Wien hat seit Montag eine Schulstraße mit Fahrverbot.

Foto: Mobilitätsagentur Wien/Christian Fürthner

Wien – Direkt auf der Straße vor der Volksschule in der Vereinsgasse der Wiener Leopoldstadt ist es Montagmorgen überraschend ruhig. Ein paar Schulkinder in gelben Warnwesten bewachen hinter einem Scherengitter aufmerksam gemeinsam mit einer Pädagogin die Kreuzung Ecke Lessinggasse. Seit Montag testet Wien hier die erste Schulstraße. Werktags gilt von 7.45 bis 8.15 Uhr ein Fahrverbot.

Damit reagiert der Bezirk auf die sogenannten "Elterntaxis". Denn normalerweise herrsche hier kurz vor Schulbeginn Chaos, sagt Petra Jens, Fußgängerbeauftragte der Stadt Wien. "Kurz vor Schulbeginn spielt es sich ab: Elterntaxis halten vor der Schule, dazu kommt der Fließverkehr und Kinder, die sich zwischen den Fahrzeugen vorbeischlängeln", beschreibt sie. Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) werden in Wien rund 14 Prozent der Sechs- bis 14-Jährigen mit dem Auto zur Schule gebracht. Das ist der niedrigste Anteil an Elterntaxis in Österreich. Bundesweit sind es 22 Prozent, in Kärnten sogar 35.

Begleitet wird der Test, der bis 2. November läuft, vom Verkehrstechnikbüro. Vor und nach der Pilotphase werden dort die Verkehrsströme gemessen und ausgewertet.

Weniger Elterntaxis statt Verlagerung

Ein Erfolg wäre die Schulstraße für Jens, wenn weniger Eltern die Kinder mit dem Auto in die Schule bringen. Wichtig für das Funktionieren sei jedoch auch, dass sich die Situation nicht einfach an die nächste Kreuzung verlagert.

Aber auch wenn die Eltern einen straßenverkehrsordnungskonformen Parkplatz suchen und die Kinder nicht auf der Straße aussteigen lassen, sei viel getan, sagt die Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt, Uschi Lichtenegger. Der Pilotversuch solle dabei helfen, Wien-weit auf das Thema aufmerksam zu machen, so die Grünen-Politikerin. Denn der zu Fuß zurückgelegte Schulweg fördere auch das Selbstbewusstsein.

Bewegt in die Schule

"Der Schulweg ist eine Chance, auf eine tägliche Portion gesunde Bewegung zu kommen", sagt VCÖ-Sprecher Christian Gratzer. Am höchsten ist der Anteil der Kinder, die bewegungsaktiv zur Schule kommen, übrigens in Vorarlberg, wo laut VCÖ die Hälfte der Kinder zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommt. In Wien kommen vier von zehn Kindern zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule. Die meisten Kinder – 47 Prozent – fahren in Wien mit den Öffis zur Schule.

Sollte der Test in der Vereinsgasse ein Erfolg werden, stehen schon zwei Schulen in Wien-Neubau bereit, um mit einer Schulstraße nachzuziehen: vor der Volksschule Stiftgasse zwischen Burggasse und Siebensterngasse sowie vor dem Gymnasium in der Kandlgasse zwischen Wimbergergasse und Kaiserstraße, wie der grüne Bezirksvorsteher des Siebenten, Markus Reiter, am Montag erneut bestätigte.

Auch kein Ausparken erlaubt

Ärgerlich ist die Sperre für jene, die in diesem Bereich geparkt haben. Ein Anrainer wartet brav, bis das Fahrverbot kurz nach acht aufgehoben wird, um dann in die Arbeit zu fahren. "Ich habe Gleitzeit", sagt er schulterzuckend. Er habe zwar davon gehört, dass zwei Monate lang das Fahren in der Straße untersagt sei, aber schlicht die Zeit übersehen. Strafen gibt es für eine Missachtung des Fahrverbots vorerst nicht.

Die Kinder zeigten sich vorerst erfreut. Sie drückten es am Montag so aus: "Es ist sicherer. Und es stinkt nicht so nach Autos." (Oona Kroisleitner, 10.9.2018)