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Donald Trump wurde nach seiner Rückkehr aus Helsinki von wütenden Demonstranten vor dem Weißen Haus empfangen, die ihn als "Verräter" bezeichneten.

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Für Chuck Schumer, Oppositionsführer im US-Senat, hat Trump "das Wort des KGB über die Männer und Frauen der CIA gestellt".

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Putin schenkte Trump am Montag einen Fußball – Senator Lindsey Graham verlangte, ihn vorsichtshalber auf russische Wanzen zu untersuchen.

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Washington – Nach dem Gipfel mit Kreml-Chef Wladimir Putin wächst der Druck auf US-Präsident Donald Trump, umstrittene Äußerungen klarzustellen. Während aus Russland viel Lob kam, schlug Trump in der Heimat eine Welle parteiübergreifender Kritik an seinem Kuschelkurs gegenüber Putin entgegen.

Trump selbst sieht das Treffen hingegen positiv. In einem Tweet am Dienstagnachmittag meinte der US-Präsident, das Treffen mit Putin sei "sogar besser" gewesen als der Nato-Gipfel.

Selbst einer der größten Trump-Unterstützer, der Republikaner Newt Gingrich, sprach am Montagabend vom bisher schwerwiegendsten Fehler des Präsidenten seit seinem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren. Trump müsse seine Äußerungen über die US-Geheimdienste und Putin umgehend korrigieren, verlangte Gingrich auf Twitter.

Andere Politiker beschrieben Trumps Auftreten mit Worten wie "beschämend", "schändlich", "verräterisch", "gefährlich" oder "schwach". Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte: "Russland ist nicht unser Freund."

Nach seinem Treffen mit Donald Trump bezeichnete Wladimir Putin die Debatten über eine Einmischung in den US-Wahlkampf als "innenpolitisches Spiel".
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Putin hatte bei der Pressekonferenz mit Trump jede Einmischung in die US-Präsidentenwahlen von 2016 dementiert. Für Empörung sorgte in den USA dann, dass Trump sich nicht auf die Seite der US-Geheimdienste stellte, die wie die Ermittlungsbehörden überzeugt von einer russischen Urheberschaft sind. "Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdienstleute", sagte Trump. "Aber ich werde Ihnen sagen, dass Präsident Putin in seinem Dementi heute extrem stark und kraftvoll war." Er fügte hinzu: "Ich habe Vertrauen in beide Seiten."

"Schändlichste Aufführung seit Menschengedenken"

"Er hat das Wort des KGB über die Männer und Frauen der CIA gestellt", sagte der Oppositionsführer im Senat, Chuck Schumer, und bezeichnete Trumps Gipfelauftritt als "gedankenlos, gefährlich und schwach". Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat, der Republikaner John McCain, kritisierte: "Die heutige Pressekonferenz in Helsinki war eine der schändlichsten Aufführungen eines amerikanischen Präsidenten seit Menschengedenken."

Es habe sich um einen "Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft" gehandelt. Noch nie habe sich ein US-Präsident derart "vor einem Tyrannen selbst erniedrigt", sagte McCain. "Präsident Trump erwies sich nicht nur als unfähig, sondern auch als nicht willens, Putin die Stirn zu bieten."

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, forderte Trump auf, er solle "einsehen, dass Russland nicht unserer Verbündeter ist". Auch Senats-Fraktionschef Mitch McConnell sagte: "Russland ist nicht unser Freund." Sogar Fox-News-Moderatoren fanden drastische Worte: "Das war keine besonders starke Vorstellung", sagte Stuart Varney. Sein Kollege Neil Cavuto fand den Auftritt des Präsidenten sogar "widerlich".

Kritik von (Ex-)Geheimdienstlern

Auch der Nationale Geheimdienstdirektor der USA, Dan Coats, distanzierte sich von seinem Chef und verteidigte die Erkenntnisse der ihm unterstellten Behörden zu den mutmaßlichen russischen Cyberangriffen im US-Wahlkampf.

Der republikanische Kongressabgeordnete und frühere CIA-Mitarbeiter Will Hurd schrieb auf Twitter: "Ich habe in meiner beruflichen Karriere viele Menschen gesehen, die vom russischen Geheimdienst manipuliert wurden, und ich hätte nie gedacht, dass der US-Präsident einer derjenigen sein würde, die von routinierten KGBlern über den Tisch gezogen werden." Der frühere Direktor des Geheimdiensts CIA, John Brennan, kritisierte auf Twitter, Trumps Pressekonferenz mit Putin sei "nicht weniger als verräterisch" gewesen. "Er ist vollständig in der Tasche Putins."

Angesichts der Kritik meldete sich Trump während seines Rückflugs in die USA auf Twitter zu Wort: "Wie ich heute und oft davor gesagt habe: 'Ich habe RIESIGES Vertrauen in MEINE Geheimdienstleute.' Allerdings muss ich auch anerkennen, dass wir uns nicht ausschließlich auf die Vergangenheit konzentrieren können, um eine hellere Zukunft zu bauen – als die beiden weltgrößten Atommächte müssen wir miteinander auskommen."

Zugleich zeigte sich Trump "fasziniert" von Putins Angebot, wonach US-Ermittler russischen Beamten ihre Fragen an die in den USA angeklagten russischen Geheimdienstmitarbeiter übermitteln könnten. Allerdings werde das Team von US-Sonderermittler Robert Mueller "wahrscheinlich nicht" nach Moskau "fahren wollen".

Putin lobte Trump nach dem ersten gemeinsamen Gipfel als "interessanten Gesprächspartner". Trump sei gut informiert und könne fremde Argumente nachvollziehen, selbst wenn er später bei seiner Meinung bleibe, sagte Putin dem Sender Perwy Kanal. "Alle halten ihn ausschließlich für einen Geschäftsmann", sagte er. "Ich denke, das stimmt nicht, weil er vor allem Politiker ist." Trump verstehe, was der amerikanische Wähler wolle, und richte sich danach.

Stundenlanges Gespräch

Mehr als zwei Stunden lang sprachen die beiden Präsidenten am Montag in Helsinki zu zweit, nur von Dolmetschern begleitet. Anschließend kamen die Außenminister Sergej Lawrow und Mike Pompeo sowie zwei weitere Berater auf jeder Seite dazu.

Trump und Putin versuchten nach eigenen Worten, in Helsinki einen Neuanfang in den schwer belasteten Beziehungen zu finden. "Unsere Beziehungen waren nie schlechter, als sie es jetzt sind. Das hat sich vor vier Stunden geändert", erklärte Trump. "Es war ein gutes Treffen", sagte er am Montagabend dem Sender Fox News. Themen seien Atomwaffen, Krieg und Frieden, Terrorismus, Wirtschaft, die Ukraine und Syrien gewesen.

Hacking-Vorwürfe

Das Treffen wurde von der Russland-Affäre in den USA überschattet. Die US-Justiz beschuldigt Agenten des russischen Militärgeheimdiensts, durch Computerhacking aktiv in die US-Präsidentschaftswahl 2016 eingegriffen zu haben.

Putin wies das energisch zurück. Die Untersuchungen von Russland-Sonderermittler Mueller bezeichnete er in einem Interview mit Fox News als innenpolitische Spielchen. Die Beziehungen zwischen den USA und Russland dürften keine "Geisel" der Mueller-Ermittlungen sein. Trump wiederholte dabei seinen Vorwurf, dass die Russland-Ermittlungen einer Hexenjagd gleichen und einen Keil zwischen die beiden Atommächte treiben würden.

Kongresswahlen im Herbst

Der Auftritt von Helsinki dürfte Trumps Beliebtheitswerten nicht unbedingt guttun. Und die Nervosität der Abgeordneten wird angesichts der im Herbst anstehenden Kongresswahlen größer. Für Dienstag (20 Uhr MESZ) ist ein Treffen zwischen Trump und Kongressabgeordneten im Weißen Haus angesetzt.

Den zuletzt schwächelnden Demokraten hat der Präsident mit seinem Auftritt eine Steilvorlage geliefert – auch ohne den Fußball, den Putin ihm nach erfolgreich ausgerichteter Weltmeisterschaft schenkte. Senator Lindsey Graham verlangte, der Ball solle vorsichtshalber erstmal auf russische Wanzen untersucht werden. (APA, red, 17.7.2018)