Die ganze Sache beginnt also damit, dass ich am Wiener Hauptbahnhof in den Railjet steige, um in den Bregenzer Wald zu fahren – und zwar in aller Herrgottsfrühe. Der Verlängerte im Bordbistro soll Abhilfe schaffen und außerdem ist da diese fast kindliche Reiseaufgeregtheit, weil ich ja noch nie in Vorarlberg war und im Bregenzerwald schon gar nicht. Was nach acht Jahren in Österreich, so könnte der Vorarlberger vielleicht meinen, an eine Unmöglichkeit grenzt und ich bin fast verlangt, ihm da zuzustimmen. Sogar der Schaffner, der so tut, als würde er meine iPhone-Fahrkarte stempeln (haha), nickt anerkennend: "ja, nach Dornbirn".

Potentiale für eine gute Zeit

Anlass der Reise ist das von "friendship.is" in Kooperation mit Bregenzerwald Tourismus ausgerichtete FAQ-Festival, das die Besucher unter dem Motto "Potentiale für eine gute Zeit" für vier Tage rund um Andelsbuch (Pardon: Andelschbuch) zusammenbringt. Auf der Bühne werden unter anderem Doris Knecht, Michael Köhlmeier, oder Johannes Kopf erwartet, um zu den diesjährigen Tagesfragen ("Müssen wir reden?", "Alles gut?", "Gehört sich das?") zu diskutieren. Und weil auch für das leibliche Wohl gesorgt wird, nennt sich das Ganze dann etwas verkopft "Forum mit Festivalcharakter und kulinarischem Anspruch". Laut Programmheft möchte man den Strömungen, "die nicht unbedingt das Positive in den Mittelpunkt stellen" etwas dagegenhalten und okay, darauf kann man sich ja mal einlassen, anstatt direkt den Abwehrreflexen nachzugeben, die in Wien (und allen voran im Internet) so gut gedeihen.

Tausende Berge, einige nette Begegnungen und ein bis zwei Träumereien später, geht’s weiter mit dem Bus zum Hotel und dann bei strahlendem Sonnenschein (wait for it) mit der Seilbahn Bezau hinauf zur Bergstation. Zita Bereuter hat dort zur Eröffnung Doris Knecht, Mira Lu Kovacs, Lilli Hollein und Josef Rupp um sich versammelt und fragt "What the FAQ?".

Auf der Bergstation wird diskutiert.
Foto: Ian Ehm/friendship.is

Blasenbildung

Puh. So viele Menschen, sogar in den Gängen stehen die, plaudern, prosten sich zu, lachen. Es geht, man kann es nicht anders sagen, familiär zu. Mit Start der Diskussionsrunde kehrt dann jedoch eine brave, ja fast andächtige Stimmung ein – bis das Gespräch auf der Bühne, Hurra!, vor allem durch Doris Knecht an Fahrt aufnimmt. Knecht, deren neuer Roman, wie sie übrigens verrät, "Die Suche" heißen soll, findet: Immer nur reden, das helfe doch auch nicht. Nein, sie fühle sich eigentlich ganz wohl in ihrer Blase, warum sich auch mit Rechten unterhalten und überhaupt habe sie eine Wut, weil sich nichts bewegt. Ja, fügt Lilli Hollein bei, die Blase könne erholend wirken, Josef Rupp dagegen mag "Blasenbildung" nicht. Während Mira Lu Kovacs in dem alten Frage-Antwort-Spiel immer mal wieder einhakt und für erfrischende Unordnung sorgt.

v.l. Doris Knecht, Lilli Hollein, Zita Bereuter, Mira Lu Kovacs und Josef Wupp.
Foto: Ian Ehm/friendship.is

In Form von Textausschnitten ebenfalls mit auf der Bühne: Franz Michael Felder. Der vor rund 150 Jahren lebende Autor und Bauer aus Schoppernau dient dem FAQ alljährlich zur Inspiration. Keine schlechte Wahl, denn wie der liebe Franzmichel schon damals mit der Unnatur der Bregenzerwälder kämpfte, das hat doch auch heute noch etwas zutiefst Tröstendes. Als die Runde dann nach zum Ende kommt, nähert sich draußen bereits das Gewitter. Noch störender für das anschließende Konzert von Schmieds Puls aber: die sich angeregt unterhaltenden Gäste. Klar, diese Blasen-Diskussion wirkt noch nach. Nach ein paar bittenden Worten ("Ich liebe euch, aber...") kehrt Ruhe ein, der Applaus nach den Stücken nimmt immer mehr zu und am Ende, hach, singen die vorderen Reihen sogar mit, während draußen die Blitze leuchten.

Glücklicherweise kann die Seilbahn irgendwann wieder ihren Betrieb aufnehmen und natürlich wollen jetzt alle geschwind runter ins Tal. Es drängt sich, aber Gott sei dank gibt es "Pendeldämpfer", wie uns der ulkige Seilbahn-Fahrer beruhigt. Wieder was gelernt. Jetzt noch schnell ins Jöslar, in die FAQ-"Homebase", um den Abend bei einem Spritzwein ausklingen zu lassen und dann husch ins Bettle. Morgen geht’s weiter, viel zu sehen, viel zu berichten. (Clemens Bruno Gatzmaga, 7.9.2018)

Der FAQ-Festival-Blog ist eine Medienkooperation zwischen DER STANDARD und friendship.is.