Bild nicht mehr verfügbar.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird von seinem US-Amtskollegen Donald Trump mit militärischen Ehren bedacht. Die beiden tragen ostentativ ihre strategische Freundschaft zur Schau. Mit Kritik hielt sich Macron zurück.

Foto: AP / Evan Vucci

Mit der deutschen Kanzlerin kann Donald Trump nicht so recht etwas anfangen, zum französischen Präsidenten hingegen hat er einen guten Draht: Und weil Stimmungen derzeit eine große Rolle spielen in der US-Außenpolitik, werden Emmanuel Macron die größten Chancen gegeben, den US-Präsidenten davon zu überzeugen, den Atomdeal mit dem Iran am 12. Mai doch nicht zu verlassen. Da steht in den USA die nächste Verlängerung der Sanktionsaufhebung im Rahmen des Deals an – für die Trump bereits Mitte Jänner sein Njet angekündigt hatte, sollte der Deal nicht nachverhandelt werden.

Am Mittwoch stellte Trump nach seinem Gespräch mit seinem Staatsgast in Aussicht, dass es bald zumindest eine US-französische Einigung geben könnte, wie es mit dem Atomdeal weitergehen soll. Staatsmänner müssten sich flexibel zeigen, sagte er. Man wird sehen, wie lange dieser Zustand der Flexibilität anhält. Der angestrebte Kompromiss besteht darin, den Atomdeal zu belassen, aber die anderen Punkte in einer weiteren Vereinbarung zusammenzufassen, einem "new deal". Macron dürfte da einen umfassenden Ansatz haben, der auch Verhandlungen über Syrien inkludieren könnte, vielleicht sogar Jemen.

Mit Ausnahme der USA wollen ja alle am Zustandekommen des Atomdeal Beteiligten – EU, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland, China – die 2015 in Wien geschlossene Vereinbarung erhalten. Der Deal reduziert und kontrolliert Irans Atomprogramm streng. Aber die Beschränkungen beginnen in etwa acht Jahren auszulaufen. Weitere Kritikpunkte am Deal sind, dass Irans Raketenprogramm und Hegemonialpolitik nicht thematisiert wird. Durch seine Präsenz in Syrien ist der Iran quasi Nachbar Israels geworden – und die Spannungen steigen.

Neue Sanktionsdrohungen...

Seit Jänner haben die Europäer versucht, sowohl die Iraner zu überzeugen, dass sie Trump entgegenkommen müssen, als auch die Amerikaner, dass der Atomdeal auch in seiner defekten Form erhaltenswert ist. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass es eine Einigung zwischen den USA und den drei beteiligten EU-Ländern gibt, dem jedoch noch Trumps Segen fehlt: Demnach soll es neue Sanktionsdrohungen gegen Teheran wegen seines Raketenprogramms geben, der Atomdeal jedoch bleibt und wird nur "in Teilen neu interpretiert", so die SZ.

Ob der Iran da mitmacht, ist offen – umso mehr, als es wohl, auch wenn Trump den Atomdeal jetzt noch nicht zu Fall bringen sollte, keine US-Garantien geben wird, dass nicht in ein paar Monaten wieder neue Forderungen gestellt werden. Da es sich beim JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action), wie der Deal sperrig offiziell heißt, um ein umfangreiches, kompliziertes Textwerk handelt, sind "Interpretationen" bei offenen Fragen ständig nötig. Dazu gibt es eine "gemeinsame Kommission", die regelmäßig tagt. Aber auch wenn dort dem Iran die Daumenschrauben angesetzt werden sollen: Die Entscheidungshoheit darüber, ob der Iran den Atomdeal verletzt oder nicht, hat die IAEA, die Internationale Atomenergiebehörde in Wien, die die Umsetzung überwacht. Sie hat dem Iran bisher stets die Einhaltung bescheinigt. Es gab Kritikpunkte, aber keine substanziellen.

... und iranische Gegendrohungen

Auch wenn die USA aber doch aussteigen, ist der JCPOA nicht automatisch tot: Aber internationale Firmen könnten sich ebenfalls zurückziehen, weil sie befürchten, ins Visier der USA zu geraten, wenn sie mit dem Iran Geschäfte machen. Dann könnte der Punkt kommen, wo sich der Deal für den Iran einfach nicht mehr auszahlt. Zuletzt tauchen vermehrt Drohungen iranischer Offizieller auf, der Iran würde in diesem Fall sein altes Urananreicherungsprogramm in vollem Umfang wiederaufnehmen. Dazu gehört die Anreicherung auf 20 Prozent, die dem Iran zurzeit völlig untersagt ist. Ali Shamkhani, Sekretär des iranischen Nationalen Sicherheitsrates, drohte gar mit dem Austritt des Iran aus dem Atomwaffensperrvertrag.

Ein US-europäischer Kompromiss über ein Paket – die Erhaltung des Atomdeals plus Angehen der anderen Probleme mit dem Iran – würde Teheran jedoch unter Druck setzen. Wenn der Iran von Anfang an alles zurückweist, würde das die E-3 Trump in die Arme treiben.

Die Europäer versuchen einen Balanceakt mit Trump und dem Iran, wo die Hardliner ebenfalls stets gegen den Deal waren. Macron hat gemeinsam mit Großbritanniens Premierministerin Theresa May zuletzt darauf gesetzt, sich als Alliierter zu beweisen. Die Luftangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs am 1. April in Syrien galten zwar konkret Einrichtungen des Assad-Regimes – aber das nächste Mal könnten sie sich auch gegen iranische Ziele richten. Macron will auch nich, dass die USA ihre Truppen aus Syrien abziehen.

Schon einmal hat ein französischer Präsident versucht, die USA durch Kooperation von drastischen Schritten abzuhalten: Im November 2002 unterstützte Jacques Chirac die Uno-Sicherheitsratsresolution 1441, die de facto eine Kriegsdrohung gegen den Irak enthielt. Beim Krieg im März 2003 ging Paris aber zur Enttäuschung von Präsident George W. Bush nicht mit. Eine schwere transatlantische Krise war die Folge – inklusive temporärer Umbenennung der French Fries in Freedom Fries. (Gudrun Harrer, 25.4.2018)