Von vielen der Häuser, bei denen im Juni noch mit dem Abbruch begonnen wurde, sind nur noch Schutthaufen übrig.

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Seit Anfang Juli gelten in Wien strengere Regeln für den Abriss von Gründerzeithäusern. Zahlreiche Schleifungen wurden deshalb gestoppt, da Gebäude vor 1945 nun auf ihre Erhaltenswürdigkeit geprüft werden müssen. 48 historische Häuser hat die MA 19 inzwischen unter die Lupe genommen – und rund die Hälfte als erhaltenswert eingestuft. Ob tatsächlich alle gerettet werden können, ist aber offen.

Eigentlich hätte die Bauordnung mit diversen anderen Punkten erst im Herbst beschlossen werden sollen. Einige Hauseigentümer nutzten laut Stadt aber die Zeit bis zu den angekündigten Verschärfungen noch für "Last-Minute-Abrisse". Um derlei zu unterbinden, entschloss sich Rot-Grün, den Abbruch-Part der Novelle vorzuziehen. Er gilt bereits seit Anfang Juli.

Baupolizei am Zug

48 Altbauten sind der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) inzwischen zur Prüfung vorgelegt worden. Für 23 davon gab es seitens der Behörde grünes Licht für den (weiteren) Abriss. 25 Gebäude wurden allerdings als erhaltenswert eingestuft und dürfen vorerst nicht weiter abgebrochen werden. "Die Mitarbeiter der MA 19 gehen mit höchster Sorgfalt vor. So können wir jetzt beispielsweise eine vollständig erhaltene Wienerwald-Villa im 14. Bezirk vor dem Abriss beschützen", freute sich Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) gegenüber der APA. Auch die ehemalige Schokoladenfabrik Viktor Schmidt & Söhne (Geiselbergstraße 26-32) wurde als schützenswert eingestuft.

Ob tatsächlich alle diese 25 Gebäude bleiben werden können, ist aber noch offen. Denn auf Basis der MA 19-Empfehlungen ist dann wieder die Baupolizei (MA 37) am Zug. Stellt sie etwa fest, dass mehr als 50 Prozent des Hauses schon zerstört sind, darf trotzdem weiter abgebrochen werden. Das wird wohl z. B. auf das eigentlich als schützenswert eingestufte Gründerzeithaus in der Zieglergasse 52 zutreffen, von dem inzwischen nur noch wenige Überreste stehen.

Rückbauten möglich

Geprüft wird auch, ob sich die Renovierung eines historischen Hauses überhaupt noch rechnet – also die Aussicht besteht, dass der Vermieter die Investitionen durch die Miete überhaupt noch hereinspielen kann. Ist das nicht der Fall und somit eine "wirtschaftliche Abbruchreife" gegeben, darf ebenfalls abgerissen werden.

Schließt sich die Baupolizei dem Urteil der MA 19 vollends an, wird bei schon erfolgtem Abrisstätigkeiten entschieden, ob das Haus im aktuellen Zustand erhalten bleiben muss oder gar Rückbauten – also etwa die Wiederherstellung bereits abgeschlagener Fassadenverzierungen oder eines abgetragenen Dachs – erfolgen müssen.

Das werde von Fall zu Fall individuell entschieden, erklärte Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) der APA: "Die Stadt prüft nun alle Fälle einzeln und sehr genau. Ich bin sicher, es werden daraus gangbare Lösungen für die Stadt und die Bauwerber entwickelt." Wien habe jedenfalls den größten Bestand an Gründerzeithäusern in Europa. Das neue Gesetz helfe den Charme der Stadt zu erhalten und Wachstum behutsam zu gestalten. (APA, 18.7.2018)