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In den letzten Jahren ist London nicht nur in die Höhe, sondern auch in die Tiefe gewachsen.

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Ausreichend Privatsphäre: 456 Kinos wurden in den letzten Jahren in Londons Kellern errichtet.

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London wächst – und zwar nicht nur flächen- und bevölkerungsmäßig, sondern auch in die Tiefe. Weil der oberirdische Platz begrenzt ist und die planerischen Auflagen streng sind, schaffen sich jene, die es sich leisten können, zunehmend Platz unter ihren Grundstücken.

Britische Medien nennen diese untenrum ausgebauten Häuser "Iceberg Homes". Wie groß das Thema in London mittlerweile ist, wurde erst vor wenigen Monaten durch eine Studie der Newcastle University deutlich. 4.650 Baugenehmigungen für solche Keller wurden zwischen 2008 und 2017 demnach in den wohlhabendsten Stadtteilen erteilt. Bei den 112 größten Projekten, die Studienautoren nennen sie "Mega-Basements", wurde dafür 18 Meter beziehungsweise drei Stockwerke in die Tiefe gegraben.

Diese "Mega-Basements" in London unterscheiden sich grundlegend von dem, was sich der österreichische Häuslbauer unter einem Keller vorstellt. Denn Tycoons und Oligarchen wünschen sich nicht mehr Stauraum, sondern noch mehr Luxus, als ihnen ihr oft ohnehin schon sehr groß dimensioniertes Zuhause bieten kann.

Pools und Weinkeller

Und sie sehen den Kellerausbau durchaus als Investment. 996 Fitnessräume, 374 Swimmingpools, 456 Kinos, 380 Weinkeller, 63 Garagen und 120 Räume für Angestellte sind laut Studienautoren in den letzten Jahren in den Kellern entstanden.

Die "Daily Mail" berichtet beispielsweise über den Milliardär Jon Hunt, der in Kensington unter der Erdoberfläche gerade ein Megaprojekt inklusive Garage, Tennisplatz und Swimmingpool bauen lässt. Den bis dato größten Keller plant der Milliardär Robert Beecham in Primrose Hill. Der Keller ist 60 Meter lang und würde unter anderem einen Ballsaal für 60 Menschen, ein Fitnesscenter, einen Swimmingpool, eine Saftbar, eine Küche, ein Kino und einen Massageraum beherbergen.

Die Unterkellerung der Stadt sorgt in London allerdings für wachsenden Unmut. Kritiker klagen über die wachsende Ungleichheit, die in Londons Untergeschoßen nun noch manifester wird. So wie viele Häuser würden auch die Keller am Ende nur einen Bruchteil des Jahres genutzt – und die restliche Zeit leerstehen, während leistbares Wohnen zur Mangelware wird.

In Kensington wurden die Gesetze schon 2015 verschärft. Keller dürfen dort nur noch eingeschoßig sein und sich nur unter der Hälfte des Gartens erstrecken. Der Boom der Luxuskeller dürfte trotzdem noch nicht vorbei sein, glauben die Autoren der Studie der Newcastle University.

Berühmte Nachbarn

Anrainer befürchten durch die Unterkellerungen Schäden an ihrer Gebäudesubstanz und klagen über Lärm, Staub und teilweise jahrelange Baustellen. Fallweise wird es dabei auch gefährlich: Bei einem Haus in North Kensington sanken das Fundament und damit Teile des Hauses laut Medienberichten bei Bauarbeiten am Nachbargrundstück ab.

Der wohl berühmteste Nachbarschaftsstreit tobt seit nunmehr fünf Jahren zwischen dem Popstar Robbie Williams und Led-Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page. Williams wünscht sich für seine 40-Zimmer-Villa in Kensington einen unterirdischen Swimmingpool und einen Fitnessraum. Page kämpft gegen diese Pläne an, weil er sich um sein benachbartes denkmalgeschütztes Zuhause aus dem 19. Jahrhundert sorgt. (Franziska Zoidl, 19.7.2018)