Foto: AÜ / Ahn Young-joon

Seoul/Pjöngjang – Es ist ein Satz, den man vor sechs Monaten noch kaum für möglich gehalten hatte: Schon wieder gibt es gute Nachrichten aus Korea. Denn bei aller Vorsicht zu den Verlautbarungen aus Pjöngjang: Dass Machthaber Kim Jong Un öffentlich ankündigt, die Atom- und Raketentests seines Landes einzustellen, kann nur Anlass zur Freude sein.

Vor dem Gipfel mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in in der kommenden Woche sorgt die Ankündigung für gute Stimmung unter den Verhandlern. Sie hatten schon bisher gehofft, einen wichtigen Schritt unternehmen zu können, auf dem Weg, den Koreakriegs-Waffenstillstand von 1953 in einen Frieden umzuwandeln.

Hoffnung für Gipfel mit den USA

Das könnte nun einfacher werden. Beide Staaten brauchen für einen Friedensschluss die Zustimmung der USA und Chinas, die – im Fall Washingtons über den Umweg der damaligen UN-Truppen – Signatoren des Waffenstillstandes sind und offiziell den Krieg einstellen müssten um einen Frieden zu ermöglichen.

US-Prasident Trump hat auf Twitter schon den Schritt Nordkoreas gelobt. Er darf nun hoffen, dass sein eigener Gipfel mit Kim Ende Mai oder Anfang Juni auf guter Vorarbeit der beiden Koreas aufbauen kann.

Auch China begrüßte die Ankündigung Nordkoreas – weil das Kim-Regime stabil bleibt, das Peking als Puffer zu Südkorea und den dortigen US-Truppen dient.

Gründe zur Vorsicht

Kim jedenfalls scheint über seine Kontrolle nicht in Sorge zu sein. Schritt um Schritt hat er in den vergangenen Wochen gesetzt, um – vor allem – Südkorea, aber – auch – den USA entgegenzukommen. Er hofft, dass dabei für ihn eine Lockerung der internationalen Sanktionen herausspringt. Dann könnte er den zweiten Arm seiner Staatsdoktrin Byungjin bedienen, die neben militärischer Aufrüstung auch auf die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes setzt. Davon erwartet Kim sich gesteigerte Legitimität seiner Herrschaft, die bisher auf totaler Kontrolle der Nordkoreanerinnen und Nordkoreaner, Propaganda und ein System von Straf- und Konzentrationslagern aufbaut.

Wichtig bleibt aber auch: Keiner der Schritte, die bisher angekündigt sind, ist irreversibel. Das gestoppte Raketentestprogramm kann jederzeit wiederaufgenommen werden, solange die Raketen in der Hand Pjöngjangs bleiben. Gleiches gilt für die nukleare Aufrüstung.

Beruhigungspille

Nicht zuletzt begründet der Machthaber den Stopp ja auch damit, dass sein Land alle wichtigen Fähigkeiten in diesen Bereichen bereits besitze. Das mag zu internen Beruhigung seines Machtzirkels gedacht sein, ist aber durchaus ernstzunehmen – denn vor allem im vergangenen Jahr haben Nordkoreas Fähigkeiten immer wieder die Einschätzungen der Analysten übertroffen.

Dass das Land nun auch anbietet, das Atomtestgelände in Punggye-Ri stillzulegen, soll daher der Beruhigung dienen. Wenn dieser Schritt nicht unabhängig verifiziert werden kann, bleibt es aber bei der Beruhigungspille: Pjöngjang hat ähnliche Taten schon bei früheren Verhandlungen angeboten und dann schnell rückgängig gemacht.

Doch trotz aller Zweifel: Dass man derzeit darüber diskutiert, ob die Beruhigung auf der Koreanischen Halbinsel ganz oder nur halb ernst gemeint ist, bleibt: eine gute Nachricht. (Manuel Escher, 21.4.2018)