Pflichtschullehrergewerkschafter Paul Kimberger (links) will eine gewisse Bewegung bei Bildungsminister Heinz Faßmann (rechts) in Sachen Deutschförderklassen erkennen.

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Wien – Es war ein eigenartiger Termin, zu dem Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Pflichtschullehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) am Mittwochmittag geladen hatten. Inhaltlich ging es um die bildungspolitische Causa prima: die Deutschförderklassen, die ab Herbst österreichweit für Schulanfänger und Quereinsteiger mit mangelnden Sprachkenntnissen eingeführt werden sollen.

Man sei in guten Gesprächen, hieß es zu Beginn von beiden Seiten, auch wenn der Minister bereits ahnte: "Möglicherweise war das nicht das letzte Gespräch." Er fügte an, dass man der Gewerkschaft eine dicke Mappe an Questions and Answers (den anwesenden Journalisten seit Wochen bekannt) übergeben habe, allerdings: "Manchmal ist die Informationseinholung auch eine Bringschuld", erklärte Faßmann. Ob er den Schulleitern und Pädagogen damit Untätigkeit vorwerfen wolle? Natürlich nicht.

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Wirbel in ganz Österreich

Aus Faßmanns Perspektive gibt es – zumindest in Wien – nur noch sieben Schulstandorte mit Problemen bei der Umsetzung. Zudem sei man sich über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit der Maßnahme einig. Da konnte Gewerkschafter Kimberger nurmehr so weit mit, als er jede zusätzliche Deutschförderung für wichtig erachtet. Die Umsetzung selbst hat er nicht nur in einer gesalzenen Stellungnahme im Begutachtungsverfahren kritisiert, er konstatierte auch am Mittwoch: "Die Deutschförderklassen sorgen in ganz Österreich für erheblichen Wirbel." Weshalb aus Gewerkschaftssicht die Lösung nur so aussehen könne: "Wir müssen auf die Ebene der einzelnen Schulstandorte hinuntergehen."

Ein Gesetz und seine Auslegung

Auf die Frage des STANDARD, ob das bedeute, dass die Schulen standortautonom darüber entscheiden sollen, ob sie – wie im Gesetz vorgesehen – tatsächlich ab dem achten Schüler eine separate Deutschförderklasse einrichten, antwortete Kimberger kryptisch: Er habe Vertrauen in die Lehrkräfte vor Ort. Diese wüssten am besten, was es an ihrem Standort brauche. "Das Ministerium zeigt hier Bewegung", will Kimberger bemerkt haben. Es gebe zudem bereits "maßgeschneiderte Modelle für einzelne Schulstandorte".

Aufseiten des Bildungsministeriums wollte man das so nicht bestätigen. Faßmann gab zwar als Devise aus, Ziel sei es, "die Eckpfeiler des Gesetzes und die Autonomie zusammenzubringen". Sein Kabinettschef Markus Benesch hingegen erklärte dem STANDARD: "Das Gesetz ist klar, das Gesetz gilt, und damit werden wir auch in den Herbst starten." Heißt: An der Zahl acht, die für die Einrichtung einer separaten Deutschförderklasse als maßgeblich gilt, wird nicht mehr gerüttelt.

Rechtliche Unterstützung für unwillige Schulleiter

Was mögliche gewerkschaftliche Protestmaßnahmen anlangt, wollte sich Kimberger am Mittwoch nicht festlegen. Er könne jenen Pädagoginnen und Pädagogen, die angekündigt haben, die Deutschförderklassen im Herbst nicht umzusetzen, jedenfalls "den Boykott eines Gesetzes nicht empfehlen". Allerdings: "Die meisten Schulleiter sind auch Mitglieder der Gewerkschaft und bekommen daher rechtliche Unterstützung." Für die Gewerkschaft, die am Mittwoch im Ministerium weiterverhandelt hat, gelte: "Wenn das, was rauskommt, nicht gut für Kinder, Eltern und Lehrer ist, werden wir uns in den Gremien unterhalten."

Kimberger jedenfalls sieht aktuell deutlich mehr Schulen von Umsetzungsproblemen betroffen, als die sieben vom Ministerium genannten. "Aus meiner Sicht sind es deutlich mehr als sieben Schulstandorte" – vor allem in Oberösterreich und Graz. (Karin Riss, 13.6.2018)