"Zeit für die wirklich wichtigen Dinge – meine Freundin, meine Freunde, meine Familie – habe ich nicht so viel, wie ich gerne hätte", sagt ein Pilot (Name ist der Redaktion bekannt).

Die Zeitpläne seien eng, er sei wenig zu Hause, Freunde und Familie kämen manchmal zu kurz – trotzdem sei es sein Traumjob, sagt ein Pilot, den wir für diese Serie befragt haben. Der 29-Jährige ist seit zwei Jahren bei einer Airline tätig. Seine Arbeitszeiten seien ganz unterschiedlich, erzählt er. Manchmal müsse er früh aufstehen, manchmal in der Nacht fliegen. Es könne auch vorkommen, dass er mehrere Tage am Stück unterwegs ist. In der Luft verbringe er um die 50 Stunden pro Monat. Den Großteil seiner Arbeitszeit mache jedoch die sogenannte "Duty Time" aus: Flugvorbereitung und -nachbereitung, Tranporte zum Flugzeug oder zum Hotel, Umsteigen, Wartezeiten zwischen den Flügen. Damit sei er circa 150 Stunden pro Monat beschäftigt.

Wir haben den jungen Mann unter anderem gefragt, was er an seinem Beruf mag und wie es ihm gelingt, Arbeit und Privatleben zu vereinbaren.

STANDARD: Was mögen Sie an Ihrem Beruf?

Antwort: Zunächst einmal das Fliegen an sich. Beim Start muss ich immer wieder lächeln, egal wie schlecht das Wetter ist oder wie früh ich aufgestanden bin. Ich wollte schon als Kind Pilot werden. Zu wissen, das ist jetzt wirklich mein Beruf, macht mich glücklich. Die theoretische Ausbildung und das Training waren zwar lang, aber es hat sich gelohnt.

Was ich außerdem an meinem Job mag, ist, dass ich immer wieder in einem neuen Team arbeite, fast jeden Tag neue Kollegen und Kolleginnen um mich habe. Nicht wie im Büro, wo man jeden Tag die gleichen Gesichter sieht. Ein weiterer Pluspunkt: die Herausforderung, die Passagiere – trotz widriger Wetterbedingungen und teils unrealistischer Flugpläne – möglichst pünktlich und natürlich sicher zum Ziel zu bringen.

STANDARD: Was würden Sie an Ihrem Beruf ändern, wenn Sie könnten?

Antwort: Die unregelmäßigen Arbeitszeiten sind an sich nichts, was mich stört, aber schon, dass man nur sehr schwer planen kann. Ich kann mir zum Beispiel keinen fixen Termin zum Tennisspielen ausmachen. Ich bin auch oft am Wochenende nicht da, wenn Freunde, die nicht in der Branche arbeiten, Zeit haben.

Leider gibt es auch wenig Verständnis von Passagieren, wenn mal etwas schiefgeht. Wir tun alles, damit wir sicher ankommen, und treffen unangenehme Entscheidungen nicht leichtfertig. Gestern etwa konnten wir wegen eines Gewitters nicht auf unserem Zielflughafen landen, weil es einfach nicht sicher gewesen wäre. Einige Fluggäste haben sich lauthals beschwert. Jeder meint, besser zu wissen, was zu tun ist. Jeder denkt, er wäre Experte.

STANDARD: Was sagen andere zu Ihrem Beruf?

Antwort: Da muss man andere fragen. (lacht) Die Reaktionen sind sehr gemischt – viele sind beeindruckt und stellen Fragen. Das liegt, glaube ich, daran, dass sich jeder unter dem Beruf etwas vorstellen kann, jeder fliegt, und doch hat kaum jemand Einblick, wie es wirklich hinter der Cockpit-Türe abläuft. Was war deine brenzligste Situation? Wie bereitet man sich auf den Ernstfall vor? Das sind Fragen, die ich häufig gestellt bekomme. Aber auch: Wieso gibt es derzeit so viele Verspätungen?

Andere kommen aber auch mit Klischees daher. Zum Beispiel: Schlafen wirklich alle Piloten mit Flugbegleiterinnen? Fliegt nicht eh nur der Autopilot? Verdienen Piloten wirklich so viel?

STANDARD: Wie gelingt es Ihnen, Arbeit und Privatleben zu vereinbaren?

Antwort: Es gibt bei mir einen ganz wesentlichen Unterschied zwischen freier Zeit und Freizeit. Von der freien Zeit – Zeit, in der ich nicht arbeite – habe ich im Grunde genommen genug, davon verbringe ich allerdings einen nicht unwesentlichen Teil weg von zu Hause, in anderen Ländern und Städten. Das ist für mich keine Freizeit im eigentlichen Sinn, weil ich nicht selbst darüber bestimmen kann. Freizeit – Zeit für die wirklich wichtigen Dinge: meine Freundin, meine Freunde, meine Familie – habe ich deshalb nicht so viel, wie ich gerne hätte. Es ist jeden Monat wieder eine Herausforderung, mein Privatleben meinem Dienstplan anzupassen. Mal gibt es Monate, wo das leichter geht, und mal Monate, wo das schwieriger ist.

Nicht falsch verstehen– ich habe damit gerechnet, in meinem Beruf auch mal nicht daheim zu sein. Womit ich nicht gerechnet habe, ist, wie groß tatsächlich oft die Belastung ist. Wenn man an wichtigen Geburtstagen, zu Weihnachten, an Silvester nicht bei seinen Liebsten ist. Und bis zu 16 Nächte pro Monat nicht im eigenen Bett schläft.

STANDARD: Würden Sie auch arbeiten, wenn Sie finanziell ausgesorgt hätten?

Antwort: Auf jeden Fall, weil ich viel Spaß an meiner Arbeit habe. Ich würde aber Teilzeit fliegen, um meine Freunde öfter zu sehen und mehr Zeit mit der Familie zu verbringen.