Die grüne Ex-Abgeordnete Sigi Maurer: "Betroffene Frauen brauchen Möglichkeiten, sich zu wehren."

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Wien – Der Streit zwischen der ehemaligen grünen Abgeordneten Sigi Maurer und dem Betreiber eines Bierladens im achten Wiener Bezirk geht in die nächste Runde: Nachdem sie nicht nur die obszönen Messenger-Nachrichten von dessen Account, sondern auch die Identität des Mannes via Facebook und Twitter publikgemacht hatte, brachte er gegen Maurer Privatanklage wegen übler Nachrede und Kreditschädigung ein, wie mehrere Zeitungen übereinstimmend berichteten.

Auf Anfrage bestätigt Adrian Hollaender, Anwalt des Mannes, diese Angaben. Fest steht, dass der Lokalbetreiber die von Maurer veröffentlichten Botschaften nicht abgesetzt haben will – via Posting distanzierte er sich von der Wortwahl und verwies darauf, dass "mehrere Leute den PC" in seinem Betrieb nutzten.

Rechtliches Dilemma

Konkret hat Maurer neben äußerst erniedrigenden Aufforderungen zum Oralverkehr auch diesen Satz erhalten: "Dein fetter Arsch turned mich ab aber da Du prominent bist, ficke ich Dich gerne in deinen fetten Arsch, damit dir einer abgeht du kleine dreckige Bitch !!!" (sic!)

Wie berichtet, zeigt der Vorfall ein rechtliches Dilemma im Zuge von derartiger verbaler sexueller Belästigung auf: Einerseits gilt Maurers Identitätspreisgabe als problematisch, andererseits ist der Versand solcher Botschaften keine gerichtlich strafbare Handlung – deswegen genießt der mutmaßliche Absender womöglich gar keinen Identitätsschutz. Allerdings gerät Maurer mit der Privatanklage des Lokalbetreibers nun wohl selbst unter Beweisdruck nachzuweisen, dass die Botschaften tatsächlich von dem Mann und niemand anderem stammen.

Anleitung zur Zivilklage

Auf STANDARD-Anfrage skizziert Rechtsanwalt Michael Rami, übrigens oft mit FPÖ-Fällen betraut, wie sich Maurer gegen die aus seiner Sicht "absolut widerlichen Textnachrichten mit ekelhafter sexueller Konnotation" zur Wehr setzen könne: Indem sie selbst wegen dieser "Belästigung" zivilrechtlich gegen den Mann vorgeht – "weil dadurch ihr Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wurde".

Vor Gericht könnte die grüne Ex-Wissenschaftssprecherin geltend machen, dass der freie Zugang zu einem PC "eine entsprechende Gefahrenquelle" darstelle, weil sie von hier aus ja belästigt wurde – und der Lokalbetreiber so eventuell in die Pflicht genommen werden. Denn "auch sonst ist es herrschende Ansicht, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle eröffnet, zum Beispiel eine Baugrube, dafür in gewissem Umfang verantwortlich ist", so Rami. Allerdings räumt der Anwalt, seit April auch Verfassungsrichter, ein, dass der Fall "rechtliches Neuland" darstellt.

Maurer winkt ab

Maurer selbst ist das freilich bewusst, auch sie erklärte dem STANDARD: "Jedes zivilrechtliche Vorgehen bedeutet, dass ich das volle Risiko trage, rechtlich wäre es daher ein Experiment mit sehr ungewissem Ausgang." Und sie meint nicht nur in Anspielung auf ihren eigenen prominenten Fall: "Betroffene Frauen brauchen niederschwelligere Möglichkeiten, sich gegen solche Belästigungen zu wehren." (Nina Weißensteiner, 7.6.2018)