Die Opposition wankt nicht. Aber es gibt schon viele Bürger, die sich fragen, ob die Opposition im Parlament nach dem Abgang von Neos-Chef Matthias Strolz noch die gleiche sein wird. Nein, das wird sie nicht, denn Strolz ist ein ausgesprochen origineller Typ und wird fehlen. Aber die Opposition muss deshalb nicht gleich an Schlagkraft einbüßen. Wer das befürchtet, überschätzt die Bedeutung von Strolz.

Wobei die Neos durchaus eine ganz besondere Rolle einnehmen im Kräftespiel zwischen Regierung und Opposition: Sie könnten jene Kraft sein, die der türkis-blauen Koalition im Nationalrat zur Zweidrittelmehrheit verhilft, wie sie bei der Änderung von Gesetzen im Verfassungsrang notwendig ist. Die Regierung wird darauf bei großen Reformvorhaben angewiesen sein. Die Neos sind sich dieser Bedeutung bewusst und haben die Frage ausführlich diskutiert – auch mit hässlichen Untertönen, die den Rückzug von Strolz als Gerücht begleitet haben: Der Weg zwischen konstruktiver Oppositionspolitik, bei der man bei sinnvollen Anliegen auch einmal mit der Regierung stimmt, und dem Vorwurf, man lasse sich von dieser kaufen, ist ein sehr schmaler.

Tatsächlich wurde bei den Neos immer wieder darüber diskutiert, wie man das Verhältnis zur Regierung gestalten soll. Zwischen Fundamentalopposition, einer erbitterten, grundsätzlichen Gegnerschaft und einer freundlichen Annäherung sowie der Bereitschaft, einmal über alles zu reden, gibt es einen breiten Spielraum. Die Neos haben sich dafür entschieden, jeweils in der Sache abzuwägen und der Regierung die Gefolgschaft nicht prinzipiell zu verweigern. Daran wird sich vermutlich auch unter Beate Meinl-Reisinger, der wahrscheinlichsten Nachfolgerin von Strolz, nichts ändern. Sie kommt zwar aus der ÖVP und versteht diese gut, weiß aber auch deshalb sehr genau, warum sie diese verlassen hat und sich jetzt woanders engagiert. Die Gefahr, dass ausgerechnet Meinl-Reisinger sich bei der ÖVP oder gar der FPÖ anbiedert, ist eher minimal.

Gefestigte Feindschaft

Die SPÖ ist klar und fundamental gegen die Regierung positioniert. Da waren keine strategischen Besprechungen und taktischen Überlegungen notwendig. Das ist das Ergebnis einer handfesten, nachvollziehbaren und gut gefestigten Feindschaft auf jeder Ebene, ideologisch wie persönlich. Wobei nicht auszuschließen ist, dass die SPÖ bei einem besonders sinnvollen, vielleicht nicht allzu wichtigen Gesetz mit der Regierung stimmen wird.

Ach ja, und dann gibt es noch die Liste Pilz. Und die Grünen nicht mehr.

Sehr schlagkräftig kommt einem die Opposition in diesen Tagen nicht vor. Jede Partei werkt vor sich hin, ist dabei immer auch ein gutes Stück mit sich selbst beschäftigt. Manchmal gelingen gemeinsame Aktionen wie der BVT-Untersuchungsausschuss.

Dem gegenüber steht eine Regierung, die in ihren Abläufen extrem gut funktioniert. Die Themen sind akribisch vorbereitet und durchgetaktet, das Wording steht, die Inszenierung ist glattgeschliffen, der Verkauf professionell organisiert. Inhaltlich gibt es Schwachstellen, und von der Schwerpunktsetzung her kann man das Programm grundsätzlich infrage stellen. Das ist gleichermaßen eine Herausforderung wie eine Vorlage für die Opposition. Noch erweckt diese nicht den Eindruck, dem so gewachsen zu sein, wie man sich das als mündiger und besorgter Bürger wünschen möchte. (Michael Völker, 8.5.2018)