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Der mehrjährige Finanzrahmen der EU soll auf 1,1 Prozent des Bruttonationaleinkommens steigen. Auf die Bauern kämen Kürzungen zu, Kanzler Kurz hält den Plan für inakzeptabel.

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Graphik: APA

Brüssel – Die EU-Kommission schlägt eine deutliche Erhöhung des Ausgabenrahmens für das EU-Budget vor. Der Finanzrahmen von 2021 bis 2027 soll auf Verpflichtungen in Höhe von 1.279 Milliarden Euro steigen, sagte Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Mittwoch vor dem Europaparlament in Brüssel. Das sind 1,11 Prozent der Wirtschaftsleistung, derzeit liegt der Rahmen bei 1,03 Prozent.

Für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist der Vorschlag inakzeptabel. Die EU werde durch den Austritt Großbritanniens kleiner: "Man muss das zum Anlass nehmen, um auch bei den Strukturen schlanker zu werden." Positiv sei der Schwerpunkt auf den Außengrenzschutz, sagte Kurz, noch bevor die Kommission ihren Vorschlag präsentierte. Er rechnet insgesamt mit "harten und langen" Verhandlungen.

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sieht die "Budgetpläne im Agrarbereich kritisch", sagte sie am Mittwoch. "Wir werden gemeinsam als Bundesregierung sowohl gegen höhere Beiträge als auch gegen Kürzungen bei der Landwirtschaft kämpfen", kündigte sie an. "Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, wir stehen vor harten Verhandlungen." Derzeit fließen laut dem Landwirtschaftsministerium rund 1,3 Milliarden Euro von der EU als Direktzahlungen und über die Zweite Säule (ländliche Entwicklung) nach Österreich zurück.

Auch Frankreich, Polen und die Niederlande sind gegen die EU-Pläne. Frankreichs Agrarminister Stéphane Travert bezeichnete die geplante Kürzung bei Direktunterstützungen für Bauern als "unvorstellbar".

"Verantwortungsvoller Plan"

Mit 1,11 Prozent des Bruttonationalprodukts der EU präsentiere die Kommission einen verantwortungsvollen Plan, sagte Juncker. "Wären wir auf alle Wünsche der Staaten eingegangen und hätten diese zum bisherigen Haushalt addiert, wären wir bei zwei Prozent" des BIP gelandet. So ein Vorschlag wäre aber sofort von allen abgelehnt worden. Der jetzige sei ernsthaft und könne die Grundlage für künftige Diskussionen sein.

Unter Berücksichtigung der Inflation entspricht der Finanzrahmen von 2021 bis 2027 einem Betrag von 1.279 Milliarden Euro an Mitteln für Verpflichtungen und 1.246 Milliarden Euro an Zahlungen. Dazu gehört auch der Europäische Entwicklungsfonds, der bisher nicht im EU-Budget enthalten war. In aktuellen Preisen von 2018 entspricht das 1.135 Milliarden Euro an Verpflichtungen und 1.105 Milliarden Euro an Mitteln für Zahlungen. Der derzeitige Finanzrahmen von 2014 bis 2020 umfasst in aktuellen Preisen 1.087 Milliarden an Verpflichtungen und 1.026 Milliarden an Zahlungen (1,03 Prozent bzw. 0,98 Prozent des BNE). Er gilt für 28 EU-Staaten, der nächste wegen des Brexits nur mehr für 27.

Kürzungen für Bauern

Kürzungen kommen auf Bauern zu. Die Direktzahlungen für Landwirte und die marktbezogenen Ausgaben sollen nur mehr 286 Milliarden Euro ausmachen, während derzeit – in aktuellen Preisen – 309 Milliarden Euro vorgesehen sind. Auf die großen Strukturhilfenempfänger wie Polen und Ungarn kommen neue Hürden zu. Künftig werde die Auszahlung von EU-Mitteln stärker an die Rechtsstaatlichkeit gekoppelt. Es gehe um das Geld europäischer Steuerzahler, die Unabhängigkeit von Gerichten müsse ohne jede Gefahr sein, sagte Budgetkommissar Günther Oettinger.

Zu den neuen Prioritäten zählt die Kommission Forschung, Innovation und Digitales. Dieser Bereich wird laut Oettinger im neuen Finanzplan um 60 Prozent erhöht. Die Ausgaben für das Studentenaustauschprogramm "Erasmus plus" will die Kommission verdoppeln, um mehr jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, andere europäische Sprachen und Kulturen kennenzulernen. Neu sind auch eigene Budgetkapitel für Sicherheit und Verteidigung sowie für den Außengrenzschutz. Insgesamt soll der europäischen Verteidigungsindustrie zwei Milliarden Euro jährlich zufließen. Bis zum Ende der Finanzperiode 2027 will Oettinger die Zahl der Mitarbeiter der EU-Grenzschutzagentur Frontex von 1.200 auf 10.000 ausbauen. Das soll es ermöglichen, dass Grenzkontrollen im Schengen-Raum wie derzeit zwischen Deutschland und Österreich oder zwischen Österreich und Ungarn abgeschafft werden.

Eigene EU-Einnahmequellen

Die Kommission schlägt auch eigene Einnahmequellen für die EU vor. 20 Prozent der Einnahmen sollen aus dem Emissionshandelssystem kommen. Die neue gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage soll drei Prozent beitragen, zudem soll ein nationaler Beitrag von 80 Cent pro Kilogramm aus nicht wiederverwerteten Plastikverpackungsabfällen kommen.

Diese neuen Eigenmittel würden etwa zwölf Prozent des gesamten EU-Budgets ausmachen und könnten bis zu 22 Milliarden Euro jährlich beitragen. Die derzeitigen Rabattsysteme für die EU-Staaten will die Kommission laut Oettinger stufenweise abschaffen, sodass das für alle zumutbar sei. (APA, 2.5.2018)