Bild nicht mehr verfügbar.

Präsident Erdogan mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, Ankara, APril 2018

Foto: Reuters/Kayhan Ozer/Presidential Palace

Istanbul/Washington –Inmitten der Währungskrise erhält die Türkei Unterstützung von Katar. Der Emir des arabischen Landes, Tamim bin Hamad al-Thani, sagte dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch Direktinvestitionen im Volumen von 15 Milliarden Dollar zu. Katar erklärte, das Emirat werde in diesem Volumen eine Reihe von Investitionen tätigen und Wirtschaftsprojekte finanzieren.

Informationen aus türkischen Regierungskreisen zufolge soll das Geld in die Finanzmärkte fließen und an Banken gehen. Die türkische Akbank trat unterdessen Befürchtungen entgegen, die Lira-Krise könnte heimische Geldhäuser in Bedrängnis bringen.

Partnersuche

Ansonsten gilt: Einknicken ist nicht vorgesehen. In der dritten Woche des beispiellosen Konflikts zwischen der Türkei und den USA sucht Tayyip Erdogan nun nach Partnern: Neben Financiers aus dem Golf auch politische Fürsprecher in Europa, um die Währungskrise auszusitzen. 1,6 Milliarden Dollar soll Erdogans Schwiegersohn, Finanzminister Berat Albayrak, von seinem kuwaitischen Kollegen erbeten haben, als er vergangenen Sonntag rasch zum Golf flog und mit Najef Al-Hajraf eine Dreiviertelstunde lang am Flughafen von Kuwait-Stadt sprach.

ORF

Al-Hajraf ließ danach dementieren, dass es um eine Milliardenspritze ging. Plausibel klang das nicht. Am Mittwoch war der Emir von Katar, Scheich Tamim, bei Erdogan im Präsidentenpalast in Ankara. Tamim ist ein zahlungskräftiger Verbündeter der Türken. Er war es auch, der nach der Putschnacht im Juli vor zwei Jahren seine Leibgarde nach Ankara sandte, um Erdogan zu schützen.

Wer mit wem telefoniert

Auf der politischen Seite kündigte der Präsidentenpalast am Mittwoch Telefongespräche Erdogans mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatschef Emmanuel Macron an. Beide sollen den Türken in der Auseinandersetzung mit Donald Trump zur Seite stehen. Die türkische Währungskrise, die der US-Präsident mit seinen Sanktionen entfacht hatte, sind auch ein Risiko für Europa. Trumps Drohungen gegen wegen des Handels mit dem Iran wollen sich die Europäer ohnehin nicht bieten lassen.

Ankara ging im Streit um den in der Türkei festgehaltenen Pastor Andrew Brunson indes in die nächste Runde gegen Trump und erließ Strafzölle gegen den Import von Gütern aus den USA. Handelsministerin Ruhsan Pekanek bezifferten ihren Wert mit 533 Mio. Dollar. Die USA stehen bei Importen in die Türkei an vierter Stelle hinter China, Deutschland und Russland. Güter mit einem Wert von insgesamt knapp zwölf Mrd. Dollar waren 2017 eingeführt worden, etwa halb so viel wie aus China oder aus Deutschland.

iPhone-Boykott verhallt

Elektronische Geräte fehlen allerdings auf Erdogans Liste der Strafzölle. Der türkische Präsident hatte zuvor noch in einer Rede einen Boykott insbesondere von iPhones angekündigt, ohne dass klar wurde, wie ein solcher Boykott umgesetzt und kontrolliert werden soll.

Parallel zu der Verhängung der Strafzölle wies die zweite Kammer des Gerichts für schwere Straftaten in Izmir am Mittwoch abermals einen Antrag von Brunsons Anwalt ab, den Pastor aus dem Hausarrest zu entlassen und dessen Ausreiseverbot aufzuheben. Der Anwalt, Ismail Cem Halavurt, kündigte daraufhin den Gang vor ein höheres Gericht in Izmir an. Dem 50-jährigen evangelikalen Pastor drohen bis zu 15 Jahre wegen angeblicher Unterstützung von Terrororganisation sowie weitere 20 Jahre Haft wegen Spionage.

Keine Seite deutet die Bereitschaft zum Nachgeben an. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin versuchte aber sehr wohl, eine Tür offen zu lassen. Wenn die USA eine konstruktive Haltung einnähmen, dann wäre auch die Türkei bereit, die Gespräche zur Beilegung des Konflikts fortzusetzen. Neben Brunson, der nach knapp zwei Jahren in Untersuchungshaft nun unter Hausarrest steht, geht es um ein Dutzend weiterer inhaftierter US-Bürger sowie um zwei türkische Mitarbeiter von US-Konsulaten. Ein Gericht in Izmir lehnte am Mittwoch erneut Brunsons Freilassung ab.

Die türkische Bankenaufsicht deckelte derweil zum zweiten Mal diese Woche deutlich den Umfang für Tauschgeschäfte heimischer Geldinstitute mit Devisen. Türkische Banken dürfen solche Swaps mit ausländischen Investoren nur noch in der Höhe von maximal 25 Prozent des Eigenkapitals durchführen. Gleichzeitig hatte Finanzminister Albayrak versichert, es würden keine Kapitalkontrollen eingeführt. Dies führte offenbar zur deutlichen Erholung der Lira am Mittwoch. Erstmals seit einer Woche sank die Währung zeitweise unter die Marke von sechs Lira für einen US-Dollar. Am Montag hatte sie als Reaktion auf eine Rede Erdogans ein Rekordtief von 7,24 erreicht.

Tanz um die Zinserhöhung

Eine Erhöhung der Leitzinsen, wie sie praktisch die Gesamtheit der Ökonomen empfiehlt, will die türkische Führung offensichtlich weiter vermeiden. Die nächste Sitzung des Führungsgremiums der türkischen Zentralbank ist erst für den 13. September festgesetzt.

Die Verschuldung der türkischen Privatwirtschaft in Fremdwährungen – hauptsächlich US-Dollar – belief sich nach neuen, am Mittwoch veröffentlichten Zahlen der Zentralbank auf 221,7 Milliarden Dollar an langfristigen und 19,1 Milliarden Dollar an kurzfristigen Anleihen. Die Hälfte dieser Schulden haben türkische Banken aufgenommen.

IWF: Keine Anfrage der Türkei auf Finanzhilfen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat nach eigenen Angaben weiter keine Anzeichen dafür, dass die Türkei in ihrer aktuellen Krise den Fonds um finanzielle Unterstützung bitten will. Das sagte eine IWF-Sprecherin am Donnerstag in Washington.

Sie fügte hinzu, der IWF beobachte die Lage in der Türkei genau. Man habe das Land aufgefordert, gegen seine wirtschaftlichen Ungleichgewichte vorzugehen. (Markus Bernath, APA, 15.8.2018)

Anmerkung: Dieser Artikel wurde upgedatet