Alma Zadić wurde 1984 in Bosnien-Herzegowina geboren und flüchtete 1994 mit der Familie nach Österreich. Bevor sie für die Liste Pilz in den Nationalrat einzog, arbeitete sie als Anwältin in einer international tätigen Wirtschaftskanzlei in London.

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Wien – Lautstarke Unmutsbekundungen im Nationalrat sind an sich nichts Ungewöhnliches, die untergriffigen Zwischenrufe gegen die Liste Pilz-Abgeordnete Alma Zadić in der BVT-Sondersitzung hatten aber noch am Dienstag ein Nachspiel. Geäußert wurden sie von zwei Männern aus der ÖVP- und FPÖ-Fraktion. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte an, die Causa in der Sitzung am Mittwoch zu thematisieren..

Im Video sind die Zwischenrufe zu hören.

Die aus Bosnien stammende Zadic sprach in ihrer Rede über den Schutz der Geheimdienst-Beamten und wurde laut Protokoll vom Zwischenruf "Sie sind nicht in Bosnien! Verwechseln Sie das nicht!" unterbrochen. Zunächst hieß es, diese Aussage wurde von Werner Neubauer (FPÖ) getätigt, was dieser allerdings umgehend dementierte.

Die stenografische Abteilung im Parlament räumte daraufhin ein, das Zitat irrtümlich Neubauer zugeordnet zu haben und korrigierte das Protokoll. In einer Aussendung forderte der FPÖ-Abgeordnete auch eine Entschuldigung von Zadic für die "falschen Anschuldigungen".

Für Aufregung sorgen Zwischenrufe bei der gestrigen Sondersitzung im Parlament. Während der Rede der Abgeordneten Alma Zadic von der Liste Pilz ist es zu untergriffigen Aussagen gekommen.
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Zwischenruf aus ÖVP-Reihen

Denn etwas später stellte sich heraus, dass der Bosnien-Zwischenruf von ÖVP-Mandatar Johann Rädler kam. Er ließ ausrichten, dass dies nicht abwertend gemeint gewesen sei und er "viele positive Berührungspunkte mit Bosnien" habe.

Für Aufregung sorgte aber noch ein zweiter Zwischenruf in der gleichen Debatte: "Alma, bei mir bist du sicher!", sagte FPÖ-Mandatar Wolfgang Zanger und dies beeinspruchte er auch nicht. Generalsekretär Christian Hafenecker sieht darin keinen Sexismus: "Was daran frauenfeindlich sein soll, weiß ich nicht." Hafenecker verwies auch auf den "Gesamtzusammenhang", habe doch Zadic Innenminister Kickl "beschimpft", da könne es schon zu emotionalen Zwischenrufen kommen. Überhaupt meinte der Generalsekretär: "Der Wiedereinzug (von Peter Pilz, Anm.) ist der eigentliche Skandal."

"Eine Frechheit"

Zadic zeigte sich über die Zwischenrufe empört: "Das ist eine Frechheit und nicht das erste Mal, dass meine Herkunft in eine Sachdebatte hineingezogen wird. Das hat nichts mit dem BVT zu tun und ist nicht vereinbar mit der Würde des Hauses." Auch Liste Pilz-Klubchef Bruno Rossmann bezeichnete bei einer Pressekonferenz am Dienstag die Zwischenrufe als "schwerwiegend sexistisch und rassistisch" und forderte eine Entschuldigung noch vor der morgigen Nationalratssitzung.

Handlungsbedarf sieht auch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Sie kritisierte bereits während der Sitzung die Art, wie Debatten verlaufen. Die Ausdrucksweise würde zunehmend die Würde des Hauses verletzen, sie will dies daher bei der nächsten Präsidiale thematisieren. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sah Sobotka gefordert, denn derartige Fehltritte von Abgeordneten hätten sich in jüngster Vergangenheit vermehrt. Auch rote Mandatarinnen seien immer wieder mit untergriffigen Zwischenrufen konfrontiert und "von FPÖ-Abgeordneten niedergemacht" worden. Derartiges Verhalten "ist nicht tolerierbar", so Schieder.

30 Mal unterbrochen

Den Vorsitz während Zadic' Rede, die laut vorläufigem Protokoll mehr als 30 Mal von Zwischenrufen – vorwiegend aus der FPÖ – unterbrochen wurde, führe Sobotka. Er vernahm die untergriffigen Aussagen laut seinem Sprecher selbst nicht, betonte aber, dass er sich klar von dieser Art von Zwischenrufen klar distanziert. Am Mittwoch will der Nationalratspräsident daher den Vorfall zu Sitzungsbeginn thematisieren. Im Raum stand auch ein nachträglicher Ordnungsruf.

Rotzbube Leichtfried

Für Aufsehen sorgte auch ein anderer Zwischenruf. Walter Rosenkranz – ebenfalls FPÖ-Abgeordneter – schrie während einer Rede von SPÖ-Abgeordnetem Jörg Leichtfried "Sie Rotzbube!".

Auf Twitter kommentierte es der ehemalige Infrastrukturminister mit Humor. Immerhin habe Rosenkranz ihn gesiezt.

Der SPÖ-Politiker Omar Al-Rawi wiederum empörte sich über den FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein, der ihn bei einer Rede im Parlament am Montag als "politischen Arm des islamistischen Terrorismus" bezeichnet hatte. Das sei eine "grobe Verleumdung und eine unerhörte Entgleisung". Wenn Jenewein "Manns genug" sei, solle er die Behauptung außerhalb des Parlaments tätigen – "und wir sehen uns vor dem Kadi", so Al-Rawi. (red, APA, 12.6.2018)