Quiekende Esel, schwere Ölpressen, Natursteinmauern umgeben von tausenden Oliven- und Mandelbäumen – auf Mallorca stehen gerade viele Landgüter und Herrenhäuser mit Geschichte zum Verkauf. "Die Objekte sind deswegen am Markt, weil die Generation der 45- bis 60-jährigen Erben sich schwer damit tut, ihre Geschwister auszuzahlen", weiß Kike Alabern, ein mallorquinischer Immobilienentwickler aristokratischer Abstammung, dessen Familie bis 1970 das riesige Anwesen Son Sastre in Calvià besaß, doch dazu später.

Foto: Engel & Völkers Central Area Mallorca

Geschütze Gebäude und Landschaften

Selbst wenn Geld bei potenziellen Käufern keine große Rolle spielt, müssen sie damit rechnen, dass sie bei manchen Objekten viel Zeit, Planung und Leidenschaft investieren müssen. Denn die historischen Anwesen brauchen Pflege, und je nach Zustand sind für die Renovierung entsprechend den Richtlinien oft ein bis zwei Millionen bis hin zum Kaufpreis zu investieren. Eine Verantwortung der Kultur, Tradition und Natur der Insel gegenüber, denn die derzeitigen Besitzer zeigen oft viel Engagement, um das Alte zu konservieren, betreiben ökologische Landwirtschaft, machen Honig, schützen Vögel und pressen Olivenöl.

Foto: Engel & Völkers Mallorca North

Auflagen für die teilweise geschützten Gebäude und die Landschaft machen es etwa schwierig, die Genehmigung für einen Pool zu bekommen, wie manche der Verkaufswilligen erzählen.

In Son Sastre gibt es einen großen Pool zum Schwimmen.

Foto: Engel & Völkers Southwest Mallorca

Eine der Fincas kämpft damit, dass seit kurzem wieder ein öffentlicher Wanderweg daran vorbeiführt. Eine schwierige Aufgabe für die Immobilienvermittler, die potenzielle Kunden davon in Kenntnis setzen müssen.

Foto: Engel & Völkers Mallorca West

"Die historischen Ölpressen dürfen nicht entfernt werden", wie eine der Erbinnen der historischen Finca Son Curt in Alaró (für 4,65 Mio. Euro am Markt) schildert, die sich seit dem 16. Jahrhundert im Besitz derselben Familie befindet. Die Pressen finden sich daher schon einmal spektakulär in einem Kinosaal mit Bibliothek wieder, wie in Son Sastre (siehe Foto). Teilweise liegen die Anwesen auf Gebieten, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören, wie dem Tramuntana-Gebirge, und sind daher geschützt.

Eine alte Ölpresse als dekoratives Beiwerk in einem Wohnraum mit Kinoleinwand, der als gesellschaftlicher Treffpunkt genutzt wird.

Foto: Marietta Adenberger

Herrensitze (im Spanischen "possessiós" genannt) mit "viel Potenzial" sind um die 9,5 Millionen Euro zu haben; bezugsfertige Anwesen mit Parkanlage und Helikopter-Landeplatz um 19,5 Millionen Euro. Einige Objekte sind schon seit Jahren am Markt, weil sich noch kein Liebhaber gefunden hat.

Einige der Fincas, sofern sie groß genug sind, könnten in Landhotels oder Eco-Hotels umgestaltet werden, wie etwa das Vier-Sterne-plus-Hotel Monnaber Nou im Norden, das es seit 1994 gibt und einst im 19. Jahrhundert ein Landgut war. Das Hotel bietet seinen Gästen saisonale Produkte aus eigener Produktion. Die meisten Landgüter waren oder sind zumindest im Sommer noch immer Selbstversorger.

So sehen die meisten der historischen Pressen ursprünglich aus.

Foto: Engel & Völkers Central Area Mallorca

Nächtigen in der Kapelle

Eines der größten derzeit erhältlichen mallorquinischen Anwesen ist das eingangs erwähnte Son Sastre in Calvià (im Bild), gelegen im Südwesten der Insel, nicht weit von jenem Ort entfernt, wo auch Bruno Kreisky einst seine Villa hatte. Die Geschichte reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück, als der ursprüngliche Besitzer Fernando Ferrer, ein Kalkproduzent, das 296 Hektar große Anwesen besaß. Später war es ein Kloster, davon zeugen eine Glocke und ein Kreuz auf dem Dach über einem der 15 Schlafzimmer, das früher als Kapelle diente.

Foto: Marietta Adenberger

Heute gibt es hier einen Hubschrauberlandeplatz, einen Außenpool, Tennisplatz und eine mediterrane Parkanlage. Der Jachthafen in Puerto Portals ist eine Viertelstunde entfernt, Palmas Flughafen eine halbe Stunde. Dennoch genießt man hier absolute Abgeschiedenheit. Wenn nicht gerade der Nachbar mit seinem Privathelikopter zum Flughafen knattert, sollte hier auch keines der vielen Flugzeuge drüberfliegen.

Foto: Marietta Adenberger

Blühender Immobilienmarkt

Der Immobilienmarkt auf Mallorca ist momentan stark. Laut Statistiken des Ministerio de Fomento (Ministerium für Entwicklung) lag der Anteil ausländischer Käufer am Gesamtumsatzvolumen 2017 auf den Balearen bei 44 Prozent im Vergleich zu 23 Prozent im Jahr 2007. Die Gründe: viele internationale Schulen, Privatkliniken, kurze Wege zum Flughafen und zu den Stränden sowie eine extrem gute internationale Erreichbarkeit. "Geschätzt wird auch die Sicherheit auf der Insel. Familien lassen sich hier nieder, während die Familienväter beruflich von Palma aus ins Ausland pendeln", weiß die gebürtige Österreicherin Heidi Stadler, die seit 23 Jahren erfolgreich das Maklerunternehmen First Mallorca auf der Insel führt.

Österreichs Anteil

Laut dem Marktbericht des internationalen Maklerunternehmens Engel & Völkers mit Sitz in Hamburg sind 57 Prozent der ausländischen Käufer Deutsche, gefolgt von den Briten mit 16 Prozent. Der Anteil der österreichischen Käufer liegt nur bei zwei Prozent, Stadler berichtet von fünf Prozent mit sukzessivem Anstieg.

Dennoch war einer der ersten ganz großen ausländischen Grund- und Immobilienbesitzer ein Habsburger: Ludwig Salvator, Erzherzog von Österreich und Großcousin von Sisis Ehemann Kaiser Franz Joseph, besaß einen Küstenabschnitt von mehreren Kilometern Länge zwischen Valldemossa und Deià, errichtete ein privates Naturschutzgebiet und brachte Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Touristen nach Mallorca. Insofern hat die Immobilienentwicklung auf Mallorca sogar auch österreichische Wurzeln. (Marietta Adenberger aus Mallorca, 28.04.2018)

Die Reise nach Mallorca erfolgte auf Einladung von Engel & Völkers.

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