Empfang mit Ehren für Hassan Rohani bei Alexander Van der Bellen.

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Das Gespräch mit Kanzler Sebastian Kurz bezeichneten beide Seiten als kontruktiv. Der Austausch zu Israel förderte aber auch viel Gegensätzliches zutage.

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Andächtige Mienen zur Hymne: ...

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... Hassan Rohani und Alexander Van der Bellen.

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Bei der Pressekonferenz in der Hofburg waren keine Fragen zugelassen.

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Wien – Nach der kurzfristigen Absage des Besuchs von Irans Staatspräsident Hassan Rohani im März 2016 ist es diesmal etwas geworden. Bei brütender Hitze und strahlendem Sonnenschein marschierten die Ehrenkompanie und die Militärmusik zu den Klängen von "Dem Land Tirol die Treue" auf den Inneren Burghof, um Rohani zu begrüßen, der in einer schwarzen Diplomatenlimousine bei Präsident Alexander Van der Bellen vorfuhr. An die hundert Journalisten und Fotografen aus Europa, Israel und dem Iran haben sich versammelt. Protestrufe gab es keine, wurden irankritische Demonstranten doch jenseits des Heldenplatzes verbannt. Vorher hatten bereits mehrere Sprengstoffspürhunde, Personenschützer und Eliteeinheiten von Polizei und Militär den Platz durchkämmt, begleitet vom Dauerlärm der rotierenden Polizeihubschrauber.

Manch Medienvertreter, vor allem aus dem Ausland, hatte sich im Vorfeld gespannt gezeigt, wie die österreichische Bundesregierung, die sich in den letzten Monaten dezidiert proisraelisch gab, ihren Gast aus dem Iran empfangen würde. Kurz hat schon am Vormittag betont, dass er es für wichtig halte, den Iran im Atomdeal zu belassen. Allerdings, so Kurz via Twitter: "Gleichermaßen darf die EU aber nicht wegsehen, wenn es zu Menschenrechtsverletzungen im Iran kommt, zur Vernichtung Israels aufgerufen sowie der Holocaust verharmlost oder gar geleugnet wird. Dazu werde ich klare Worte finden."

Kurz: "Sicherheit Israels Herzensanliegen"

Tatsächlich betonte Kurz, Österreich sei ein Land, das sich "überall für die Menschenrechte einsetzt, und so natürlich auch gegenüber dem Iran". Österreich und auch die EU stünden weiterhin zum Atomdeal mit dem Iran, er hoffe auf die ab Freitag in Wien geplanten Gespräche. "Auch ein Herzensanliegen" sei Österreich aber der Kampf gegen Antisemitismus "und die Unterstützung für Israel". Es sei "absolut inakzeptabel, wenn zur Vernichtung Israels aufgerufen wird". Gleiches gelte für Verharmlosung des Holocaust. Die Sicherheit Israels sei für Österreich nicht verhandelbar.

Es habe "auch Möglichkeit gegeben", den Fall jenes jüngst in Belgien verhafteten iranischen Diplomaten zu besprechen, der an der Wiener Botschaft tätig gewesen war. Der Fall war in den vergangenen Tagen publik geworden. Rohani habe ihm "volle Aufklärung" zugesagt.

Rohani: "Zionistisches Regime sehr destruktiv"

Der iranische Präsident begann seine Ausführungen, indem er Kurz "im Namen Gottes" für die Gastfreundschaft Österreichs dankte. Die Verhandlungen bewertete er als "nützlich". Beide Staaten wollten "geeignete Lösungen" im Finanz- und Bankenwesen finden, wie mit der neuen Situation rund um den Iran-Deal umzugehen sei. Zum Regionalkonflikt mit Saudi-Arabien sagte er, Riad müsse verstehen, dass militärische Lösungen keine Vorteile bringen würden. Das gelte im Jemen, aber auch anderswo.

In Antwort auf die Worte Kurz' zu Israel sagte er, der Iran habe gute Beziehungen zu Juden: "Die Juden sind eigentlich unschuldig. Wir haben die Juden in Babylon gerettet. Sie sind uns etwas schuldig. Aber die Zionisten als Besatzer belagern und bombardieren unschuldige Menschen, behandelten verwundete Kämpfer des IS und unterstützen den IS", gab die Simultanübersetzung die Worte Rohanis wieder. Die Rolle "des zionistischen Regimes" (die iranische Bezeichnung für Israel) in der Region sei "sehr destruktiv".

Atomdeal nur bei Nutzen

Van der Bellen hatte bei seiner Pressekonferenz die langen Beziehungen Österreichs zum Iran betont, die über Jahrhunderte zurückgingen. Er strich auch die Rolle Wiens als Ort des Atomabkommens von 2015 heraus. Den von US-Präsident Trump seitens der USA gekündigten Deal bezeichnete er als ein "Schlüsselelement für die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen". Österreich habe wegen seiner Vermittlerrolle eine besondere Verpflichtung. Van der Bellen betonte, mit Rohani auch über Israel gesprochen zu haben. Er habe die Bedeutung des Existenzrecht Israels betont, so Van der Bellen.

Rohani betonte die Bedeutung des Atomdeals auch für kulturelle Fragen und die Regionalpolitik. "Auch die Amerikaner werden durch den Austritt zu Schaden kommen", die Entscheidung Trumps sei zum eigenen Nachteil. Der Iran werde "nicht aussteigen, solange wir vom JCPOA (die formelle Bezeichnung des Abkommens, Anm.) profitieren" und die anderen Staaten den Fortbestand der Vereinbarung in einer für den Iran zufriedenstellenden Form garantieren können.

Fragen waren bei beiden Pressekonferenzen nicht zugelassen.

Aufregung um Diplomat

Vor dem Besuch war schon vor der jüngsten Aufregung um die angebliche Beteiligung eines iranischen Diplomaten aus Wien an Anschlagsplänen die Lage wegen der weltpolitischen Situation gespannt. So ging es etwa um die Frage, inwiefern sich das diplomatische Hickhack der letzten Tage auf die geplanten Gespräche zum Atomdeal auswirkt.

ORF-"ZiB"-Auslandschef Andreas Pfeifer berichtet von der Hofburg über den Staatsbesuch des iranischen Präsidenten Rohani in Wien und darüber, inwieweit die Affäre um einen Diplomaten den Besuch überschattet.
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Zusätzliche Belastung brachten dann am Wochenende Meldungen aus Frankreich und Belgien: Ein in Österreich akkreditierter iranischer Botschaftsmitarbeiter soll ja das Mastermind hinter einem vereitelten Terroranschlag auf iranische Exil-Oppositionelle in Frankreich gewesen sein und wurde aus diesem Grund von Sicherheitsbehörden in Belgien festgenommen. Ihm wurde nach seiner Verhaftung in Deutschland der Diplomatenstatus seitens Österreichs aberkannt.

Alexander Van der Bellen begrüßte Hassan Rohani. Video: Fabian Sommavilla.
escher

Die Begrüßung zwischen den beiden Präsidenten war jedenfalls äußerst freundlich verlaufen. Nach den üblichen Hymnen schritten die beiden Herren den roten Teppich entlang, um unter anderem Vertreter der Bundesregierung – etwa Außenministerin Karin Kneissl – und der Wirtschaft zu begrüßen. Die üblichen Handshakes gibt es, wie bei den Besuchen von iranischen Vertretern üblich, nur mit Männern. Am frühen Abend folgt noch ein Vortrag in der Wirtschaftskammer und ein Gespräch mit Vertretern der Wirtschaft. (Fabian Sommavilla, 4.7.2018)