Die geophysikalische Prospektion in der Archäologie blickt mittlerweile auf eine lange Entwicklung zurück. Erste Versuche, archäologische Strukturen durch lokale Anomalien im Erdmagnetfeld aufzuspüren, begannen bereits in den 40er und 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Seitdem haben Forscher eine Vielzahl an geophysikalischen Methoden für den Gebrauch in der Archäologie adaptiert, darunter zum Beispiel Bodenradar- und Bodenwiderstandsmessung.

All diese Methoden verwenden dabei unterschiedliche physikalische Prinzipien, um archäologische Strukturen im Boden zu detektieren. Besonders erfolgreich zeigten sich dabei die magnetische Prospektion und der Einsatz des Bodenradars. Bis vor etwa 20 Jahren wurden geophysikalische Prospektionsdaten von Hand erhoben, die relativ kleinen Messgeräte also tatsächlich allein oder zu mehrt über ein Feld gezogen oder geschoben; eine zeit- und kräfteraubende Angelegenheit, die die prospektierbare Fläche pro Tag stark limitierte. Doch hier hat sich einiges getan.

Motorisierte Messungen

Rasche Fortschritte in Technologie und Rechenleistung haben die Motorisierung von Magnetik- und Bodenradarmessungen ermöglicht. Damit wurde es möglich, ganze Landschaften großflächig und zugleich hochauflösend in relativ kurzer Zeit zu prospektieren. Gute Beispiele sind das hier im Archäologieblog bereits vorgestellte Stonehenge-Hidden-Landscape-Projekt und das ArchPro-Carnuntum-Projekt, die vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie im Zuge der Grundlagenforschung, und hier im Besonderen zur Implementierung motorisierter Prospektionsmethoden, durchgeführt wurden.

Von der Grundlagenforschung zur standardmäßigen Anwendung, etwa im Denkmalschutz, ist es jedoch oft ein weiter Weg. Während der Einsatz nicht-motorisierter Prospektionen für die Vorabuntersuchung von gefährdeten und/oder zur Bebauung vorgesehener Flächen in vielen Ländern regelmäßig durchgeführt wird, wird der motorisierte Einsatz vor allem des Bodenradars nur eingeschränkt praktiziert.

Norwegens Vorreiterrolle

Das liegt zum einen an den hohen Anschaffungs- und Wartungskosten der Messgeräte, aber auch am teilweisen Fehlen geeigneter Software, die die Mengen an gesammelten Daten bewältigen kann. Zum anderen spielen auch externe Faktoren eine Rolle: die zu untersuchenden Flächen müssen von den Messgeräten befahren werden können, sowohl was die Größe angeht (zu kleine Flächen zahlen sich nicht aus), als auch die Topographie (zu steile Areale können durchaus gefährlich für Zugfahrzeug und Fahrer werden), die Vegetation (man denke an Weingärten oder dichte Wälder) und nicht zuletzt die Bodenverhältnisse (wer jemals ein 1,5 Tonnen schweres MIRA-Bodenradar aus dem Schlamm gezogen hat …).

Eine Vorreiterrolle im Einsatz des Bodenradars für den Denkmalschutz hat Norwegen inne, wo das Norsk institutt for kulturminneforskning (NIKU), zu Deutsch das Norwegische Institut für Kulturerbeforschung, seit 2015 mit zwei motorisierten Bodenradargeräten operiert. Das dabei eingesetzte Know-how stammt zu großen Teilen aus Österreich und wurde im Rahmen des in Wien ansässigen LBI ArchPro entwickelt, das seit 2010 in NIKU einen wichtigen Forschungspartner hat.

Schwieriges Terrain

In den letzten drei Jahren wurden im Zuge dessen bereits zahlreiche größere und kleinere geophysikalische Prospektionsprojekte in unterschiedlichen Teilen Norwegens durchgeführt. Dabei präsentiert sich Norwegen als durchaus schwieriges Terrain für die geophysikalische Prospektion.

Das liegt zum einen an seiner bewegten jüngeren geologischen Geschichte: Von der vollständigen Vereisung bis hin zur nacheiszeitlichen Landhebung und damit verbundenen starken Meeresspiegeländerungen. Zum anderen sind im skandinavischen Raum nur relativ kurze Zeiträume innerhalb eines Jahres zur Durchführung von motorisierter Bodenradarprospektion auf landwirtschaftlich genutzten Flächen geeignet: Wenige Wochen im Frühling nach der Schneeschmelze und bis zum Wachsen der Nutzpflanzen und ebenfalls einige Wochen im Herbst nach der Ernte.

Einzigartiges Projekt

Eines der größten bislang durchgeführten Projekte war das InterCity-Vestfold-Projekt – die archäologische Erfassung aller Flächen innerhalb der geplanten Trasse der neuen Eisenbahnverbindung von Oslo ins weiter südliche Larvik. Innerhalb des rund 27 Kilometer langen und bis zu 200 Meter breiten ersten Teilstückes zwischen den Ortschaften Nykirke und Barkåker konnten dabei im Laufe zweier Messkampagnen im Frühling und Herbst 2017 über 90 Hektar geophysikalisch untersucht werden. Obwohl dabei lediglich sehr wenige archäologische Spuren, Reste einiger weniger Grabhügel und einzelne Siedlungsspuren, entdeckt wurden – dieses Ergebnis wurde im Anschluss mit traditionellen archäologischen Methoden verifiziert –, handelt es sich um ein weltweit einzigartiges Projekt. Einerseits aufgrund der Größe der untersuchten Flächen, zum anderen weil hier erstmals motorisierte Bodenradarprospektion großflächig als primäre Methode zur archäologischen Vorabuntersuchung im Rahmen eines nationalen Infrastrukturprojektes eingesetzt wurde.

NIKU
InterCity-Projekt: Gefunden wurde hier zwar kaum Archäologie, dafür enthalten die Daten wichtige Informationen über die moderne Infrastruktur und des geologischen Aufbaus der Fläche.
Foto: NIKU

Projekt auf den Lofoten

Gemeinsam mit Statens Vegvesen, der norwegischen staatlichen Straßenbau- und Verkehrsbehörde, hat NIKU in den letzten Jahren aber auch eine Reihe kleinerer Projekte in den verschiedensten Landesteilen Norwegens – vom arktischen Norden auf den Lofoten, dem Fjordland entlang der Westküste bis hin zu den zentralen Gebirgen – durchgeführt.

Das motorisierte 400 Mhz-Multi-Antennen-MIRA-Bodenradar von Malå Geoscience auf den Lofoten im Einsatz.
Foto: NIKU

Prospektion im engen Trogtal

Ziel dieser Projekte war in erster Linie, die Bodenradarmethode in unterschiedlichen Gebieten mit oft verschiedenen Typen archäologischer Strukturen und verschiedenen landschaftlichen Rahmenbedingungen zu testen. Das Romsdal-Projekt, in der Møre og Romsdal Fylkeskommune im Westen Norwegens gelegen, erbrachte bislang die spannendsten Befunde. Das Untersuchungsgebiet im unteren Bereich des Romsdalen nahe des Fjordendes, ist geprägt von einem nur wenige hundert Meter breiten Talboden und beinahe senkrecht ansteigenden Felswänden. Dieses enge Trogtal bietet die Gelegenheit zur vollständigen Untersuchung des Gebietes.

Wenig überraschend konnten hier zahlreiche archäologische Strukturen entdeckt werden, darunter eine große eisenzeitliche Siedlung mit deutlichen Hausgrundrissen und insgesamt über 1000 einzelnen Strukturen. Einige eisenzeitliche Grabhügelfelder mit einem herausragenden schiffsförmigen Langhügel bis hin zu den ersten befestigten Straßen Norwegens – so genannte Kongevegen – aus der frühen Neuzeit runden das breit gefächerte Befundbild im Romsdal ab.

Selten hat man solche Szenerien wie im Romsdal – hautnahe Lawinenabgänge inklusive.
Foto: NIKU
Der rote Kreis markiert die Position des Bodenradars während des Lawinenabgangs – ein Schauspiel, das sich des Öfteren wiederholte.
Foto: Niku
NIKU
Romsdal: die Interpretation der Bodenradardaten zeigt eine dicht bebaute eisenzeitliche Siedlung der Fundstelle Horgheim.
Foto: NIKU
NIKU
Ein großer, schiffsförmiger Grabhügel und zahlreiche weitere Siedlungsspuren an der Fundstelle Flatmark.
Foto: NIKU

Trend zur Zweit- und Drittnutzung der Daten

Die Entwicklung der motorisierten Bodenradarprospektion in Norwegen geht momentan in Richtung einer Zweit- oder auch Drittnutzung der Daten durch Grundbesitzer, Landwirte oder auch Akteure bei großen Infrastrukturprojekten im Straßen- und Eisenbahnbau. Zu nennen wären hier relevante Informationen über beispielsweise Drainagesysteme und andere moderne Infrastruktur, die Tiefe zum anstehenden Felsen oder der Verlauf alter Fluss- und Bachbetten; hydrologische und geologische Informationen, die ohne die für die Archäologie gesammelten großflächig-hochauflösenden Bodenradardaten nicht zur Verfügung ständen. (Petra Schneidhofer, Erich Nau, 16.8.2018)