Turner-International-Boss Gerhard Zeilers Aufgabe für Medienminister Gernot Blümel (ÖVP): Die Politik habe für "halbwegs faire" Bedingungen in diesem Markt zu sorgen. Und dafür, dass "die Medien unabhängig von der Politik sind, aber auch die Politik unabhängig von den Medien ist".

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Wien – Mit einer To-do-Liste für Österrreichs Medienpolitik und auch für den ORF kam Gerhard Zeiler zur Medienenquete der Regierung. Gebührenfinanzierung ist für ihn essenziell auch für die Unabhängigkeit des ORF – von dessen Management er sich "Mut" gegenüber der Politik wünscht. Er empfiehlt eine gemeinsame Werbevermarktung von ORF und Privaten – auch für Radio und Fernsehen und den gemeinsamen Einkauf von Sportrechten. Zeiler hat schon den ORF und RTL geleitet, er führt heute die globale TV-Gruppe Turner International.

Journalistische Unbequemheit

Zeiler erteilt der – von der Regierung überlegten – Finanzierung des ORF aus dem Budget eine Absage: "Budgetfinanzierung gefährdet den wichtigsten Teil des Auftrags des ORF" in seiner To-do-Liste: "Journalistische Unabhängigkeit, und die schließt journalistische Unbequemheit ein gegenüber der Politik – Regierung wie Opposition."

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Ohne Mut, der Politik Nein zu sagen, "ist man Staatsfunk"

Zu diesem Auftrag gehöre auch Mut – "journalistischer Mut, an dem es nie gefehlt hat, und Mut des Managements. Mut, Fehler sofort zuzugeben, wenn sie passieren. Und Mut, der Politik sofort Nein zu sagen." Zeiler: "Ohne diesen Mut nimmt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk das Recht, sich öffentlich-rechtlich zu nennen. Dann ist man Staatsfunk. Und ich hoffe, der ORF wird nie in zu dieser Kategorie gehören."

Rundfunkgebühren sieht Zeiler als "wesentlichste Grundlage der Finanzierung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und damit des ORF". Werbebeschränkungen – in größeren Märkten mehr, in kleineren weniger – seien legitim. Aber: "Über die Gebühren kann es keine Diskussion geben."

"Überbürokratisiert und 'overstaffed'"

Aber: "À la longue sind die Gebührenzahler nur bereit zu zahlen, wenn sie das Gefühl haben, dass mit ihrem Geld sparsam und effizient umgegangen wird." Das führt zum nächsten der fünf Zeiler'schen Aufträge für den ORF: der Verpflichtung zu "Effizienz und Sparsamkeit".

Ex-ORF-Generaldirektor Zeiler "hat noch keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk weltweit kennengelernt, der ein Ausbund an Effizienz ist, der nicht 'overstaffed' und überbürokratisiert ist. Ich fürchte, der ORF ist hier keine Ausnahme."

Er müsse Effizienzpotenziale heben, um zusätzliche Mittel für Programm freizumachen. Noch so ein Zeiler'scher Auftrag, eigentlich gleich zwei. Der internationale TV-Manager aus Wien rät zum Fokus auf österreichische Programmschöpfung, mehr als bisher und so gut wie finanzierbar. Das sei ein Alleinstellungsmerkmal des ORF. Und zweitens müsse der ORF "jedem etwas bieten, wenn jeder für ihn zu zahlen hat". Der ORF müsse "auch in Zukunft alle Sendergenres abbilden können, er muss informieren, lehren und unterhalten".

Auftrag fünf an den ORF und die Politik, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr digitale Möglichkeiten einräumen müsse – von eigenen Angeboten etwa auch für Youtube und soziale Medien: ein digitales Abrufangebot wie der iPlayer der BBC mit zehn Millionen Programmabrufen pro Tag – umgelegt auf die österreichische Bevölkerung wäre das eine Million.

Privatsender fördern, aber nicht aus ORF-Gebühren

Zeiler empfiehlt Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) auch, Privatsender zu fördern für österreichische Programme. Weitere Qualitätskriterien lehnt er als "Geschmacksfragen" ab. Schon bisher erhalten Privatsender gemeinsam 15 Millionen Euro Programmförderung pro Jahr. Zeiler sieht eine solche Förderung als "Starthilfe": "Ab einer gewissen ökonomischen Robustheit des Privatfernsehens in Österreich kann man die Förderung überdenken, reduzieren, ändern, fallenlassen."

Die Förderung für das "zarte Pflänzchen" Privatfernsehen (ProSiebenSat1Puls4 hat in der Werbezielgruppe bis 49 Jahre höhere Marktanteile als der ORF) will Zeiler aber nicht "aus ORF-Gebühren umschichten". Das fordert etwa ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker.

Gemeinsam Sportrechte einkaufen

Wie Blümel rät Zeiler ORF und Privaten zur Zusammenarbeit – Zeiler in zwei Feldern: Sie sollten gemeinsam um Sportrechte bieten, damit sie im Free TV zu sehen sind. Und sie sollten gemeinsam Werbung vermarkten – nicht alleine Onlinewerbung, sondern auch in Radio und Fernsehen.

Google, Facebook, Amazon, Netflix

Österreichische wie europäische Medienpolitik mahnt Zeiler gegenüber digitalen Riesen wie Google, Facebook, Amazon und Netflix ein, um "halbwegs faire Marktbedingungen zwischen global agierenden Medienkonzernen und den nationalen zu schaffen". Drei Maßnahmen nennt er:

  • "Medien sind wie Medien zu regulieren und zu kontrollieren, auch wenn sie als Plattformen entstanden sind und heute noch leugnen, Medien zu sein." Soll heißen: Urheberrecht, Jugendschutz, Inhalteverantwortung auch für Google und Co – und ebenso Wettbewerbsrecht.
  • "Monopole sind wie Monopole zu regulieren und mit speziellen Auflagen zu versehen." Wenn ehemalige Telekommonopole dazu verpflichtet wurden, ihre Netze neuen Anbietern zu fairen Bedingungen zur Verfügung zu stellen, "dann kann man das auch von den großen Tech-Companys in Bezug auf die kommerzielle Nutzung von Daten verlangen".
  • Gleiche Besteuerung von internationalen Riesen. Wenn die EU das nicht schaffe, gebe es "keinen triftigen Grund gegen einen nationalen Alleingang".

"Politik unabhängig von Medien"

Medienminister Blümel habe für "halbwegs faire" Bedingungen in diesem Markt zu sorgen. Und dafür, dass "die Medien unabhängig von der Politik sind, aber auch die Politik unabhängig von den Medien ist" – wohl ein Hinweis auf das Zusammenspiel mit dem Boulevard. Blümel klang das "nach einer unlösbaren Aufgabe. Aber die bin ich als Landesparteichef der Wiener ÖVP gewöhnt." (fid, 7.6.2018)