Es sind die Gründerzeithäuser, die Wien zu dem machen, was es ist. Trotzdem rückte in den letzten Wochen vielerorts der Abrissbagger an. Eigentlich sollte die Novelle der Bauordnung die alten Häuser schützen. Dass im Vorfeld das Gegenteil eintrat, war zu befürchten. Das Ausmaß der Abrisse hat am Ende trotzdem überrascht. Besonders unverfroren: In Wien-Landstraße wurde bei einem bewohnten Haus das Dach abgetragen. Rechtlich war das einwandfrei, moralisch verwerflich. Solche Eigentümer verdienen die Bezeichnung Immobilienspekulant.

Was beim lobenswerten Schutz dieser Häuser nicht vergessen werden darf: Nicht jedes alte Haus in einer wachsenden Stadt muss erhalten bleiben. Denn auch in der Gründerzeit wurde nicht nur gut gebaut. Und wer das Stadtbild erhalten will, muss auch etwas dafür tun. Dass Investoren Profit machen wollen, ist legitim. Mit dem derzeitigen Mietrecht, das die Nettomieten im Altbau bei 5,58 Euro deckelt, ist das schwierig. Wer einen Neubau hinstellt, darf mehr verlangen. Wer nicht abreißen darf, lässt Häuser oft lieber leer stehen, als sich Mieter zu suchen. Daran wird die Novelle der Bauordnung nichts ändern.

Bewegung ins Gründerzeitviertel könnte aber ein neues Mietrecht von Türkis-Blau bringen, das marktkonforme Mieten nach Generalsanierung verspricht. Dann könnten tatsächlich mehr alte Häuser in neuem Glanz erstrahlen – allerdings auch die Mieten steigen. (Franziska Zoidl, 4.7.2018)