/Younsi/Mizuno/Rezzolla (Frankfurt)

Bonn – Eine der wichtigsten Vorhersagen von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie ist die Existenz von Schwarzen Löchern. Doch trotz der erst kürzlich gelungenen Entdeckung der Gravitationswellen am LIGO-Experiment, die von verschmelzenden Schwarzen Löchern ausgesendet wurden, steht ein direkter Beobachtungsnachweis noch aus. Das liegt freilich vor allem auch daran, dass kein Licht der enormen Schwerkraft eines Schwarzen Loches entkommen kann. Wird allerdings Materie verschluckt, können doch ein paar Photonen entkommen.

Zum ersten Mal haben nun internationale Astrophysiker im Rahmen des Projekts "BlackHoleCam" realistische "Schattenbilder" von Sagittarius A* (Sgr A*) erstellt, dem Kandidaten für ein supermassereiches Schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße. Die Forscher von der Goethe-Universität Frankfurt, des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn und der niederländischen Universität Nijmegen wollen damit nicht nur beweisen, dass Schwarze Löcher tatsächlich existieren. Sie wollen vor allem auch untersuchen, ob sich das Bild von Schwarzen Löchern, das sich aus Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie ergibt, von denjenigen unterscheiden lässt, die man mit alternativen Schwerkrafttheorien erklären kann.

Entwische Photonen

Materie, die in den Ereignishorizont am Rande eines Schwarzen Lochs gerät, wird endgültig verschluckt und ist nicht mehr nachweisbar. Doch einige der Lichtteilchen, welche die Materie als letzte Signale aussendet, können entkommen und von entfernten Beobachtern registriert werden. Die Größe und Form des dadurch erzeugten Schattens hängt dabei von den Eigenschaften des Schwarzen Lochs und der in die Rechnung eingehenden Gravititationstheorie ab.

Da die größten Abweichungen von Einsteins Relativitätstheorie sehr nahe am Ereignishorizont erwartet werden, und da alternative Gravitationstheorien unterschiedliche Vorhersagen über die Eigenschaften des Schattens treffen, sind direkte Beobachtungen von Sgr A* ein vielversprechender Ansatz, die Auswirkung der Gravitation – und ihre Theorien dazu – unter den extremsten Bedingungen zu testen. Solche Bilder vom Schatten eines Schwarzen Lochs zu erzeugen, ist das oberste Ziel der internationalen "Event Horizon Telescope"-Kollaboration (EHTC), die Radiodaten von Teleskopen aus der ganzen Welt kombiniert und so ein Riesenteleskop von nahezu Erddurchmesser simuliert.

Verschiedene Typen von Schwarzen Löchern

Wissenschafter aus dem "BlackHoleCam"-Team in Europa, die der EHT-Kollaboration angehören, sind nun einen Schritt weiter gegangen und haben untersucht, ob es möglich ist, zwischen verschiedenen Typen von Schwarzen Löchern zu unterscheiden, die von unterschiedlichen Gravitationstheorien vorhergesagt werden. In Einsteins Theorie ist das der sogenannte "Kerr"-Typ, während der "Dilaton"-Typ die repräsentative Lösung einer anderen Gravitationstheorie darstellt.

Die Forscher untersuchten was passiert, wenn Materie auf diese zwei sehr unterschiedlichen Arten von Schwarzen Löchern fällt und berechneten die entstehende Strahlung als Grundlage, um die Bilder zu erzeugen. "Zur Erfassung der Effekte verschiedener Schwarzer Löcher benutzten wir realistische Simulationen von Akkretionsscheiben mit fast identischen Ausgangsbedingungen. Diese kostspieligen numerischen Simulationen benötigten hochmoderne Rechencodes und beanspruchten mehrere Monate Rechenzeit auf dem LOEWE-CSC-Supercomputer unseres Instituts", sagt Yosuke Mizuno, Erstautor der im Fachjournal "Nature Astronomy" erschienenen Studie.

Kaum Unterschiede

Die erwarteten Radiobilder werden von Natur aus eine begrenzte Auflösung und Bildgenauigkeit haben. Als die Forscher ihren Rechnungen realistische Bildauflösungen zugrunde legten, fanden sie zu ihrem Erstaunen heraus, dass selbst Schwarze Löcher, die sich in ihren Eigenschaften stark von klassischen Schwarzen Löchern im Einstein’schen Sinne unterscheiden, sich in den simulierten Erscheinungsbildern kaum noch voneinander unterscheiden lassen.

"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass man in manchen Gravitationstheorien, Schwarze Löcher ähnlich aussehen können, wie die in der Relativitätstheorie. Vermutlich brauchen wir neue Datenanalysemethoden für das EHT, um diese auseinander zu halten.", sagt Luciano Rezzolla, Professor der Goethe-Universität und Leiter des Frankfurter Teams. "Wir müssen offen dafür sein, dass zu Einstein das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Glücklicherweise werden zukünftige Beobachtungen und fortgeschrittene Technologien diese Zweifel ausräumen können", meint der Astrophysiker. (red, 21.4.2018)