Seit 1. August gelten in Wien strengere Regeln für die Betreiber von stationslosen Leihraddiensten. Maximal 1.500 Bikes dürfen im Stadtgebiet verteilt sein, sie müssen mit einer fortlaufenden Nummer markiert werden. Grund für diese Änderung waren Verkehrsbehinderung durch schlecht abgestellte Räder und verstopfte Fahrradständer.

Ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerutscht ist der aus Singapur stammende Betreiber Obike, der im vergangenen Sommer in Wien gestartet ist. Das Unternehmen steckt in ernsten finanziellen Turbulenzen und wird mittlerweile von einem Masseverwalter geführt. Das Wiener Büro wurde ohne Ankündigung geräumt, Kontaktaufnahmen bleiben unbeantwortet. Dementsprechend rechneten viele Beobachter damit, dass man sich auch nicht um die eigene Radflotte in Wien kümmern werde.

Noch im Juli lagen vielerorts in Wien Obikes herum, die teils in desolatem Zustand waren.
Foto: derStandard.at/Pichler

500 Räder am ersten Tag

Und sie sollten recht behalten. Wie die MA 48 gegenüber dem STANDARD erklärt, hat man allein am 1. August rund 500 nicht markierte Fahrräder eingesammelt, mittlerweile sind es über 700. Bei fast allen soll es sich um Obikes gehandelt haben. Auch einzelne Drahtesel des Konkurrenzen Ofo waren darunter. Dieser hatte schon vor einigen Wochen seinen Rückzug bekanntgegeben, konnte aber nicht alle Räder aufspüren.

Für jedes gefundene Rad gilt eine zweimonatige Frist, innerhalb welcher der Anbieter seine Ansprüche bei der MA 48 geltend machen kann – freilich gegen Erstattung der Unkosten. Verstreicht diese Zeit, geht das Gefährt in das Eigentum der Stadt Wien über.

Die MA 48 sammelt seit 1. August die Räder ein.
Foto: MA48

Schicksal der Bikes noch unklar

Was mit den gesammelten Obikes und Ofos passiert, steht laut MA 48 noch nicht fest. Man müsse die Frist abwarten und werde die übrigen Räder danach auf ihren Zustand untersuchen. Eine potenzielle Variante ist ein Verkauf über den eigenen Flohmarkt der Magistratsabteilung.

Die MA 48 bittet zur Auffindung der restlichen Fahrräder um sachdienliche Hinweise. Wer eines der Räder findet, kann den Standort entweder über die Sag's-Wien-App oder telefonisch an die Stadtinformation (+43 1 50 2 55) durchgeben.

An der MA-48-Sammelstelle parken die Drahtesel dicht an dicht.
Foto: MA48

Obike soll Geld der Kunden versteckt haben

Derweil entwickelt sich das Ende von Obike zu einem Wirtschaftskrimi, berichtet die "Straits Times". Wie das für die Liquidierung beauftragte Unternehmen FTI Consulting berichtet, hat das Unternehmen offenbar 7,3 Millionen Dollar von einem Konto mit 8,54 Millionen an ein Schwesterunternehmen in Hongkong transferiert und anschließend aufgrund des neuen Kontostandes erklärt, keinerlei Zahlungen leisten zu können. Bei dem Geld soll es sich unter anderem um Kautionen handeln, die Nutzer aus Singapur für die Inanspruchnahme des Radverleihs hinterlegen mussten. FTI hat angekündigt zu versuchen, das Geld wiederzubeschaffen.

In Österreich waren dies 79 Euro. Kurz bevor der Masseverwalter übernahm, hatten sich schon Berichte aus verschiedenen Ländern gehäuft, wonach die Kaution erst mit großer Verzögerung oder gar nicht ausbezahlt würde. Der VKI hat empfohlen, Ansprüche an die Hauptgesellschaft in Singapur zu richten. Die Chancen, das Geld wieder zu bekommen, dürften aber schlecht stehen. (gpi, 3.8.2018)