Youtube bleibt vorerst für den ORF Objekt der Berichterstattung: Die Medienbehörde untersagte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in erster Instanz einen eigenen Youtube-Channel.

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Wien – Die Medienbehörde KommAustria hat zwei Onlineprojekte des ORF abgelehnt – einen Youtube-Kanal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Finanzierung des bisher kommerziell, aber mit Verlust geführten Streamingportals Flimmit mit GIS-Gebühren. Der ORF gibt seine Pläne für einen eigenen Youtube-Kanal auf.

Die Medienbehörde veröffentlichte ihre Entscheidungen am Montag auf ihrer Website. Sie muss neue Angebote des ORF darauf prüfen, ob sie dem ORF-Gesetz entsprechen, ob sie den Wettbewerb verzerren und ob Gebühren für sie gerechtfertigt sind.

Was stört die Behörde an den beiden ORF-Projekten? Im Antrag auf GIS-Gebührenfinanzierung für Flimmit vermisst die KommAustria konkrete Angaben über den Umfang der dafür nötigen Gebühren. Im Konzept für Youtube wiederum stört sie einerseits, dass sich der ORF bei dem Vorhaben exklusiv auf die Google-Tochter fokussiert. Zudem sieht sie in einem Youtube-Angebot des ORF eine Konkurrenz zur TVthek des ORF. Nach Ansicht der KommAustria wäre es vernünftiger, die Siebentageregel für Sendungen dort zu hinterfragen. Bisher darf der ORF (die meisten) Sendungen und Inhalte in der TVthek nur über sieben Tage zur Verfügung stellen.

Kein Beitrag zum Kernauftrag

Im Youtube-Channel sieht die Medienbehörde keinen "Beitrag zur wirksamen Erbringung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags". Er würde lediglich eine Drittplattform – Google-Tochter Youtube – fördern und die eigene ORF-Plattform TVthek schwächen. Der ORF hat mit dem Youtube-Konzept auch das Projekt von Kurznachrichten von weniger als drei Minuten für "alle möglichen (insbesondere sozialen) Plattformen" verbunden. Die Behörde verweist auf den vom ORF hergestellten "untrennbaren Konnex" zwischen Nachrichten und Youtube-Antrag und lehnte das Nachrichtenangebot mit ab.

Präsenz des ORF in sozialen Medien, auch auf Youtube, könne "im Sinne einer wünschenswerten Auffindbarkeit öffentlich-rechtlicher Inhalte, auch aus demokratiepolitischen Erwägungen", grundsätzlich schon zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag beitragen, lässt die Medienbehörde verlauten. Aber: Eine exklusive Kooperation des ORF mit Youtube würde andere, vergleichbare Unternehmen diskriminieren und damit dem ORF-Gesetz widersprechen.

Außerdem habe die Behörde bei Genehmigungsverfahren für neue ORF-Angebote das schon bestehende, im öffentlich-rechtlichen Auftrag gelegene Angebot zu berücksichtigen. Ein ORF-Kanal auf Youtube könne die bestehende ORF-TVthek schwächen, findet die KommAustria. Das widerspreche der vom Gesetzgeber geforderten "wirksamen Erbringung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrages".

Die Medienbehörde hält es für denkbar, die Beschränkung der TVthek auf sieben Tage nach Ausstrahlung im Zuge einer Auftragsvorprüfung vor der KommAustria auszuweiten.

Youtube ade, Formate auf ORF-Kanälen realisieren

Diesen Hinweis begrüßt der ORF in einer Stellungnahme gegenüber der APA ausdrücklich. Die Entscheidung der Behörde nehme man zur Kenntnis und schaue sich den Bescheid genau an. "Allerdings wird das Projekt eines eigenen Youtube-Channels jetzt nicht mehr weiterverfolgt", heißt es am Küniglberg. Der ORF werde sich nun darauf konzentrieren, die für den Youtube-Channel vorgesehenen Features künftig im Rahmen der ORF-Onlineangebote zu realisieren.

Die Beschränkung der TVthek auf sieben Tage dürfte eine jener Onlinebeschränkungen des ORF sein, die Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) mit dem geplanten neuen ORF-Gesetz hinterfragen will. Blümel und Regierungspartner FPÖ überlegen zudem, den ORF künftig statt via GIS-Gebühren aus dem Bundesbudget zu finanzieren.

Nicht wirtschaftlich tragbar

Aufgrund der "unklaren Angaben, der Abhängigkeit von äußeren Faktoren (Abgeltung an Produzenten, Akzeptanz der Nutzer) und des hohen Anteils an variablen Kosten" sieht die Medienbehörde bei der Gebührenfinanzierung von Flimmit "ein hohes wirtschaftliches Risiko". Nach ihrem Befund ist das Vorhaben nicht "wirtschaftlich tragbar", wie es das ORF-Gesetz fordert.

Diese Behördenentscheidung findet der ORF "bedauerlich auch für den Medienstandort Österreich", denn der wäre durch "die beantragte Weiterentwicklung von Flimmit" gestärkt worden, heißt es in der Stellungnahme. Die Ausführungen der Behörde werde man "genau analysieren und anschließend die weitere Vorgangsweise festlegen".

Der ORF kann gegen die abschlägigen Entscheidungen der Medienbehörde zu Youtube und Flimmit als nächste Instanz das Bundesverwaltungsgericht anrufen. Entscheidungen dort können mehrere Jahre dauern.

Privatsender begrüßen Entscheidungen

Erfreut zeigte sich der Verband der österreichischen Privatsender (VÖP), der beide ORF-Anträge scharf kritisiert hatte. "Die nun abgewiesenen Ansinnen des ORF waren ambitionierte Versuche, unliebsame gesetzliche Schranken zu umgehen und die eigene Dominanz im Markt noch weiter auszudehnen", erklärte Geschäftsführerin Corinna Drumm per Aussendung. "Beides hätte den ORF einen weiteren Schritt in Richtung Kommerz und weg vom Public-Value-Ziel geführt. Das ist aus unserer Sicht die falsche Richtung." In Hinblick auf die Medienenquete der Regierung im Juni forderte sie zudem eine klarere Definition der "Grenzen für den ORF". (fid, APA, 14.5.2018)