Immobilien geben heimischen Anlegern genug Sicherheit, um ihr Börserl für Investitionen zu öffnen.

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Die noch recht junge Branche für Schwarmfinanzierungen schwimmt auf der Welle der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Zu deren Nutznießern zählen die Crowdinvesting-Plattformen nicht nur deshalb, da sie von der Unwilligkeit vieler Anleger profitieren, ihr Geld auf nur feigenblattartig verzinsten Sparbüchern versauern zu lassen. Da wirken jene 5,86 Prozent, welche bei den 74 Crowdinvesting-Projekten im ersten Halbjahr in Aussicht gestellt wurden, durchaus verlockend.

Die Folge war ein deutlicher Anstieg an erfolgten Finanzierungen im ersten Halbjahr 2018 am heimischen Markt. Insgesamt 16,76 Millionen Euro haben Anleger in Schwarmfinanzierungen gesteckt, wie aus Informationen der Brancheninformationsplattform Crowdcircus.com hervorgeht. Damit wurden zum Halbjahr bereits fast zwei Drittel des gesamten Vorjahresvolumens erreicht. Allerdings war die Entwicklung der einzelnen Segmente für Crowdinvesting ebenso unterschiedlich, wie auch deren Risiken ungleich verteilt sind.

Auf solidem Fundament

Als vergleichsweise risikoarm gelten Immobilienprojekte, was gut mit dem hohen Sicherheitsbedürfnis heimischer Anleger korrespondiert. Zudem hält das tiefe Zinsniveau den Immobilienboom am Köcheln und damit auch die Bautätigkeit, wo man in manchen Segmenten Crowdinvesting als ergänzende Geldquelle entdeckt hat. Die Folge: In beinahe drei von vier Fällen haben Österreicher bei Betongold zugeschlagen, insgesamt 12,1 Millionen Euro flossen in 40 Projekte. Darunter auch das größte Crowdinvesting-Projekt des ersten Halbjahrs, die 1,5 Millionen Euro schwere Mitfinanzierung der Immobilien-Plattform Rendity des Luxusneubaus No10 in der Wiener Renngasse.

Aber wie wird es der Crowdinvesting-Branche ergehen, wenn das risikolose Sparbuch eines Tages – es wird erwartet, dass die EZB 2019 von ihrer Nullzinspolitik abkehren wird – wieder zwei Prozent pro Jahr oder mehr abwerfen sollte? "Das hätte schon Auswirkungen. Aber es wird den Bereich Crowdinvesting nicht schwer beschädigen", sagt Wolfgang Deutschmann, Geschäftsführer der Grazer Plattform-Familie Rocket (Green, Lion und Home). Einerseits würden die Zinsen ebenfalls höher ausfallen, außerdem sind Schwarmfinanzierungen ihm zufolge mehr als eine reine Geldquelle.

Deshalb ortet Deutschmann besonders bei KMU-Finanzierungen noch "unentfaltetes Potenzial": "KMU ist definitiv ein Bereich, wo noch wenig aufgeklärt wurde, was Crowdinvesting betrifft." Viele Mittelständler würden die Möglichkeiten abseits der reinen Finanzierung, etwa bei Marketing oder der Kundenbindung, noch nicht erkennen.

Kommunale Projekte möglich

Als künftig "denkbar und möglich" bezeichnet Deutschmann, der über die drei Rocket-Plattformen derzeit die Segmente Immobilien, KMUs und Start-ups bedient, auch kommunale Projekte, also gewissermaßen Public-private-Partnerships mit Schwarmfinanzierung. Bisher gebe es jedoch keine Projekte in diesem Bereich. "Es ist auch keine Schiene, die wir derzeit bewusst forcieren", sagt Deutschmann.

Am oberen Ende der Risikoskala sind freilich Start-up-Finanzierungen anzusiedeln, wobei dieses in der Regel durch ein höheres Ertragspotenzial kompensiert wird – wenn die Geschäftsidee auch aufgeht. Dass dies nicht immer der Fall ist, zeigt die Pleite der Wiener Firma Nixe Bier, die als Anbieter von kohlehydratarmem Bier und Radler nach sechs Jahren finanziell trockengefallen ist. Als Ursache führt Gründer Constantin Simon letztlich die hohen Kosten der Absatzkanäle Supermärkte und Gastronomie an.

Finanziell höchstwahrscheinlich durch die Finger schauen werden dabei jene rund 450 Crowd-Anleger, die über Conda insgesamt eine Viertelmillion Euro in Nixe Bier investiert hatten. Aber bei Start-up-Finanzierungen sollten Investoren grundsätzlich auf Ausfälle gefasst sein. (Alexander Hahn, 16.8.2018)