Burgenlands Landesrat Hans Peter Doskozil (SPÖ) sorgt mit einem Interview für Aufregung im Netz.

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Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) rüffelt die Wiener "Zündler" .

Wien – Ein Tweet eines Wiener Roten aus den hinteren Rängen und ein Interview eines SPÖ-Landespolitikers mit dem Boulevard, und schon befindet sich die SPÖ – zumindest in den Blasenwelten des Internets – in einem Richtungsstreit zwischen Fundis und Rot-Grün und inmitten einer neuen Obmanndiskussion.

Genau solche Debatten kann Peter Kaiser, der Kärntner SPÖ-Chef und Landeshauptmann, nur schwer nachvollziehen, da wähne er sich in einem anderen Film. Denn noch Stunden, bevor der Wirbel losbrach, war alles eitel Wonne. Die Führung der SPÖ sei nach der Vorstandssitzung, in der das jetzt in die Kritik geratene neue Parteiprogramm vorgestellt wurde, "in bester Stimmung" auseinandergegangen. Der neue "weltoffene Weg" der SPÖ habe einhellige Zustimmung gefunden.

Dann kam der Internetauftritt des burgenländischen Landesrats Hans Peter Doskozil. Zuvor hatte noch ein Wiener SPler und Mitstreiter des ehemaligen SPÖ-Chefs Werner Faymann in einem Tweet von der "Faymann-Ära" geschwärmt. Eine Spitze gegen Parteichef Christian Kern.

Neue rote Migrationspolitik

Der künftige Landeshauptmann Doskozil wurde jedenfalls – in der "Kronen Zeitung" befragt – über das neue rote Parteiprogramm mit den Worten zitiert: "Wir dürfen keine grünlinke Fundi-Politik betreiben. Da schaffen wir uns selbst ab." Der neue Kurs mit den Schwerpunkten Klima und Weltoffenheit habe ihn überrascht. Das Thema Migration dürfe nicht ignoriert werden.

"Wird es ja auch nicht. Zuwanderung ist ein zentrales Thema unseres Programms. Wir brauchen dringend eine vernünftige, deeskalierende Migrationsstrategie", sagt Kaiser zum STANDARD. "Ich leite ja gemeinsam mit Hans Peter Doskozil eine entsprechende Programmgruppe."

Daran will auch SPÖ-Chef Kern im STANDARD-Gespräch nachdrücklich erinnern: "Ich habe Peter Kaiser und Hans Peter Doskozil explizit beauftragt, eine Integrationsposition als Grundlage für den Parteitag festzulegen." Auf Facebook verteidigte Kern schließlich die Entscheidung, einen Fokus der Partei auf den Klimaschutz zu legen: "Manche möchten vielleicht noch geneigt sein, dieses Thema als unwichtig oder Randerscheinung abzutun. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Sozialdemokratie mit gleicher Leidenschaft um dieses Thema kümmern muss, mit der wir unseren Kampf für soziale Gerechtigkeit führen."

Für die SPÖ, sagt Kaiser, gehe es jetzt auch nicht darum, "plötzlich grün" zu werden, "sondern darum, sich auch um die heimatlosen FPÖ-Wähler, die heimatlosen Grün-Wähler und die Kurz-Enttäuschten zu kümmern und ihnen ein Angebot zu machen".

Rüffel für Wiener "Zündler"

Einen Rüffel von Kaiser setzt es für die "Zündler" in der Wiener SP: "Wer jetzt in dieser Situation Unfrieden schürt, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden." Womöglich gebe es noch alte Rechnungen zu begleichen in der Wiener SPÖ, "aber das spricht nicht unbedingt für die Qualität der handelnden Leute".

Angestoßen hatten den Wirbel dem Vernehmen nach alte Weggefährten von Ex-Kanzler Werner Faymann. Der eigentliche Hintergrund soll einen heiklen Punkt im neuen Parteiprogramm betreffen. Konkret geht es um die Begrenzung der Funktionen auf zehn Jahre. "Das würde einige Parteigrößen in Wien treffen, und die kochen jetzt und sind stinksauer", heißt es in der Bundespartei.

Aus den Ländern erhielt Kern jedenfalls rundum – von Vorarlberg bis Niederösterreich – Unterstützung, und Doskozil bekam schwere Kritik ab. Oberösterreichs Landesparteichefin Birgit Gerstorfer etwa richtet ihm aus: "Die paar Zwischenrufe aus dem Burgenland gehen im Neusiedler See unter." Burgenlands Parteichef Hans Niessl versuchte eilig zu kalmieren: Beide Meinungen, sowohl jene von Kern als auch jene von Doskozil, hätten Berechtigung. (Walter Müller, 10.8.2018)