Wladimir Putin ist Gast bei der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl,

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Sechs Mal hat Wladimir Putin bisher in offizieller Funktion Österreich besucht. Wenn es wahr ist, fliegt der russische Präsident am Wochenende ein siebentes Mal ein. Diesmal aus freudigem privatem Anlass – der schlechterdings auch ein paar weniger erfreuliche öffentliche und politische Konsequenzen zeitigt. Wieder einmal steht Österreich im Verdacht, die fünfte Kolonne der Russen in der Europäischen Union zu sein. Und wieder einmal kommen Zweifel auf, wo Wien politisch steht – im noch immer liberalen Westen oder bereits im autoritären Osten Europas.

Roter Teppich für den Kreml-Chef

Dieser Verdacht hat nichts mit den legitimen wirtschafts- und energiepolitischen Interessen Österreichs zu tun. Die vertritt auch Deutschland, das ökonomisch ähnliche Verbindungen zu Russland hat. Dabei geht es vielmehr um die Art und Weise, wie dem Kreml-Chef der rote Teppich ausgerollt wird. Es gibt einen Unterschied zwischen interessengeleiteter Partnerschaft und jener spezifisch österreichischen Servilität, mit der sich auch Politiker hierzulande gern und ohne Rücksicht auf Verluste bei den Großen andienen, um sich selbst auf deren Augenhöhe zu wähnen.

Im Gegensatz zu seiner österreichischen Gastgeberin ist der frühere KGB-Agent Putin ein echter Stratege. Er weiß, dass ein Präsident niemals en privée unterwegs ist. Er weiß, wie er seine Soft Power nutzt und Bilder von sich und in lustige Trachten gekleideten Österreichern um die Welt schickt. Und er weiß auch, wie man das Land, das gegenwärtig die EU-Präsidentschaft innehat, als politische Schwachmatiker-Republik dastehen lässt, die gemeinsame EU-Positionen zu Russland offensichtlich bei einem Achterl über Bord zu werfen bereit ist.

Selfie-Liebesgrüße

Die Beweislage dafür ist dicht: Sie reicht von der mangelnden Solidarität im Vergiftungsfall Skripal über das groß zelebrierte Gasabkommen im Juni bis zu jenen Selfie-Liebesgrüßen, die Spitzen der FPÖ (Heinz-Christian Strache, Harald Vilimsky und Norbert Hofer) seinerzeit von einer freundschaftlichen Lustreise aus Moskau sandten.

Putin mag selbst betonen (im ORF-Interview vor seinem Besuch im Juni), dass er nicht das Ziel verfolge, "etwas oder jemanden in der EU zu spalten". Die Bilder aus der Steiermark werden ein anderes Signal senden. Sie sagen: Die Österreicher machen den Diener (oder den Knicks) vor einem autoritären, revisionistischen und expansionistischen Despoten, der Russland wieder als Großmacht zu positionieren versucht, indem er mit den USA in Konfrontation tritt, Nachbarländer angreift und die EU zu zersplittern versucht.

Die Kritik an der Polithochzeit ist innenpolitisch scharf – mit der erstaunlichen Ausnahme der SPÖ, die dieser Tage nicht nur innenpolitisch, sondern auch außenpolitisch irrlichtert.

Ausland wundert sich

Im Ausland haben sich die Staatskanzleien bereits in der Vergangenheit über Wien gewundert. Unter der Hand war zu hören, dass die Amerikaner, die Briten und auch die Deutschen nicht besonders glücklich über russophile Politik aus der europäischen Mitte sind. Die Österreicher selbst mögen die Symbolik, die dieser Besuch bei Freunden aussendet, nicht allzu ernst nehmen. Ihre europäischen und transatlantischen Partner registrieren sie.

Das sollte eine Chefdiplomatin wissen. Wäre es besser gewesen, Juncker oder Merkel einzuladen? Allemal. Die Frage ist, ob die zu einer Party gekommen wären, auf der nicht klar ist, dass die Gäste europäisch, pluralistisch und liberal gesinnt sind. (Christoph Prantner, 16.8.2018)