Die Fakten auswerten und auf Schwarz-Weiß-Malen verzichten: Das war Hans Roslings Credo. Sein Fazit: Die Welt ist in den letzten 30 Jahren besser geworden. Die meisten wissen es nur nicht.

"Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist" von Hans Rosling, Anna Rosling Rönnlund und Ola Rosling, Ullstein-Verlag, Deutsch, 400 Seiten, 24,70 Euro

Die Lektüre eines Buches kann eine Mutprobe sein. Wer bislang dachte, den Lauf der Welt zumindest in groben Zügen verstanden zu haben, sollte sich unbedingt auf den Fragebogen am Beginn dieses Buches einlassen. "Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist", ist der verheißungsvolle Titel, in dem der schwedische Arzt und Epidemiologe Hans Rosling all das zusammenfasst, was für die korrekte Einschätzung der Lage der Welt notwendig ist.

Es ist ein Plädoyer dafür, sich stets an Zahlen zu orientieren, Trugschlüsse zu vermeiden und sein Wissen stets up to date zu halten. Die 19 Fragen zu Beginn sind der Beweis für die eigene Ahnungslosigkeit. Sie zu verringern ist Roslings Mission, die er, gespickt mit vielen Anekdoten aus seinem Leben als Arzt und Entwicklungshelfer, auf 400 Seiten ausbreitet.

Verzerrte Wahrnehmung

Die beste Nachricht: Die Lage der Welt ist viel besser, als man es allgemein vermuten würde. Was dieser positiven Sicht der Dinge entgegensteuert, ist das menschliche Denken, das auf Schwarz-Weiß-Sehen und Vereinfachung gepolt ist. Im Bestreben, alles plakativ auf einen Punkt zu bringen, gehen die entscheidenden Nuancen einer wahrheitsgetreuen Einschätzung verloren, zeigt Rosling sehr eindrücklich.

Eine Situation kann sich massiv verbessert haben, aber trotzdem immer noch schlecht sein, führt er seinen Leser an zahlreichen Beispielen vor Augen. Zeit und Relationen werden, so seine Einschätzung, viel zu wenig ins Kalkül gezogen, auch das alarmistische Denken lässt Menschen die Wirklichkeit vollkommen verzerrt wahrnehmen. Das Großartige an Roslings Ausführungen ist die universelle Zusammenschau aus Medizin, Psychologie, Ökonomie und Politik – alles auf Basis von Zahlen.

"Drei Minuten Hans Rosling können die Weltsicht verändern", schrieb die Fachzeitschrift "Nature" anlässlich Roslings Todes im Jahr 2017, das Buch ist sein Vermächtnis. Wer sich auf Fakten stützt, findet sich besser zurecht, ist weniger gestresst und hat mehr Ahnung, wo die großen Chancen der Zukunft liegen, sagt er. Insofern ist "Factfulness" horizonterweiternd für alle, die es wagen. (Karin Pollack, CURE, 2.1.2019)