Frankreich sichert sich im dritten Endspiel zum zweiten Mal nach 1998 die Weltmeisterschaft. Les Bleus schlugen lange Zeit mehr als ebenbürtige Kroaten mit etwas Glück doch deutlicher als verdient. Didier Deschamps ist als erst Dritter nach Mário Zagallo und Franz Beckenbauer Champion als Spieler und Trainer
Sigi Lützow
,
In dieser Galerie: 5 Bilder
Moskau – Der Weg ins Finale war hart gewesen. Hart nicht nur, weil unmittelbar vor dem Endspiel der 21. WM Hollywood-Star Will Smith den WM-Song "Live It Up" rappend dem verdienten Vergessen überantwortet hatte. Fünf Wochen Fußball mit 63 Spielen mündeten am Sonntag ins sechste französisch-kroatische Duell. 78.011 Zuseher, darunter Wladimir Putin, Kroatiens Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović und Frankreichs Emmanuel Macron, durften im ausverkauften Luschniki-Stadion zu Moskau dabei sein. Etwa eine Milliarde Menschen sahen es im TV.
Flotter Beginn der Feurigen
Gerade die Härte des Weges bis auf Griffweite zur World Cup Trophy, die der deutsche Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm angeschleppt hatte, mag die Kroaten bewogen haben, gleich nach dem letzten hymnischen Motivationsschub flott zu starten. Die Feurigen hatten für dieses Finale in drei Verlängerungen um insgesamt gut 90 Minuten länger gebrannt als Les Bleus, also guten Grund, den eigenen Reserven nicht allzu sehr zu trauen. In stärkster Formation übernahm die Mannschaft von Zlatko Dalić das Kommando und klopfte die etwas gehemmt wirkende französische Einsergarnitur von Didier Deschamps nach Schwachstellen ab.
Zwölftes Eigentor dieser WM
Weil aber für diese Kroaten nichts einfach geht, gerieten sie wie in all ihren K.-o.-Spielen in Rückstand. Der argentinische Schiedsrichter Néstor Pitana hatte eine Schwalbe von Antoine Griezmann nach Attacke von Marcelo Brozović mit einem Freistoß honoriert – nur den Regeln nach kein Fall für den Videobeweis. Der Beschenkte selbst zirkelte jedenfalls den Ball auf Raphael Varane, doch nicht der Außenverteidiger, sondern Mario Mandžukić kam zu Leidwesen seines Goalies Danijel Subašić entscheidend mit den Kopf heran (18.). Es war das zwölfte Eigentor dieser WM, überhaupt das erste bei einem Finale – ausgerechnet durch Mandžukić, der die Kroaten in der Verlängerung gegen England erst ins Endspiel befördert hatte.
Perišićs Pille
Der zweite Held der England-Partie, Ivan Perišić, wirkte aber nur zehn Minuten später etwaiger Trübsal entgegen. Im Anschluss an einen Freistoß von Luka Modrić kam der Ball über vier Stationen, zuletzt über Domagoj Vida, zu Inter Mailands Offensiv-Pretiose, die nach schneller Drehung mit präzisem, noch leicht von Varane abgefälschtem Schuss verdient egalisierte (28.). Das kroatische Nervenkostüm wurde aber erneut zehn Minuten später weiter strapaziert. Nach einem Eckball von Griezmann, den Blaise Matuidi verfehlte, fiel der Ball Perišić an die Hand, die Franzosen reklamierten, und diesmal meldete sich der Videoassistent. Pitana studierte die Szene und entschied auf Elfmeter. Griezmann verwertete eiskalt (38.).
Pussy Riot am Feld
Die zittrige Vorstellung des Vizeeuropameisters setzte sich dennoch fort. Gleich nach Wiederbeginn verhinderte Goalie Hugo Lloris gegen Ante Rebić den schnellen Ausgleich. Die Kroaten drückten, forderten Fehler heraus. Lediglich die Schnelligkeit von Kylian Mbappé, der an Subašić scheiterte (52.), und vier flott arretierte Mitglieder von Pussy Riot unterbrachen den Spielfluss.
Deschamps nahm den enttäuschenden N’Golo Kanté vom Feld, Stabilität brachte aber erst Paul Pogba, der ob der Unzulänglichkeiten im Team schon ziemlich in Rage war. Nachdem er Mbappé geschickt hatte, kam "die Krake" von Manchester United, von Griezmann eingesetzt, an der Strafraumgrenze wieder an den Ball – Schuss mit rechts, abgeblockt, Schuss mit links, Treffer – Subašić hatte das Unheil zu spät gesehen (59.).
Goldener Ball für Luka Modrić
Damit war die Partie gelaufen, die Schmerzen der Kroaten wurden aber noch größer. Der 19-jährige Mbappé erzielte nach Assist von Lucas Hernández mit herzhaftem Schuss das erste Teenager-Finaltor seit Pelé 1958 (66.). Ein verunglücktes Dribbling von Goalie Lloris, das Mandžukić gewitzt zum Tor nutzte (70.), gab den Kroaten sogar noch etwas Luft. Die 32,5 Millionen Euro für den Titel ließ sich die Équipe Tricolore aber letztlich nicht mehr nehmen. Kroatien blieb immerhin der Goldene Ball für Luka Modrić als besten Spieler der Endrunde in Russland. (Sigi Lützow, 15.7.2018)
WM in Russland, Finale, Sonntag
Frankreich – Kroatien 4:2 (2:1) Moskau, Luschniki-Stadion, 78.011 Zuschauer, SR Pitana (ARG)
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.