"Ja, mir san mitm Radl da" – der volkstümliche Klassiker aus den 1970er-Jahren würde sich als Soundtrack für eine Lieferung von Foodora anbieten.

Foto: Foodora

Dass der Ruf, seine Mitarbeiter schlecht zu behandeln, nicht zwingend den Geschäftserfolg mindert, dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Der Essenslieferdienst Foodora ist eines davon. Ein Blick auf die Straßen Wiens reicht aus, um das zu verstehen. In der ganzen Stadt treten Radfahrer mit quadratischen, pinken Rucksäcken in die Pedale, um Essen vom Restaurant zum Kunden zu transportieren.

Schlechte Arbeitsbedingungen und zu geringe Bezahlung – mit diesen Vorwürfen ist man bei Foodora vonseiten der Gewerkschaft und des eigenen Betriebsrats konfrontiert. Auch medial wurden die Vorwürfe oft thematisiert. "Mit der negativen Berichterstattung waren wir anfangs überfordert, uns fehlte die Erfahrung bei der Pressearbeit. Die Gewerkschaft kennt sich da bestens aus. Deshalb haben wir bei unseren rund 600 Fahrern eine Umfrage zur Arbeitszufriedenheit gemacht", sagt Artur Schreiber, der neue Chef der Plattformen Mjam und Foodora, die beide zu dem deutschen börsennotierten Unternehmen Delivery Hero gehören. Rund 70 Prozent der Belegschaft nahmen laut Firmenangaben an der Umfrage teil.

80 Prozent zufrieden

Jene Ergebnisse, die nun dem STANDARD vorliegen, entsprechen nicht unbedingt der weitläufigen Meinung. Mehr als 80 Prozent der Fahrradboten seien mit dem Job zufrieden, nur acht Prozent nicht. Auch die niedrigen Eintrittsbarrieren werden geschätzt. Nach einem Info- und einem Probetag kann man anfangen. 50 Prozent seien mit dem Gehalt zufrieden. "Das ist ein sehr guter Wert für einen Niedriglohnsektor", meint Schreiber.

Der Foodora-Betriebsrat zeigt sich weniger begeistert: "Uns liegen die Ergebnisse der Umfrage nicht vor, und keiner weiß, nach welchen Parametern diese ausgewertet wurde. Es wirkt wie eine Marketingaktion", sagt Robert Walasinski, stellvertretender Betriebsratsobmann. Gleichzeitig betont er, dass der Job natürlich gute Seiten hätte und viele der Fahrer tatsächlich zufrieden seien. Es müsse aber zwischen jenen, die "nebenbei" radeln, und jenen, die davon leben, unterschieden werden. Ebenso darin, wer ein freier Dienstnehmer und wer Angestellter ist. Ein freier Dienstnehmer erhält vier Euro pro Stunde und zwei Euro pro Bestellung. Für Angestellte (geringfügig, Teilzeit, Vollzeit) liegt die Bezahlung bei 7,58 Euro pro Stunde und 0,60 Euro pro Bestellung.

Überwiegend frei

Der Anteil der freien Dienstnehmer überwiegt deutlich, nur rund zehn Prozent der 600 Radler sind angestellt. Schreiber begründet das mit dem Geschäftsmodell: "Unser Geschäft schwankt sehr stark, ein spontaner Regenschauer erhöht die Bestellungen teilweise um 30 Prozent. Wir können nicht alle Fahrer anstellen und in Schichten einteilen, wir brauchen Flexibilität." Außerdem sei es eben jene Flexibilität und Freiheit, die viele Fahrer schätzen – beispielsweise Studenten, die keine fixen Arbeitszeiten möchten. So könne sich jeder ein- und austragen, wie es gerade passt. Die Angestellten haben fixe Arbeitszeiten, sie decken das Basisgeschäft ab. Der Rest wird abhängig von der Nachfrage mit Freelancern aufgefüllt. Wie viele Personen dann tatsächlich losgeschickt werden, entscheidet ein Algorithmus, der Bestellkurven analysiert.

Die Gewerkschaft Vida sieht freie Verträge weniger blumig und arbeitet deshalb mit Branchenvertretern und der Wirtschaftskammer an einem Kollektivvertrag für das Fahrradbotengewerbe, der zu Jahresende in Kraft treten soll. (Andreas Danzer, 22.6.2018)