In Bleiburg strandeten viele der schlimmsten Mörder und Schergen des Ustascha-Regimes.

Foto: APA: GERT EGGENBERGER
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Mit Fahnen und Gewehren marschieren sie über die Wege. An den Ärmeln das Abzeichen der Ustascha. Manchmal sieht man auch ein Hakenkreuz, als Stecker am Revers oder als Tätowierung. Bemerkt der private Ordnungsdienst solche Verstöße gegen das Abzeichengesetz, wird der Träger der Nazisymbole höflich gebeten, Hakenkreuz oder SS-Rune zu verdecken. Das geschieht alles öffentlich unter den Augen der österreichischen Behörden und Politik. Niemand unternimmt etwas dagegen. Das Treffen nahe Bleiburg gilt mittlerweile als das größte Vernetzungstreffen faschistischer und rechtsextremer Gruppen in Europa.

Totengedenken als Vernetzungstreffen

Offiziell handelt es sich um ein Totengedenken, das hier im Süden Österreichs abgehalten wird. Ustascha-Milizen, die hier 1945 von englischen Truppen an die Jugoslawische Volksarmee übergeben wurden, sollen von Partisanen hingerichtet und auf Todesmärsche geschickt worden sein. Wie viele dieser Faschisten tatsächlich den Tod fanden, ist letztlich nicht zu klären. Die Zahlen gehen weit auseinander, je nachdem, welches ideologische Lager man fragt. Nationalistische Kreise in Kroatien sprechen etwa von mindestens hunderttausend Opfern. Für diese Zahlen fehlen aber jegliche Belege. Partisanenverbände setzen die Zahl bei etwa 3.000 Toten an. In Bleiburg strandeten viele der schlimmsten Mörder und Schergen dieses Regimes, und sie waren es, die das Feuer auf die englischen Besatzer eröffnet und jene aus ihren Reihen erschossen, die sich ergeben wollten.

Aber egal, wie viele Tote es tatsächlich gab, ob diese auf Befehl oder gegen die ausdrückliche Anordnung der kommunistischen Führung ermordet wurden, um die Toten geht es auf dem Loibacher Feld nur in zweiter Linie. In Wirklichkeit findet hier ein Vernetzungstreffen rechter und ultrarechter Gruppen statt. Dabei handelt es sich aber nicht um ein paar versprengte Wehrsportgruppen oder Burschenschaftler, die stolz ihre Schmisse zur Schau stellen. Hier haben wir es mit Leuten zu tun, die schon an der Macht sind oder es bald sein könnten. Von der kroatischen Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarov abwärts unterstützt das offizielle Kroatien diesen faschistischen Aufmarsch. 2016 fanden sich unter anderem Vizepremier Tomislav Karamarko, Kulturminister Zlatko Hasanbegović und weitere vier Minister in Bleiburg ein.

Wer war die Ustascha?

Dennoch ist die Frage nach den Betrauerten interessant. Hierzulande hat kaum jemand auch nur die geringste Ahnung, wer die Ustascha war und welche Verbrechen sie verübt hat.

Als Ante Pavelić 1941 in Kroatien an die Macht kam, galt sein ganzer Hass der serbischen Bevölkerung. Ganze Dörfer, ja ganze Landstriche wie etwa der Kordun wurden von den Ustascha-Milizen durchkämmt. Serbische Männer wurden meist gleich ermordet, Frauen und Kinder steckte man in Lager. Die Beschreibungen dieser Massaker lassen einem noch heute den Atem stocken. Allein im größten Vernichtungslager des Balkans, in Jasenovac, brachten die Ustascha-Kämpfer zwischen 80.000 und 100.000 Menschen um. Von den Wärtern wurden regelrechte Tötungswettbewerbe veranstaltet, wer mit einem serbischen Erntemesser binnen einer Stunde den meisten Menschen die Kehle durchschneiden konnte. Kinder und Säuglinge wurden oft einfach in die vorbeifließende Save geworfen. Flussab stauten sich die Kinderleichen.

Diese Mörder, ihre Helfer und Helfershelfer flüchteten vor den siegreichen Partisanen und der Roten Armee Richtung Österreich. Viele dieser Schlächter fanden sich auf dem Loibacher Feld wieder und wurden an die Partisanen übergeben.

Wahre Helden

Auf militärischer Seite kam der Widerstand gegen Pavelić und die Ustascha von den Partisanen. Einzelne Einheiten drangen auch immer wieder auf kroatisches Gebiet vor, um Lager zu befreien. Aber der Hauptteil der Rettungsaktionen wurde von heute fast vergessenen Menschen geleistet. Rotes Kreuz, Caritas und die Antifaschistische Frauenfront wirkten zusammen und retteten viele Serben, Juden, Roma und Sinti.

Mitten unter ihnen, ja in führender Position, befand sich eine Österreicherin. Diana Budisavljević rettete von 1941 bis 1945 mehr als 10.000 Kinder aus den Lagern der Ustascha. Ihr Andenken ist heute beinahe vergessen. Zwei Jahre lang bin ich jeder erdenklichen Spur gefolgt und habe zusammengetragen, was es an Unterlagen über diese außergewöhnliche Rettungsaktion noch zu finden gab. Dabei entdeckte ich ein Netzwerk des Mutes und der Hilfsbereitschaft. Budisavljević war Initiatorin und treibende Kraft. Aber es gab neben ihr viele, die ebenfalls ihr Leben riskierten und der Ustascha die Stirn boten.

Wir sollten uns diesen Helden zuwenden und von ihnen lernen. Nicht den Kindermördern sollten wir gedenken, sondern jenen, die gegen sie gekämpft haben. Die Gerechten der Völker, die Retter der Kinder und der Hilflosen sollten unsere Vorbilder sein. Ihnen gebühren Denkmäler, und Schulbücher sollten sie als leuchtendes Beispiel des Widerstands gegen Grausamkeit und Bestialität feiern. (Wilhelm Kuehs, 9.5.2018)