Die Vermietung ganzer Wohnungen an Touristen wird immer populärer, die Stadt Wien will dem nun mit der neuen Bauordnung einen Riegel vorschieben.

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Die Bauordnungsnovelle der Stadt Wien, die gerade in Begutachtung ist, sieht Verschärfungen für touristische Kurzzeitvermietungen vor. Wie berichtet, sieht die neue Regelung ein Verbot der "kurzfristigen gewerblichen Nutzung für Beherbergungszwecke" einer ganzen Wohnung oder auch nur eines Aufenthaltsraums einer Wohnung vor, wenn diese in einer Wohnzone liegt.

"Nachbar muss weiter selbst aktiv werden"

Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), die seit Jahren gegen die rapide zunehmende private Vermietung an Touristen kämpft, sieht im Entwurf höchstens einen kleinen Fortschritt. Diejenigen, die alles richtig machen wollen, werden wohl dann nicht mehr vermieten, meint sie. Dennoch werde die Situation für Nachbarn, die sich gegen die illegale Vermietung an Touristen in der Nachbarwohnung wehren wollen, nicht einfacher, ist sie überzeugt. "Man muss weiterhin als Nachbar selbst aktiv werden, aber viele wollen einfach keine negative Stimmung im Haus oder haben nicht die Zeit und die Nerven, diesen Kampf aufzunehmen."

Ins selbe Horn stößt interessanterweise Christian Rank von der Wiener Apartmentvermieter-Vereinigung (WAVV). Diese existiert seit drei Jahren, sie vertritt etwa 70 Mitglieder mit rund 600 Ferienwohnungen. "Die Stadt kann ihr eigenes Gesetz nicht überprüfen", sagt Rank dem STANDARD. "Man ist wieder nur auf 'Whistleblower' angewiesen, weil die Baupolizei gar nicht die Ressourcen hat, von sich aus auf die Suche nach illegalen Vermietungen zu gehen." Einige seiner Mitglieder werden zwar wohl nun "Angst bekommen" und nicht mehr vermieten, "der Großteil wird aber sicher weitermachen", denkt Rank.

Registrierungspflicht gefordert

Sowohl er als auch Reitterer fordern eine Registrierungspflicht für Vermieter von Ferienwohnungen – inklusive einer "Tourismusnummer", mit der man sich dann auf den diversen Plattformen registrieren muss. Die technischen Voraussetzungen dafür seien bei allen großen Plattformen wie Airbnb oder booking.com bereits vorhanden, denn in vielen Städten funktioniere das bereits so, sagt Reitterer. Und die Zeit dränge, so die ÖHV-Chefin – die Angebote auf den diversen Plattformen werden immer mehr. "Allein die Tatsache, dass booking.com auf diesen Zug nun aufspringt, müsste bei der Stadt sämtliche Alarmglocken läuten lassen."

Verfassungsrechtliche Bedenken

Der Immobilienrechtsexperte Klaus Pfeiffer (Dorda Rechtsanwälte) hält die Wohnzonen-Lösung im Baurechtsentwurf aus anderen Gründen für problematisch. "Das Verbot ist meiner Meinung nach zu weitgehend, es ist ein massiver Eingriff in das Grundrecht des Eigentums, und man hält sich damit auch nicht an die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern." Pfeiffer erkennt hier nämlich einen versteckten Eingriff ins Gewerberecht; dieses ist aber Bundeskompetenz, das Ganze für ihn somit "verfassungsrechtlich bedenklich".

Dasselbe Problem sieht Pfeiffer übrigens auch bei der bereits Anfang Juli in Kraft getretenen Regelung bezüglich des Abrisses von vor dem 1. Jänner 1945 errichteten Gebäuden. Das dort nun festgeschriebene "öffentliche Interesse" am Erhalt eines Gebäudes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild tangiere nämlich ganz klar die Materie des Denkmalschutzes, somit ebenfalls eine bundesrechtliche Kompetenz.

In den "Erläuternden Bemerkungen" zur BO-Novelle findet sich zum Paragrafen 7a (jenem, der die Kurzzeitvermietungen regelt) allerdings ein interessanter Satz: "Der Begriff 'gewerblich' in dieser Bestimmung ist nicht im Sinne der Gewerbeordnung 1994, sondern im Sinne einer regelmäßigen Zurverfügungstellung von Wohnräumen für Beherbergungszwecke gegen Entgelt zu verstehen", heißt es dort. Für Pfeiffer ist damit klar: "Man weiß um die mögliche Kompetenzüberschreitung Bescheid und versucht sie so zu umschiffen."

Paragraf 6a "schafft Fakten"

Auch in einigen anderen Punkten wirft der Entwurf für die Baurechtsnovelle, die am 1. Jänner in Kraft treten soll, für den Immobilienrechtsexperten Fragen auf. Was die Rahmenbedingungen für städtebauliche Verträge betrifft, so ist im Entwurf in Paragraf 1a zwar keine Änderung vorgesehen. Eingriffe ortet Pfeiffer aber insofern, als mit der neuen Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" diesbezüglich Fakten geschaffen werden. Städtebauliche Verträge mit Bauträgern, die auf einer solcherart gewidmeten Liegenschaft Projekte entwickeln wollen, müssen damit automatisch beinhalten, dass mehr als 50 Prozent der Wohneinheiten ("überwiegend", heißt es im neuen Paragrafen 6a) nach den Vorgaben des Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetzes 1989 errichtet werden, konkret "hinsichtlich der Grundkostenangemessenheit".

Beim in diesem Paragrafen ebenfalls neu vorgesehenen Veräußerungsverbot zugunsten der Stadt Wien gibt es laut Pfeiffer aber noch einiges nachzuschärfen. Das Veräußerungsverbot könne sich wohl nur auf einzelne Wohneinheiten beziehen, "das steht jetzt aber noch nicht ausdrücklich im Gesetzestext", so der Jurist.

Abweichung von der "Normwohnung"

Auch bezüglich der geplanten Herabsetzung der Mindestgröße einer Wohnung (von 30 auf 25 Quadratmeter) ortet der Experte ein "nicht mehr ganz so stimmiges Gesamtbild, wenngleich eine Flexibilisierung der Mindestanforderungen sehr begrüßenswert ist". Er verweist auf das Mietrechtsgesetz und Paragraf 2 des Richtwertgesetzes, wo eine Normwohnung mit einer Größe zwischen 30 und 130 Quadratmeter definiert wird. Wenn nun in der Wiener Bauordnung davon abgewichen wird – nach unten –, kann das bei der Vermietung einer Wohnung, die kleiner als 30 Quadratmeter ist, Auswirkungen auf die erlaubte Miethöhe haben. Und zwar müsste die Miete theoretisch sinken, so Pfeiffer: "Befindet man sich im Richtwert, so geht mit einer solchen kleineren Wohnung ein Abschlag einher."

Die Bemühungen um Verfahrensvereinfachungen, die im Entwurf ebenfalls ihren Niederschlag fanden, begrüßt der Immobilienrechtsexperte grundsätzlich. Allerdings macht er auch hier auf ein mögliches Problem aufmerksam: Im neuen Absatz 2 des Paragrafen 70 wird festgelegt, wann eine mündliche Verhandlung über ein Bauverfahren entfallen kann. Einerseits dann, wenn kein einziger Nachbar einen Einwand erhebt, andererseits auch dann, wenn "innerhalb der gesetzten Frist keine zulässigen Einwendungen erhoben werden", wie es heißt. Für Pfeiffer wird hier eine Rechtsfrage aufgeworfen, die zuerst beantwortet werden müsste: Wann ist ein Einwand zulässig, wann nicht? (Martin Putschögl, 22.8.2018)