Der Maßnahmenvollzug ist umstritten: Nun startet Moser einen neuen Anlauf, die Unterbringung psychisch kranker Täter zu modernisieren.

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Lange wurde eine Reform angekündigt und wieder verschoben, nun will Justizminister Josef Moser (ÖVP) den Maßnahmenvollzug modernisieren. Ist ein Straftäter nicht vollständig schuldfähig, dient der Maßnahmenvollzug zur vorbeugenden Freiheitsentziehung. Es ist eine vom Gericht verfügte Einsperrung auf unbestimmte Zeit. 900 Menschen befinden sich zurzeit im Maßnahmenvollzug, das ist etwa ein Zehntel aller Gefangenen. Moser will seinen Entwurf bis Jahresende dem Parlament vorlegen. Bereits sein Vorgänger Wolfgang Brandstetter hatte einen Vorschlag ausgearbeitet, der dem Wahlkampf zum Opfer fiel.

Zuletzt wurde der Maßnahmenvollzug im Zuge des Vorfalls vom Neusiedlersee rund um eine zerstückelte Leiche diskutiert. Der Tatverdächtige war jahrelang in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Justizminister will sowohl die Sicherheit der Bevölkerung berücksichtigen als auch auf die Bedürfnisse der psychisch kranken Täter eingehen.

Reform längst überfällig

Um Rückfälle zu verhindern, sollen "bedingte Entlassungen nur noch mittels elektronischer Überwachung möglich sein", heißt es in dem Entwurf – gemeint ist eine Fußfessel. Außerdem soll die Entscheidung über den Maßnahmenvollzug nicht mehr einem Einzelrichter obliegen, sondern einem Kollegium. Zwingende Untersuchung durch einen Sachverständigen der Psychiatrie und der klinischen Psychologie sind ebenso Voraussetzung. Zusätzlich soll der ambulante Vollzug verstärkt ausgebaut werden.

Für Grundrechtsexperten ist eine Reform des Maßnahmenvollzugs längst überfällig. Menschenrechtskonsulentin Marianne Schulz zeigt sich im STANDARD-Gespräch gegenüber Mosers Vorschlag für Fußfesseln nach der Entlassung skeptisch: "Das ist schwer mit den Grundrechten in Einklang zu bringen." Sie verweist darauf, dass sehr viele Jugendliche im Maßnahmenvollzug untergebracht sind. Das zeige Mängel bei der Jugendwohlfahrt, Schulze zweifelt daran, dass eine Fußfessel bei der Resozialisierung hilfreich sei.

Anders sieht das Manfred Nowak, Vorstand des Ludwig-Boltzmann-Institutes für Menschenrechte: "Eine Fußfessel ist das gelindere Mittel." Dadurch werde die persönliche Freiheit nicht so sehr eingeschränkt, wie durch Wegsperren.

Bessere Unterscheidung

In seinem Entwurf kommt Moser auch einer langjährigen Forderung von Menschenrechtsexperten nach: Künftig soll besser zwischen zurechnungsfähigen Tätern mit psychischer Erkrankung und zurechnungsunfähigen Tätern unterschieden werden. Therapien sollen so früh wie möglich eingesetzt werden, noch bevor die Fälle vor dem Strafgericht verhandelt werden, um eine schnellere Überstellung in den ambulanten Vollzug zu ermöglichen.

Außerdem plant der Justizminister eine räumliche Trennung. Medizinisch-forensische Zentren sollen – je nach Budget – ab 2019 errichtet werden. Für zurechnungsunfähige Straftäter (§ 21 Absatz 1 StGB) stehen bereits die Sonderstrafanstalten Göllersdorf und Asten sowie Krankenanstalten mit speziellen Abteilungen zur Verfügung. Für Täter, die zwar zurechnungsfähig sind, aber unter dem Einfluss einer seelischen oder geistigen Abartigkeit stehen und damit eine Gefahrenquelle darstellen (§21 Absatz 2 StGB), gibt es sogenannte Departements – abgesonderte Abteilungen – in den Justizanstalten Graz-Karlau, Garsten und Stein. (Marie-Theres Egyed, 26.6.2018)