Heftige Kritik an der Justizanstalt Josefstadt: 21 Minuten vergingen, bevor vier Häftlinge aus einer brennenden Zelle geholt wurden.

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Wien – Die Wiener Justizanstalt Josefstadt, Österreichs größtes Gefängnis, ist offenbar wegen Personalmangels nur unzureichend auf gefährliche Zwischenfälle vorbereitet. Laut einem mit Videos aus Überwachungskameras dokumentierten Bericht der Wiener Stadtzeitung "Falter" vergingen 21 Minuten, bis vier Häftlinge aus einer Zelle geborgen wurden, in der einer der Insassen Feuer gelegt hatte. Alle vier Häftlinge erlitten schwere Brand- und Rauchgasverletzungen, elf Justizwachebeamte und Mitglieder der Betriebsfeuerwehr wurden ebenfalls teilweise schwer verletzt.

Der Fall um die verhängnisvolle Brandstiftung, den der "Falter" am Dienstag veröffentlichte, ereignete sich am frühen Abend des 16. Oktober 2016. Für 1.200 Insassen waren lediglich 36 Justizwachebeamte im Dienst. Auf einem der Videos ist zu sehen, dass zwei Beamte nach dem Alarm aus der Zelle nicht die Türe öffneten, weil sie augenscheinlich überfordert waren. Erst nach neun Minuten, die Zelle befand sich mittlerweile im Vollbrand, begann der Einsatz der Betriebsfeuerwehr. Auch dafür wurde die Türe zunächst nicht geöffnet, sondern mit einem Schlauch hineingespritzt. Danach werden zwei ohnmächtige Häftlinge herausgezerrt, die Türe wird wieder verschlossen, dann ein weiterer Insasse geborgen, die Türe wieder zugemacht und erst nach weiteren fünf bis sechs Minuten der vierte Häftling in Sicherheit gebracht.

Zwölf Tage im Koma

Der Häftling, der das Feuer gelegt hatte, soll mittlerweile nicht rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden sein. Einer der anderen Häftlinge ist britischer Staatsbürger, der gerade eine kürzere Haftstrafe verbüßte. Er trug schwere Brandverletzungen davon und befand sich zwölf Tage im Koma.

Der Brite, der erfolglos versucht hatte, die Brandstiftung zu verhindern, klagte später die Republik auf Entschädigung und Schmerzensgeld. Doch die amtliche Revision ergab, dass keine Fehler passiert seien und dass die Justizwache vorschriftsmäßig gehandelt habe. Die Beamten, die verletzt worden waren, erhielten Prämien.

Bei Befragungen hatten Justizwachebeamte ausgesagt, dass sie aus Angst vor den Häftlingen nicht sofort eingegriffen und die Insassen zeitaufwendig einzeln geborgen hätten. Der Brandstifter sei ein Problemhäftling gewesen, der immer wieder Wachebeamte attackiert habe. Auch unmittelbar vor der Brandlegung sei er aggressiv gewesen.

Anwälte der verletzten Häftlinge erheben aber weiterhin schwere Vorwürfe. Sie werfen der Republik, konkret dem Justizministerium, systematisches Versagen vor. Auch Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss klagt die schlechten Zustände in Österreichs größter und überfüllter Haftanstalt an. Die Republik trage die Verantwortung für in ihrer Obhut befindliche Häftlinge. Sie fordert eine angemessene Entschädigung. (simo, 4.7.2018)