Die Anzahl der Kinder, die zum häuslichen Unterricht angemeldet werden, steigt langsam, aber stetig.

Foto: Regine Hendrich

Es sind nicht viele, aber sie werden immer mehr: Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Manche tun es aus religiösen Gründen. Andere, weil sie ihren Kindern Leistungsdruck ersparen wollen.

Die sogenannten "Freilerner"-Eltern tun ihren Kindern damit aber keinen Gefallen. Manche werden später zwangsläufig unter einem intellektuellen Nachteil leiden. Und die Eltern, die es sich leisten können, ihre Kinder selbst pädagogisch zu betreuen, verwehren ihnen soziale Erfahrungen im Klassenverband. Hinzu kommt, dass man in der Szene schnell mit fragwürdigen Strömungen in Berührung kommt: Esoterische Verschwörungstheoretiker tummeln sich dort genauso wie Rechtsextreme. Die Klammer bildet ein diffuses Ideal des "natürlichen Lernens".

Im besten Fall verfallen Freilerner damit derselben Fantasie wie Aussteiger: dass es erstrebenswert sei, sich von der Gesellschaft abzukapseln. Im schlimmsten Fall wollen sie ihre Kinder explizit vor schulischen Einflüssen fernhalten – sei es die Evolutionstheorie oder der Unterricht über den Holocaust. Eltern müssen bei ihrem Antrag auf häuslichen Unterricht weder pädagogische Fähigkeiten noch einen ausgearbeiteten Lehrplan nachweisen.

Dass sich die Familien die Regelschulen selbst aussuchen dürfen, an denen die Überprüfung des Unterrichtserfolgs einmal jährlich stattfindet, wird von vielen Experten zu Recht kritisiert. Hier gehört dringend nachgeschärft. (Vanessa Gaigg, 2.9.2018)