Auch Fleisch und Milch sind für das Herz gesund, sagt der kanadische Epidemiologe und Kardiologe Salim Yusuf von der McMaster University.

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"Neue Studienergebnisse legen nahe, dass eine vernünftige Mischkost am besten einer herzgesunden Diät entspricht", sagt Andrea Podczeck-Schweighofer, Präsidentin der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft. Eine der Untersuchungen, auf die sich die Expertin bezieht, stammt von Maciej Banach, Kardiologe an der Medizinischen Universität Lodz. Das Fazit der Untersuchung: Eine Ernährung mit sehr wenigen Kohlenhydraten kann aus kardiologischer Sicht riskant sein und sollte gemieden werden.

"Menschen mit einer Low Carb-Ernährung haben ein erhöhtes Risiko für einen vorzeitigen Tod. Auch die Risiken für individuelle Todesursachen wie Herzerkrankungen, Schlaganfall und Krebs sind erhöht", sagt Studienleiter Banach, der seine Ergebnisse nun auf dem Europäischen Kardiologiekongress in München vorgestellt hat.

Konkret wurde der Zusammenhang zwischen Diäten mit niedrigem Kohlenhydrateanteil, der Gesamtsterblichkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs bei 24.825 Teilnehmern des US National Health and Nutrition Examination Survey untersucht. Der Beobachtungszeitraum betrug im Schnitt 6,4 Jahre. Das Ergebnis: Im Vergleich zu Teilnehmern mit dem höchsten Kohlenhydrate-Konsum hatte die Low-Carb-Gruppe eine um 32 Prozent erhöhte Gesamtsterblichkeit. Das Risiko für eine letale Herzkrankheit war um 51 Prozent erhöht, jenes für eine zerebrovaskulären Krankheit inklusive Gehirnschlag um 50 Prozent. Das Krebsrisiko stieg um 35 Prozent.

Industriell verarbeitete Kohlenhydrate meiden

Grund für Panik sei aber unangebracht, relativiert Maciej Banach die Ergebnisse. "Um abzunehmen, den Blutdruck zu senken oder die Glukosekontrolle zu verbessern, kann eine Diät mit wenig Kohlenhydraten kurzfristig sinnvoll sein", ergänzt Andrea Podczeck-Schweighofer. "Doch langfristig steht sie offenbar mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko in Zusammenhang."

Die möglichen Gründe dafür: Menschen, die sich nach dem Motto "Low-Carb" ernähren, essen eventuell auch weniger Ballaststoffe und Früchte und nehmen mehr tierische Proteine und gesättigten Fette zu sich.

Wer hingegen gerne Kohlenhydrate isst, sollte auf die Qualität achten. Die konsumierte Menge an industriell verarbeiteten Kohlenhydrate sollte begrenzt werden, da hier zumeist die Ballaststoffanteile entfernt werden, betont der kanadische Epidemiologe und Kardiologe Salim Yusuf von der McMaster University in Hamilton Ontario.

Ergebnisse nicht überinterpretieren

Erlaubt ist, was schmeckt – solange die Ernährung ausgewogen ist. Das zeigte auch Yusufs Studie mit mehr als 218.000 Teilnehmern aus über 50 Ländern. Demnach freut sich das Herz nicht nur über Obst, Gemüse und Nüsse, sondern auch über nicht-verarbeitetes Fleisch und Milchprodukte. Diese Studienergebnisse dürfen dem Studienleiter zufolge allerdings nicht als Freibrief für exzessiven Konsum für Fleisch und fetten Käse gesehen werden.

Für die Studie entwickelten Yusuf und sein Forscherteam einen speziellen Ernährungsqualitätsscore, der für jeden der 218.000 Probanden aus insgesamt fünf internationalen Studien ermittelt wurden. Auf diese Weise wurden die Teilnehmer in fünf Gruppen eingeteilt. Es zeigte sich, dass die qualitativ hochwertigste Ernährungsform mit der niedrigsten Rate an kardiovaskulären Ereignissen, Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und nicht-kardiovaskulärem Tod assoziiert war.

Auch in diesem Fall sollten die Ergebnisse nicht überinterpretiert werden, betont Ulf Landmesser von der Charité Berlin: "Es handelt sich hier um eine Beobachtungsstudie. Diese haben eine geringere Aussagekraft als Interventionsstudien, in denen die Effektivität einer bestimmten Ernährungsintervention untersucht und zum Beispiel mit einer Kontrollgruppe ohne diese Intervention verglichen wird." (red, 29.8.2018)