Wenn Haare grauen werden, schwächeln die Melanozyten. Bei der Untersuchung der Regulierung von Stammzellen haben US-Forscher eine Verbindung zum Immunsystem entdeckt.

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Alle Menschen sind unterschiedlich, an den Haaren allerdings lässt sich gemeinhin das Alter ablesen. Wenn die für die Produktion des Pigments zuständigen Melanozyten zu schwächeln beginnen, werden die Haare zuerst grau, später weiß.

Abgesehen vom natürlichen Alterungsprozess kann es aber auch vorkommen, dass Menschen plötzlich ergrauen. Durch ein schreckliches Ereignis zum Beispiel oder eine Krankheit. "Lass dir keine grauen Haare wachsen" ist ein Sprichwort, das darauf Bezug nimmt.

Forscher des amerikanischen National Institute of Health (NIH) haben in Zusammenarbeit mit der Universität von Alabama in Birmingham (UAB) eine interessante genetische Verbindung zwischen der Haarfärbung und dem Immunsystem gefunden, konkret jenen Immunzellen, die dem Organismus eine Infektion melden.

Wie Abwehr aktiviert wird

Wenn der Körper von Viren und Bakterien angegriffen wird, wird das Immunsystem aktiv. Prinzipiell besitzen alle Körperzellen die Möglichkeit, Angreifer von außen zu erkennen. Ist das der Fall, werden Signalmoleküle, sogenannte Interferone, aktiviert. Diese signalisieren den Zellen, einzugreifen und eine virale Vermehrung zu verhindern. Es sind dies die Effektorzellen des Immunsystem, die den Körper verteidigen.

Die Verbindung zwischen dem Hochfahren des Immunsystems und der Haarpigmentierung war für die Forscher anfangs etwas überraschend. "Wir haben mittlerweile genetische Werkzeuge, die es uns erlauben zu beobachten, was in einer bestimmten Situation auf genetischer Ebene alles passieren kann. Manchmal ereignen sich da Dinge, die wir gar nicht erwarten", erläutert Melissa Hering vom Department für Biologie der UAB.

Ursprünglich, sagt sie, sei man an jenen Genen interessiert gewesen, die für die Regulierung der Stammzellen eine Rolle spielen. Dass man dabei auch graue Haare in die Überlegung einbezogen habe, sei der Einfachheit geschuldet gewesen: Der Funktionsverlust der Stammzellen für Melanozyten sei relativ leicht ablesbar. Wenn sie nicht mehr funktionieren, also weniger oder kaum noch Pigment produzieren, ist das rasch erkennbar.

Regulierung auf mehreren Ebenen

In ihrer Studie stießen die Forscher auf einen Zusammenhang zwischen grauen Haaren, dem Immunsystem und dem Transkriptionsfaktor MITF. MITF steht für Mikrophthalmie-assoziierter Transkriptionsfaktor und ist bei Wirbeltieren für die Fellfärbung verantwortlich, konkret hat er innerhalb der Melanozyten eine regulierende Funktion, unter anderem die Aufrechterhaltung der Interferonantwort. Wenn MITF die Kontrolle über diese Interferonantwort in den Stammzellen der Melanozyten verliert, ergrauen die Haare.

"Diese Entdeckung lässt darauf schließen, dass Gene, die für die Pigmentierung der Haare und auch der Haut zuständig sind, auch eine Kontrollfunktion im Immunsystem haben", sagt Ko-Autor William Pavan vom NIH. Zum einen würde man dadurch den Ergrauungsprozess der Haare verstehen, andererseits ist die Verbindung mit dem Immunsystem wichtig, um Pigmentstörungen wie etwa Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) besser zu verstehen.

Eine weitere Frage ergibt sich daraus: Inwiefern ist bei frühzeitigem Ergrauen der Haare auch das Immunsystem betroffen? Diese Frage versuchen die Forscher im Mausmodell näher zu ergründen. (pok, 3.5.2018)