Wien – Wann muss ich GIS zahlen – und wofür? Was man über die Rundfunkgebühren für den ORF wissen sollte. Und das noch länger – eine Abschaffung der Gebühren, wie von ÖVP und FPÖ geplant, dürfte unter ÖVP und Grünen für's Erste vom Tisch sein.

Die Regierung von ÖVP und Grünen hat sich auf eine "unabhängige Finanzierung" des ORF verständigt. Das dürfte, Stand Frühjahr 2020, bedeuten: Die GIS-Gebühren bleiben. Auch wenn sich die Grünen eher eine Haushaltsabgabe unabhängig vom Empfang wünschen, auch die SPÖ und die Neos haben sich schon dafür ausgesprochen. Deutschland hat schon seit 2013 eine Rundfunkabgabe ("Beitrag") für alle Haushalte, unabhängig vom Empfang, die Schweiz stellt nach einer Volksabstimmung 2018 darauf um.

Und auch wenn die FPÖ im Februar 2020 gerade wieder eine Offensive gegen die GIS plant und das nächste Volksbegehren gegen die GIS-Gebühr im Raum steht –die Gebühren dürften noch eine Weile erhalten bleiben. Womöglich erweitert um Streamingnutzung von Rundfunkinhalten – für die sind derzeit keine Gebühren fällig.

Wann muss ich GIS zahlen?

Wer ein betriebsbereites stationäres Radio- oder Fernsehgerät zu Hause hat, muss der GIS Beiträge zahlen – also Programmentgelt, Abgaben und Gebühren. Wenn man in dieser Gegend über Antenne TV- oder Radiosignale empfangen kann, dann hat man laut Gesetz eine "unverzügliche" Meldepflicht.

Muss ich GIS zahlen, wenn ich mir Sendungen des ORF über die TVthek oder auf ORF.at ansehe?

Nein. Laut dem geltenden ORF-Gesetz muss man nur für Rundfunkempfang Gebühren zahlen – egal ob über Kabel, Satellit oder Antenne. Der Verwaltungsgerichtshof hat 2015 ausdrücklich festgestellt, dass Streaming nicht unter Rundfunkempfang fällt. TV-Karten am PC oder Laptop allerdings machen den Computer zur "Rundfunkempfangseinrichtung" – für die GIS fällig wird.

  • Update: A1 Explore sieht sich als GIS-pflichtiges Kabelnetz Am 2. März 2020 erklärt A1 per knapper Aussendung: "A1 Xplore TV bietet über 260 Sender im Rahmen der Kabelweiterleitung an. Diese werden mittels Zugangsbeschränkungen geschützt übertragen und sind daher nicht im offenen Internet abrufbar. Daher sind für A1 Xplore TV in jedem Fall – auch bei der Nutzung über Computer und Tablets etc. – GIS Gebühren zu bezahlen." Andere Telekoms sahen das in ersten Stellungnahmen anders. Die GIS wehrte sich naturgemäß nicht gegen die Deklaration einer GIS-Pflicht. Mehr dazu hier.
Post von der GIS (Gebühren-Info-Service).
Foto: standard, fidler

Wann kann ich mich von der GIS befreien lassen?

Bei körperlicher oder sozialer Bedürftigkeit. Genauer gesagt: Menschen, die Arbeitslosengeld oder -beihilfen beziehen. Menschen, die Beihilfen zum Kinderbetreuungsgeld bekommen. Sozial hilfsbedürftige Menschen, die etwa Mindestsicherung, Grundversorgung oder Studienbeihilfe beziehen, die Zivildienst leisten oder von Rezeptgebühren befreit sind. Ebenso Gehörlose und Menschen mit schwerer Hörbehinderung, Bezieher von Pflegegeld und Pensionisten. Aber alle unter einer Grundbedingung: Ein Single darf – Stand Herbst 2018 – für eine Befreiung netto höchstens 1.018,55 Euro pro Monat verdienen, ein Zweipersonenhaushalt höchstens 1.527,14 Euro, für jede weitere Person im Haushalt 157,16 Euro mehr. Und all das ist der GIS nachzuweisen – welche Bestätigungen die GIS dafür verlangt, steht hier: gis.at/befreien

Wie hoch sind die GIS-Gebühren?

Das kommt darauf an, wo man wohnt. An den ORF (beziehungsweise seine Gebühreninkassofirma GIS) gehen in jedem Bundesland 17,21 Euro – das sogenannte Programmentgelt. Dazu kommen Steuern und Bundesabgaben etwa für Kunstförderung, zusammen 3,72 Euro. Und ziemlich unterschiedliche Landesabgaben – von 2,80 Euro im Burgenland bis 5,80 in der Steiermark.

Nur Oberösterreich und Vorarlberg verzichten auf Landesabgaben auf die GIS. Dort fallen pro Monat 20,93 Euro an – in Wien und Niederösterreich aber 26,33 und in der Steiermark sogar 26,73 Euro. Das ist die sogenannte Kombigebühr für TV und Radio.

Gibt es auch günstigere GIS-Tarife?

Die GIS – offiziell die Abkürzung für Gebühren-Info-Service – gibt es auch billiger: Für alleinige Radionutzung ohne TV verrechnet die ORF-Tochter zwischen 5,90 Euro in Oberösterreich und Vorarlberg und 7,50 Euro in der Steiermark pro Monat.

Wie melde ich die GIS an?

Anmeldungen nimmt die GIS naturgemäß gerne entgegen – zum Beispiel über ein Online-Kontaktformular hier: gis.at/no_cache/kontaktformular.

Wie melde ich die GIS ab?

Davon ist die GIS nicht so begeistert, funktioniert aber wie Anmeldung oder Änderung ebenso über deren Kontaktformular: gis.at/no_cache/kontaktformular.

Wie kann ich die GIS-Gebühren umgehen?

Kein betriebsbereites TV- oder Radiogerät in der Wohnung, keine Zahlungspflicht gegenüber der GIS. TV- und Radioprogramme, wenn gewünscht, bis zu einer Gesetzesänderung online streamen – ohne TV-Karte. Oder glaubwürdig verneinen, dass man solche Geräte zu Hause hat, wenn einer der freundlichen Herren der GIS an der Tür klingelt. Die GIS hat Zugriff auf die amtlichen Meldedaten, aber – Korrektur* – nicht auf die Daten von Kabelbetreiber.

ORF-Werbelinie: "ORF wie wir".
Foto: STANDARD/Fischer

Was darf die GIS?

Die GIS und ihre Mitarbeiter dürfen fragen, ob Sie ein empfangsbereites Rundfunkgerät in der Wohnung haben. Sie haben aber kein Recht, die Wohnung zu betreten – es sei denn, Sie bitten sie herein.

Aber: Die GIS kann auch Behörden einschalten, und deren Organe müssen Sie hineinlassen: Die GIS darf auch schriftlich erfragen, ob Sie eine "Rundfunkempfangsanlage" betreiben. Darüber müssen Sie laut Gesetz wahrheitsgemäß Auskunft geben – Verweigerung ist ebenso strafbar wie falsche Angaben. Hat die GIS Zweifel an ihren Angaben, ersucht sie die Bezirksverwaltungsbehörde um "Nachschau". Und dieser Magistratsbeamte darf dann auch in die Wohnung. Solche Auskunftsbegehren verschickt die GIS nach eigenen Angaben regelmäßig, "in Einzelfällen" veranlasst sie auch behördliche "Nachschau". (Absatz nach Veröffentlichung ergänzt.)

Muss ich GIS-Gebühren für den Zweitwohnsitz bezahlen?

Ja, auch für Zweitwohnsitze sind GIS-Gebühren zu entrichten, wenn dort empfangsbereite Rundfunkgeräte herumstehen. Allerdings gibt es dafür eine Sonderregelung: Für Schrebergarten, Almhütte, Badehäuschen oder andere Zweitwohnsitze kommt man mit vier Monaten GIS-Gebühr pro Jahr durch. Das ist der Mindestwert – die GIS nimmt gerne auch für mehr Monate Gebühren für TV- oder Radioempfang am Zweitwohnsitz.

Wofür zahle ich eigentlich GIS?

Das ORF-Gesetz sagt: Programmentgelt darf der ORF nur bekommen, um bestimmte Aufträge zu erfüllen. Und zwar ziemlich viele davon. Das Gesetz schreibt dem ORF vier Fernseh- und zwölf Radiokanäle und ein genau definiertes Onlineangebot vor, mit teils gar anspruchsvollem Inhalt. Das Programm soll zum Beispiel umfassend und ausgewogen informieren und bilden, Verständnis für demokratisches Zusammenleben, wirtschaftliche Zusammenhänge und Nachhaltigkeit, europäische Sicherheitspolitik und umfassende Landesverteidigung fördern und Interesse an aktiver sportlicher Betätigung wecken, vielerlei Bevölkerungsgruppen berücksichtigen und Kunst, Kultur und Wissenschaft fördern.

Die Aufträge an den ORF, für die er Gebühren bekommt, finden Sie ab Paragraf 3 im ORF-Gesetz – zum Beispiel hier rtr.at oder hier der.orf.at/unternehmen/recht-grundlagen/gesetze.

Die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: von wirtschaftlichen und parteipolitischen Interessen möglichst unabhängige Information, Bildung und Unterhaltung (und auch Sport) als öffentliche Aufgabe. Staats- und Politikferne ist ein deklariertes Ziel – dem der reale Rundfunk mal näher kommt, mal ferner bleibt.

Im Empfangsbereich des ORF-Zentrums am Wiener Küniglberg.
Foto: standard, fischer

Wann wird die GIS nun abgeschafft?

Schluss mit der GIS: Das haben Norbert Hofer und Heinz-Christian Strache als damalige Minister aus den Reihen der FPÖ 2018/19 schon recht bestimmt angekündigt, und die ÖVP wirkte durchaus bereit, den ORF statt mit Programmentgelt aus dem Bundesbudget finanzieren. Die Koalition endete im Mai 2019 mit Straches Ibiza-Video.

In einem Volksbegehren sammelte die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) 2018 zuletzt 320.239 Stimmen für ein Ende der GIS.

Warum nicht den ORF aus dem Budget finanzieren?

ÖVP und FPÖ wollten den ORF aus dem Bundesbudget finanzieren. Im Prinzip finanzieren dann alle Österreicherinnen und Österreicher den ORF, die Steuern zahlen: Wenn der ORF sein Geld aus dem Bundesbudget bekommt statt aus einer eigenen Rundfunkgebühr, würde es den Menschen nur nicht alle zwei Monate auffallen, dass sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen – wenn die GIS ihnen wie bisher einen Erlagschein schickt oder die Gebühr abbucht.

Aber: Muss die ORF-Führung mit dem Medien- oder Finanzminister um das Budget für das jeweils nächste Jahr verhandeln, dann könnte ihn das noch abhängiger von den jeweiligen Regierungspolitikern machen.

Wann kommt die nächste Gebührenerhöhung – und wer entscheidet darüber?

Derzeit muss der ORF seine Gebühren spätestens alle fünf Jahre dem Finanzbedarf für öffentlich-rechtliche Programme laut ORF-Gesetz anpassen. De facto bedeutete das bisher praktisch immer Gebührenerhöhungen.

Die Programmentgelte des ORF (und mit ihnen viele Abgaben auf die GIS) wurden zuletzt mit 1. April 2017 erhöht, und zwar um 6,5 Prozent. Die nächste Erhöhung kommt also spätestens im Frühjahr 2022 auf die Gebührenzahler zu.

Für solche Gebührenerhöhungen braucht der ORF die Zustimmung der (Regierungs-)Mehrheit im ORF-Stiftungsrat und der Medienbehörde KommAustria. (Harald Fidler, Update: 20.02.2020)