"Natürlich kenne ich meinen Status", sagte Ministerin Hartinger-Klein Samstagabend am Life Ball, "es ist in jeder Gesundheitsuntersuchung auch drinnen". (Die Aussagen zur HIV-Prävention in Österreich zum Nachhören in der ORF-TVThek.)

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Als Gesundheitsministerin offensichtlich völlig uninformiert am Life Ball aufzutreten und dort vorsätzlich Unwahrheiten zu verbreiten, ist pathognomisch für den Umgang der österreichischen Politik mit HIV-Agenden. Eine Klarstellung zu den Aussagen von Beate Hartinger-Klein bei der Eröffnung des Life Balls am Wiener Rathausplatz, ein HIV-Test sei "sehr leicht" beim niedergelassenen Arzt möglich und Teil jeder Gesundenuntersuchung.

1. Ein HIV-Test ist nicht Bestandteil der Gesundenuntersuchung, die Änderung dieses Umstandes ist überfällig!

2. Die nötigen, zeitintensiven Datenschutzaufklärungen, vor allem auch in Bezug auf Elga, stellen die größte Hürde für HIV-Tests im niedergelassenen Bereich dar, weshalb oftmals ein HIV-Test vom Hausarzt nicht angefordert wird, obwohl zum Beispiel bei Patienten mit Fieber und Exanthem dieser eine medizinisch höchst indizierte Untersuchung darstellt. Den niedergelassenen Ärzten muss die Durchführung eines HIV-Tests ohne sinnlose Hürden im Sinne des Screenings ermöglicht werden, damit die Testrate in der sexuell aktiven Altersgruppe der Bevölkerung endlich angehoben wird!

3. Entgegen der Aussage der Gesundheitsministerin werden die Kosten für einen HIV-Test ohne klinische Verdachtsmomente – also einen Screening-Test – nicht von den Sozialversicherungen übernommen, ebensowenig wie das unbedingt erforderliche STD-Screening bei Menschen mit Hochrisikokontakten.

4. Prävention mag Hartinger-Klein vielleicht – wie öffentlich am Life Ball ausgesprochen – interessieren, aber dann muss sie auch endlich konform handeln!

In Österreich wird die PEP (Postexpositionsprophylaxe) weder flächendeckend, noch vorbehaltlos abgegeben. Sozialversicherte der StGKK und der BGKK erhalten nach sexuellem Risikokontakt mit hoher HIV-Transmissionswahrscheinlichkeit niemals die Kosten der PEP ersetzt, Versicherte der WGKK nur, wenn ein Kondomplatzer vorliegt. Mit dieser Vorgehensweise sind wir in Westeuropa definitiv Schlusslicht, da nur ein vorbehaltlos niedrigschwelliger Zugang zur PEP mögliche Infektionen nach erfolgter Exposition verhindern kann.

5. Die Kostenübernahme der PrEP (Präexpositionsprophylaxe) mit entsprechendem Screening-Programm für STDs (Sexually transmitted diseases, also Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe, Syphilis und Chlamydien) als höchst kosteneffiziente Maßnahme zur weiteren Senkung der Neuansteckungszahlen von HIV und zur Reduktion von STDs durch frühzeitige Diagnose und Therapie ist mehr als überfällig. Eine öffentliche Stellungnahme des Gesundheitsministeriums hierzu lässt seit Jahren auf sich warten. Auch auf eine mir persönlich zugesagte Stellungnahme des Gesundheitsministeriums bezüglich der Implementierung von PrEP warte ich nach wie vor seit einem – an sich konstruktiven – Gesprächstermin im Ministerium vor zwei Jahren.

Als HIV- und STD-Experte, unter anderem auch Mitglied der österreichischen Aids-Gesellschaft und Mitglied des Steering-Komitees "Fast Track Cities" Wien finde ich einen selbstbeweihräuchernden und die Öffentlichkeit fehlinformierenden Auftritt wie jenen der Gesundheitsministerin bei der bedeutendsten Anti-HIV- und Aids-Veranstaltung schlichtweg unverantwortlich. (Gerold Felician Lang, 5.6.2018)