Studierende der Uni Wien, rechts ein Denkmal für die Romanistin Elise Richter. Geht es nach dem RFS, sollten zumindest in der Sprache Akteurinnen der Uni und Frauen generell wieder in den Hintergrund treten.

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Die FPÖ kämpft gegen gendergerechte Sprache. Letzte Woche hat Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) verkündet, das Binnen-I aus sämtlichen Formulierungen des Bundesheeres streichen zu wollen. Eine offizielle Order, das Bundesheer müsse geschlechtergerechte Formulierungen verwenden, soll es allerdings nie gegeben haben. Trotzdem: Es sei "nicht praxistauglich", "unlesbar", "unverständlich", so die Argumente.

Johann Gudenus, Landesparteiobmann der Wiener FPÖ, will das Binnen-I gar aus Wien verjagen. "Binnen-I muss auch in Wien verschwinden", titelte die FPÖ Wien eine Aussendung kurz nach Kunaseks Ankündigung. Das Binnen-I soll laut Gudenus auf Verwaltungsebene weg, denn obwohl es in "Wien vorbildlich angewandt" wurde, habe es "Frauen keine Verbesserung" gebracht. Stattdessen habe es "Genderfanatiker" motiviert, "wohlwollend mit dem Kopf zu nicken", heißt es in der Aussendung der FPÖ Wien kryptisch.

Und auch der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) will nun der gendergerechten Sprache einen Riegel vorschieben, und zwar an den Unis und mit einer parlamentarischen Bürgerinitiative. Unter dem Titel "Wissenschaftliches Arbeiten genderfrei!" ersuchen die freiheitlichen StudentInnen den Nationalrat, "dass geschlechtergerechtes Formulieren in wissenschaftlichen Arbeiten nicht als Beurteilungskriterium herangezogen wird". Der RFS behauptet in der Formulierung seines Anliegens, dass an "manchen Hochschulen" Formulierungen wie das Binnen-I "bereits Voraussetzungen für eine positive Note sind".

Kreationisten und "Genderideologen"

Der RFS bezieht sich dabei auf Medienberichte aus dem Jahr 2015, wonach Fachhochschulen bei wissenschaftlichen Arbeiten den Stil und insofern auch die geschlechterneutrale Sprache in die Beurteilung miteinfließen lassen. Geschlechtergerechte Formulierungen seien eine "unnötige Einschränkung der verfassungsmäßig garantierten, wissenschaftlichen Freiheit", heißt es in dem Anliegen der Bürgerinitiative. Und weiter: "Ähnlich wie Kreationisten leugnen Genderideologen aus weltanschaulichen Gründen evolutionsbiologische Fakten." Der Zusammenhang zwischen Evolutionsbiologie und der Gestaltung sprachlicher Formulierungen bleibt in diesem Schreiben allerdings ungeklärt.

"Der Vorwurf ist selbst ideologisch", sagt Elisabeth Holzleithner über die indirekten Angriffe des RFS gegen die Genderstudies, die der RFS als "pseudowissenschaftliche Ideologie" bezeichnet. "Genderforschung befasst sich mit dem Geschlecht in all seiner Vielfältigkeit", so die Universitätsprofessorin für Rechtsphilosophie und Legal Gender Studies an der Uni Wien gegenüber dem STANDARD. Die Bürgerinitiative ignoriere, "dass wesentliche Impulse zur Geschlechtervielfalt aus der Medizin und Biologie kommen". Diese Vielfalt würden die InitiatorInnen der BürgerInneninitiative unterdrücken wollen. Holzleithner: "Sie ertragen es nicht, dass konventionelle, um nicht zu sagen: reaktionäre Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit infrage gestellt und überwunden werden."

Zur Sorge, geschlechtersensibles Schreiben würde ein Eingriff in die wissenschaftliche Freiheit sein, sagt Holzleithner, dass die Gedanken freilich weiterhin frei sind. Im Ausdruck dieser Gedanken sollte allerdings nicht der Eindruck entstehen, dass die Welt nur aus Männern bestünde: "Sprache schafft Welt, dafür sollen Vorgaben über geschlechtergerechte Formulierungen Bewusstsein schaffen."

Keine Regeln, sondern Empfehlungen

Die Universität Wien gibt keine verbindlichen Vorgaben zu gendergerechter Sprache in wissenschaftlichen Arbeiten, sondern spricht lediglich Empfehlung aus, darauf zu achten, "auch im Sinne einer wissenschaftlichen Präzision", heißt es auf Nachfrage des STANDARD aus dem Büro des Rektorats.

Erstunterzeichner der parlamentarischen Bürgerinitiative ist der frühere RFS-Bundesobmann Felix Mayrbäurl, Mitglied bei der Burschenhaft Libertas, die in dem von "Rechtsextremen dominierten Kern der Deutschen Burschenschaft (DB) organisiert ist", schreib das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).

Parlamentarische Bürgerinitiativen werden im Ausschuss für Petitionen und eben Bürgerinitiativen behandelt, vorausgesetzt, sie wurden mindestens von 500 österreichischen StaatsbürgerInnen unterschrieben. Der Ausschuss kann etwa ErstunterzeichnerInnen persönlich anhören, Stellungnahmen von MinisterInnen einholen oder ExpertInnenhearings durchführen. Er kann außerdem das Anliegen der Volksanwaltschaft oder einem anderen zuständigen Fachausschuss zuweisen. (beaha, 29.5.2018)