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2022 soll Maserati 100.000 Fahrzeuge verkaufen, doppelt so viele wie 2017.

Foto: AP/David Zalubowski

Die traditionelle Kernmarken des Turiner Pkw-Konzerns Fiat spielen in dem neuen Strategieplan von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) nur mehr eine Neben-, die neuen Premiumfahrzeuge eine Hauptrolle. Die Produktion des Kleinwagens Punto wird gestoppt, die Herstellung des Panda und des Cinquecento weitgehend ins Ausland verlagert. Die Strategie des FCA-Konzerns soll sich künftig auf die "Luxusbranche", auf Alfa, Maserati und die Geländewagenmarke Jeep beschränken. Das teilte der seit 14 Jahren amtierende FCA-Chef Sergio Marchionne am Freitag in Balocco nahe Turin mit, wo Fiat sein Testgelände betreibt. Marchionne soll im Frühjahr 2019 den Konzern verlassen.

FCA will aus der Kleinwagenproduktion aussteigen und sich zunehmend auf Luxusautos und Geländewagen konzentrieren. 45 Milliarden Euro sollen in den Ausbau der Marken Jeep, Alfa Romeo und Maserati und in die noch recht junge Chrysler-Marke Ram, in die Entwicklung von Elektroautos sowie in neue "Öko"-Segmente investiert werden. Der Anteil der Fiat-Modelle am Gesamtabsatz soll sich von derzeit einem Drittel auf ein Fünftel reduzieren. Der Absatz der Jeep-Modelle soll sich bis 2022 von derzeit 1,4 Millionen Fahrzeugen verdoppeln. Bei Alfa soll die Produktion sogar von 170.000 auf 400.000 Fahrzeuge im Jahr 2022 steigen. Inwieweit es sich dabei um Wunschdenken handelt, ist fraglich.

Kein Partner

FCA hat bislang keinen Partner gefunden, der die dringend nötigen Investitionen mitfinanzieren könnte. Und um auf dem Premiummarkt zu punkten, müssten die Italiener die Konkurrenz von Mercedes und BMW schlagen. "Das ist äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich", kommentiert Fiat-Experte Giuseppe Berta. Seiner Ansicht nach handelt es sich nicht um einen echten Strategieplan. Der Fokus werde auf einige Punkte gelegt, aber keine einheitliche Strategie verfolgt. "Fiat befindet sich in Euthanasie", sagt er, Massenentlassungen werden befürchtet.

Abgesehen vom Premiumbereich sieht Marchionne bei selbstfahrenden Autos eine große Zukunft. Die Google-Schwester Waymo hat mit Fiat Chrysler am Freitag ein Abkommen geschlossen: Waymo wird seine Flotte selbstfahrender Autos mit 62.000 weiteren Minivans von FCA ausbauen. Der Wettlauf ums autonome Fahren, um Roboterfahrzeuge, nimmt Fahrt auf. Selbstfahrenden Autos wird zugetraut, den Verkehr in Städten dramatisch zu verändern. Ein Folge davon könnte sein, dass der lukrative Teil des Geschäfts in der Autobranche der Betrieb von Fahrdiensten und nicht mehr der Verkauf von Fahrzeugen sein wird, hieß es am Freitag in Balocco.

Kleinwagenproduktion wird abgezogen

Fiat wird die Kleinwagenproduktion weitgehend aus Italien abziehen und diese zum Teil durch den Ausbau von Luxuswagen ersetzen. 2022 soll Maserati 100.000 Fahrzeuge verkaufen, doppelt so viele wie 2017. Die Gewinnmarge soll dann bei 15 Prozent liegen. Maserati plant auch, ein vollelektrisches Superauto auf den Markt zu bringen und damit Tesla anzugreifen. Gleichzeitig soll sich Chrysler weitgehend auf den US-Markt konzentrieren. Nach dem Vorbild amerikanischer Wettbewerber werde zudem die Gründung einer eigenen Finanzsparte in den USA erwogen. Ausgerechnet in den USA musste FCA vor wenigen Tagen 4,8 Millionen Fahrzeuge zurückrufen. Grund sind mögliche Probleme mit dem Tempomat.

Während die Finanzmärkte positiv auf den totalen Schuldenabbau reagierten und FCA neuerdings nahe dem Jahreshoch von 22 Euro notiert, befinden sich die Gewerkschaften auf dem Kriegspfad. Der mächtige Arbeitnehmerverband Fiom hatte am Freitag zu Protestkundgebungen in allen italienischen FCA-Werken aufgerufen. Ausschlaggebend für die Demonstrationen waren nicht nur die Geschäftspläne der letzten Jahre, die niemals voll umgesetzt wurden. Befürchtungen, dass der Wandel von der Kleinwagenproduktion zu Luxuswagen auf Kosten der Arbeitnehmer gehen werde, liegen auf der Hand, meinte Fiom-Sekretärin Francesca Re David. Mehr als 5.000 Arbeitsplätze in Süditalien seien in Gefahr. (Thesy Kness-Bastaroli aus Balocco, 1.6.2018)