Wie weiter beim AMS? Im Raum stehen offenbar Kürzungen in Höhe von maximal 220 Millionen Euro.

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Rund um die Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Österreich ist neuerlich ein Streit ausgebrochen. Das Arbeitsmarktservice (AMS) muss im kommenden Jahr womöglich mit deutlich weniger Geld auskommen als geplant. Nach Informationen des STANDARD geht es um 220 Millionen Euro.

Auf Basis der mehrjährigen Finanzplanung der türkis-blauen Regierung ist die Geschäftsführung des AMS davon ausgegangen, dass im kommenden Jahr ein Budget von etwa 1,251 Milliarden Euro für Arbeitsmarktförderung zur Verfügung stehen wird. Um auf diesen Betrag zu kommen, hat die Geschäftsführung des AMS damit gerechnet, eine Finanzreserve anzapfen zu können.

Das AMS-Gesetz schreibt vor, dass laufend eine Arbeitsmarktrücklage gebildet werden muss. Dieses Reservebudget ist für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bei besonderem Bedarf gedacht. Es speist sich aus mehreren Quellen. Unter anderem werden Beiträge von Versicherten über 60 Jahre zur Arbeitslosenversicherung dafür verwendet und Bußgelder nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Rund 400 Millionen Euro haben sich über diesen Reserveposten bisher angesammelt, das Geld wird vom AMS veranlagt.

Regelmäßiger Rückgriff

In den vergangenen Jahren konnte die AMS-Führung immer auf Teile der Rücklage zugreifen. Das war auch der Plan für 2019: Wie DER STANDARD erfahren hat, waren 170 Millionen für aktive Arbeitsmarktpolitik und rund 50 Millionen für AMS-Personalkosten vorgesehen. Dagegen soll es Widerstände innerhalb des Sozial- und Finanzministeriums geben. Über eine Freigabe der Reserve entscheidet letztlich Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).

Dem Vernehmen nach hat sich ihr Kabinettschef Volker Knestel gegen eine Verwendung der Gelder ausgesprochen. Unterstützung dafür soll er aus dem Finanzministerium bekommen haben. Das Sozialministerium wollte auf Anfrage nichts sagen, da Budgetverhandlungen für 2019 noch laufen. "Man habe keine Informationen" zu der Sache und könne daher nichts sagen, hieß es aus dem Finanzministerium.

Weniger Arbeitslose dank guter Konjunktur

Ohne Auflösung der Reserve stünden dem AMS für 2019 laut internen Rechnungen nur rund 1,05 Milliarden Euro für Förderungen zur Verfügung. Im Jahr 2018 gibt das AMS 1,4 Milliarden aus. Die Budgetkürzung würde also im Extremfall bis zu 25 Prozent betragen. Das Budget des AMS muss vom Verwaltungsrat abgesegnet werden, in dem neben Vertretern des Sozial- und Finanzministeriums auch solche der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sitzen.

Bereits im Februar war ein Streit um die Arbeitsmarktmittel ausgebrochen. Damals ging es um das Budget für 2018: Die türkis-blaue Regierung hatte die AMS-Mittel im Vergleich zum Voranschlag von Ex-Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) gekürzt. Wegen der deutlich verbesserten Konjunkturlage ist die Zahl der Arbeitslosen aber unerwartet stark zurückgegangen. Pro Kopf sind die Ausgaben also etwa gleich geblieben.

Befürworter einer Mittelkürzung für 2019 argumentieren auch diesmal mit der besseren Konjunktur. Die österreichische Wirtschaft wächst stark. Die Arbeitslosigkeit ist um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Laut Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo soll der Rückgang weitergehen – aber deutlich verlangsamt.

Auf der Bremse

Die AMS-Führung hat die regionalen Landesgeschäftsführungen bereits angewiesen, nur noch zurückhaltend neue Aufträge an Bildungseinrichtungen für das kommende Jahr zu vergeben. "Sollten wir keine Rücklagen auflösen können, werden wir deutlich auf der Bremse stehen müssen, was unsere Angebote betrifft", sagt AMS-Vorstand Johannes Kopf.

Das AMS-Budget soll endgültig erst im Herbst im Verwaltungsrat beschlossen werden, bis dahin soll es noch Verhandlungen geben. Final entschieden ist also noch nichts.

Die AMS-Förderungen haben dazu beigetragen, dass der Aufschwung so kräftig ausfällt, sagt Kopf. Als positives Beispiel nennt er die Möglichkeit, eine überbetriebliche Lehre beim AMS zu absolvieren. Kopf gibt zu bedenken, dass mit 340.000 Menschen der Bestand an Arbeitslosen nach wie vor hoch ist. Wie stark auf aktive Arbeitsmarktpolitik gesetzt werde, entscheide letztlich die Politik.

AMS wird Planstellen kürzen

Über die kommenden zwei bis drei Jahre sollten beim AMS wegen der besseren Konjunktur rund 200 Personalposten abgebaut werden. Sollte die Reserve gar nicht angezapft werden, werde es zu deutlicheren Kürzungen beim Personalbudget kommen müssen, sagt Kopf. Das AMS beschäftigt rund 6.000 Menschen.

Wenn die Regierung sich dafür entscheidet, die Arbeitsmarktreserve nicht anzurühren, könnte dies vor dem Hintergrund einer geplanten Steuerreform geschehen. Bis 2022 ließe sich derart mehr als eine Milliarde ansparen. (András Szigetvari, 1.8.2018)