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So umstritten Wladimir Putin im Westen auch ist: Er hat auch viele Freunde und Anhänger, die ihre Meinung umso deutlicher vor sich hertragen.

Foto: AP / Darko Vojinovic

Putin kommt zur "goldenen Hochzeit": Die OMV feiert 50 Jahre Gaslieferungen aus Russland, und OMV-Chef Rainer Seele hat neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch dessen russischen Amtskollegen zu dem Festakt eingeladen. Der Kremlchef selbst nutzt die Visite auch, um mit Bundeskanzler Sebastian Kurz zu sprechen. Es ist das zweite bilaterale Treffen der Spitzenpolitiker in etwas mehr als einem Vierteljahr – zuletzt war Kurz zum Winterende in Moskau und bescheinigte Österreich dabei eine Brückenbauerfunktion.

Putin im ORF-Interview über seine Amtsreise nach Österreich
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Inzwischen sind nicht nur die Temperaturen gestiegen: Auch das Gesprächsklima innerhalb der EU hat sich da und dort für Russland erwärmt. So hörte sich Bulgariens Präsident Rumen Radew vor zwei Wochen bei Putin um, ob es für die verworfene Pipeline Southstream nicht doch eine zweite Chance geben könnte.

EU-Granden auf Ostkurs

Deutschland schickte im Mai gleich mehrere Regierungsmitglieder nach Russland, um die Sotschi-Visite der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vorzubereiten, die trotz eines von der Bild-Zeitung herbeigeredeten "Rosenkriegs" auf eine vorsichtige Annäherung hindeuten. Hintergrund sind wirtschaftliche Interessen. Die deutschen Energieversorger sind ebenso stark wie die russische Gazprom – und auch die österreichische OMV – auf den Bau der zweiten Gasröhre durch die Ostsee erpicht.

Auch Frankreich ist nach der Wahl Emmanuel Macrons wieder auf Tuchfühlung mit Russland. Dabei war der 40-Jährige nicht Moskaus erste Wahl im Élysée-Palast. Der Kreml hatte zuvor offen mit der rechten, europafeindlichen Marine Le Pen geflirtet. Doch zuletzt fädelte Macron in St. Petersburg auf Putins Wirtschaftsforum einige Deals für Frankreich ein – darunter ein wohl lukratives, aber wegen der US-Sanktionen brisantes Bohrgeschäft für den Energieriesen Total in der russischen Arktis.

Europäische Interessen verletzt

Die neueste Runde an US-Sanktionen ist es wohl auch, die zur erneuten Hinwendung europäischer Großmächte nach Russland führten. Sowohl bei der Aufkündigung der Atomdeals mit dem Iran als auch bei der jüngsten Verschärfung der Russlandsanktionen hatte sich Donald Trump mit der EU nicht abgesprochen und – bewusst oder unbewusst – europäische Interessen verletzt.

Einhellig ist die Begeisterung der Europäer für Russland aber mitnichten. Das wird etwa im Zusammenhang mit der Ukraine deutlich. Vor allem nach der Krim-Annexion und dem von Russland befeuerten Donbass-Konflikt ist die Furcht vor dem hochgerüsteten Nachbarn groß.

Auch innerhalb der EU gibt es historisch bedingte Vorbehalte. Gerade bei den baltischen Republiken herrscht Misstrauen. Und Polen hat Trump laut Medienberichten gerade zwei Milliarden Dollar (1,71 Milliarden Euro) pro Jahr geboten, damit die USA eine ständige Militärbasis im Land errichten. Das ist ein klares Zeichen dafür, wie groß die Furcht vor Russland in Warschau ist.

Miserabel ist auch das Verhältnis zwischen Russen und den aus der EU scheidenden Briten. Die Beziehungen sind nicht erst seit der Skripal-Affäre vergiftet.

"Interesse an geeinter EU"

Vorwürfe, dass Moskau mit seiner Politik die Destabilisierung der EU vorantreibe, wies Putin in einem am Montagabend ausgestrahlen ORF-Interview zurück: "Wir verfolgen nicht das Ziel, etwas oder jemanden in der EU zu spalten", sagte er zu Zib2-Anchorman Armin Wolf. "Wir sind vielmehr daran interessiert, dass die EU geeint ist und floriert, weil die EU unser wichtigster Handels- und Wirtschaftspartner ist."

Sichtlich irritiert und zugleich wortreich dementierte Putin einmal mehr die direkte Involvierung Russlands in den Abschuss einer Passagiermaschine über der Ukraine 2014. Es gebe keine Beweise.

Eine Rückgabe der Krim-Halbinsel an die Ukraine werde es im Übrigen nie geben: "Die Krim hat ihre Unabhängigkeit nicht dank einer russischen Militärintervention erhalten. Sondern aufgrund einer freien Willensäußerung der Bevölkerung durch ein öffentliches Referendum." Diese Abstimmung freilich wurde international von fast niemandem anerkannt. (André Ballin aus Moskau, 5.6.2018)

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