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Entwaldung ist ein schwerwiegender Faktor beim globalen ökologischen Fußabdruck. Mittlerweile verbraucht die Weltbevölkerung in sieben Monaten all jene Ressourcen, für deren Produktion die Erde ein ganzes Jahr benötigt.

Foto: AP/Andre Penner

2016: 3. August. 2017: 2. August. Heuer: 1. August. Was sich liest wie ein Countdown, ist die Datierung des sogenannten Welterschöpfungstags ("Earth Overshoot Day"). Mit diesem symbolischen Tag markiert das Global Footprint Network, eine internationale Denkfabrik für Umweltfragen, den Zeitpunkt eines Jahres, an dem all das an natürlichen Ressourcen verbraucht worden ist, was die Erde von Anfang Jänner bis Ende Dezember liefern kann. Ihr Angebot ist durch Faktoren wie Überfischung oder Rodungen von Regenwäldern tendenziell am Schrumpfen – die Nachfrage hingegen konstant am Steigen.

Den Tag gibt es zwar erst seit 2006, die Kalkulationen wurden aber auf vergangene Jahrzehnte extrapoliert und kamen zum Ergebnis, dass die Menschheit Anfang der 1970er-Jahre in den roten Bereich gerutscht ist. Seitdem gab es mehrere größere Sprünge, und in vereinzelten Fällen lief der Countdown sogar für einen kurzen Zeitraum rückwärts. Das liegt zum Teil aber auch daran, dass an der Methodik zur Messung unseres ökologischen Fußabdrucks laufend gefeilt wurde. Es gibt also eine Schwankungsbreite – die Grundtendenz lässt sich freilich nicht verkennen: Das von der Erde zur Verfügung gestellte Angebot wird immer schneller aufgezehrt.

Konkret vergleicht der Welterschöpfungstag die Inanspruchnahme des Planeten durch die Menschheit aufgrund des ökologischen Fußabdrucks mit der Biokapazität unseres Heimatplaneten. Gemeint ist die Fähigkeit der Natur, Rohstoffe zu erzeugen und Schadstoffe abzubauen. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass die Ökoschulden seit dem Jahr 2000 kontinuierlich gewachsen sind. Folglich findet der Welterschöpfungstag aufgrund von Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum immer früher im Kalenderjahr statt und die Menschheit lebt dann für den Rest des Jahres gleichsam auf "Ökopump".

Deutliche Anzeichen für die Übernutzung

"Dieses Datum ist kein abstraktes Konstrukt. Die Folgen der Übernutzung zeigen sich schon deutlich im Schwinden der Wälder und ihrer Artenvielfalt, den kaputten Böden, den leergefischten Meeren und allem voran im Anstieg des Kohlendioxid in der Atmosphäre, der uns den Klimawandel beschert", meint Reinhard Uhrig von Global 2000 am Dienstag.

In Österreich fiel der nationale Erschöpfungstag diesmal auf den 13. April, was eine geringe Verbesserung darstellt: 2017 war dieser Tag bei uns bereits am 11. April. Negativer Spitzenreiter ist Katar, wo schon vor Mitte Februar eine negative Bilanz erreicht wurde. Am besten schnitten dagegen Vietnam, Marokko und Kirgisien ab. In diesen Ländern würden die Ressourcen noch bis Mitte Dezember reichen.

In Österreich könnte das Datum allein durch weniger Straßenverkehr um fünf Tage nach hinten verschoben werden, stellte Greenpeace am Dienstag fest. Die NGO – Teil des Global Footprint Networks – rief daher dazu auf, das Auto öfter stehen zu lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel zu wechseln. "Ein Drittel der heimischen, klimaschädlichen CO2-Emissionen stammen aus dem Auspuff. Unsere Erde braucht eine Pause davon", erklärte Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace in Österreich.

25 Prozent werden von unserer Ernährung verursacht

"Unsere aktuelle Wirtschaftsweise betreibt ein ökologisches Pyramidenspiel mit unserem Planeten", warnt auch Mathis Wackernagel, Mitbegründer des Global Footprint Network. Helene Glatter-Götz, WWF Expertin für Nachhaltige Ernährung, wies darauf hin, dass rund ein Viertel unseres ökologischen Fußabdruckes auf die Ernährung zurückzuführen sei: "Insbesondere Fleisch beansprucht nicht nur enorme Flächen im In- und Ausland, sondern heizt auch den Klimawandel ordentlich an".

Letztendlich dürften viele dieser Probleme auch auf die Überbevölkerung zurückzuführen sein. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Co-Präsident des Club of Rome, etwa ist davon überzeugt, dass bei einem Wohlstandsanspruch, wie er in Europa oder den USA herrscht, die Erde eine Weltbevölkerung von 7,6 Milliarden Menschen eigentlich niemals bedienen kann.

Kritik an der Vereinfachung

Ganz unumstritten ist der alljährlich verkündete Earth Overshoot Day im Speziellen und das Konzept des ökologischen Fußabdrucks im Allgemeinen freilich auch nicht: Trotz seiner Stärken – es lässt sich sehr anschaulich kommunizieren, was der Mensch unserem Heimatplaneten antut – hat die Idee im wissenschaftlichen Sinn auch so seine Schwächen. An oberster Stelle der Liste steht das Problem, dass die Ausbeutung der Erde auf eine einzelne Kenngröße reduziert wird. Andere wichtige Aspekte von Nachhaltigkeit bleiben dabei weitgehend außen vor.

Darüber hinaus werden viele nichtbiologische Faktoren nicht berücksichtigt. Schließlich wird auch die CO2-Produktion als dominante Größe in Industrieländern kritisiert. Dort macht der Kohlendioxid-Ausstoß teilweise mehr als die Hälfte des Fußabdrucks aus, was als methodisch problematisch angekreidet wird.

Bald sind zwei Erden nötig

Insgesamt aber liefert der ökologische Fußabdruck und damit auch das Konzept des Welterschöpfungstags einen plausiblen Überblick über die kritische Lage der Erde und ihren einzelnen Regionen. Rechnet man die Verschiebung des Welterschöpfungstags im vergangenen Jahrzehnt weiter, kommt man zum Ergebnis, dass er nach einer weiteren Dekade bei der Jahresmitte angekommen sein wird. Das deckt sich relativ genau mit einer Prognose, die der WWF, eine Partnerorgansation des Global Footprint Network, im Jahr 2010 veröffentlichte. In ihrem "Living Planet Report" kam die Umweltorganisation damals zum Schluss, dass die Menschheit bis zum Jahr 2030 zwei Erden brauchen würde, um nachhaltig zu leben. (jdo, tberg, red, APA, 1.8.2018)