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Foto: dpa/Patrick Pleul

Wien – Die Volksanwaltschaft unterstützt die Forderung der Liste Pilz nach einer Liberalisierung von Cannabismedizin. Schmerztherapie sei ein "Stiefkind" im österreichischen Gesundheitswesen, so gebe es etwa schwere Defizite beim Schmerzassessment in Alten- und Pflegeheimen, sagte Volksanwalt Günther Kräuter am Montag.

Die "restriktive und uneinheitliche Kostenübernahme" bei Cannabismedikamenten (etwa Dronabinol) durch die Krankenkassen ist für Kräuter "völlig unverständlich". "Wir haben Beschwerdefälle, wo Opiate verschrieben und finanziert werden, die massivste Nebenwirkungen verursachen, wirksame Cannabinoide dagegen nicht, obwohl sie von behandelnden Ärzten empfohlen werden", so Kräuter.

Opiat ja, Cannabis nein

Ein Beispiel: Kräuter verwies auf einen aktuellen Fall aus der Sendung "Bürgeranwalt", bei dem eine junge Studentin, die an einer Schmerzerkrankung leidet, Opiate eingenommen hat, die zwar den Schmerz lindern, aber heftige Nebenwirkungen haben. Auf Rat ihres Arztes habe sie Dronabinol versucht, dieses habe den Schmerz ohne gravierende Nebenwirkungen gelindert. Das Medikament koste 400 Euro pro Monat, die NÖ Gebietskrankenkasse habe die Kostenübernahme abgelehnt.

"Es ist untragbar, dass die Kostenübernahme für Cannabismedizin bei den Krankenkassen einem Glücksspiel gleicht", kritisierte am Montag Peter Kolba, selbst Schmerzpatient und Gesundheitssprecher der Liste Pilz. "Es gibt inzwischen viele Studien, die sehr wohl Evidenz schaffen, dass bei Krebserkrankungen, bei neuropathischen Schmerzen und bei MS Cannabismedizin hilfreich sein kann."

Die Liste Pilz fordert von der Regierung eine rasche Liberalisierung von Cannabismedizin nach deutschem Vorbild und bietet Patienten Unterstützung. Wer die Kostenübernahme durch seine Krankenkasse abgelehnt bekommt, möge sich einen schriftlichen Bescheid ausstellen lassen und dagegen beim Sozialgericht klagen. "Wir werden Anwälte stellen und Musterprozesse nach Möglichkeit auch finanziell unterstützen", versprach Kolba. Die Beschwerden können online unter www.buergerrechte.online an die Liste Pilz weitergeleitet werden.

Kritik an Ministerium

Kräuter kritisierte in diesem Zusammenhang das Gesundheitsministerium, weil sich dieses weigere, eine Expertengruppe zum Thema einzusetzen und stattdessen fünf Jahre lang die Entwicklung und Evaluierung in Deutschland beobachten wolle. Skepsis äußerte Kräuter lediglich hinsichtlich der Verschreibung von Medikamenten aus "Blüten".

In Deutschland wurde im Vorjahr nach langem Ringen beschlossen, dass Patienten, denen durch andere Therapien oder Arzneimittel nicht geholfen werden kann, Cannabisarzneimittel auf Kassenkosten verschreiben bekommen. Davor zahlten die Kassen nur in Einzelfällen.

Cannabis wird in der Medizin bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt, etwa bei Rheuma und bei spastischen Schmerzen bei Multipler Sklerose, zur Behandlung von chronischen Schmerzen, bei grünem Star (Glaukom) zur Reduzierung des Augeninnendrucks und auch gegen Übelkeit und zur Appetitsteigerung bei Krebs- und Aidspatienten. Einigen Substanzen wird etwa eine krampflösende und schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. Für die Behandlung stehen mehrere Arzneimittel sowie Cannabisblüten und -extrakt zur Verfügung. (APA, 14.5.2018)