Die WKStA wird nun von den Kollegen der Staatsanwaltschaft Korneuburg geprüft.

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Die Causa BVT beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft Korneuburg – und zwar unabhängig von der jüngsten Verlautbarung von Justizminister Josef Moser, die Angelegenheit von selbiger Behörde umfassend prüfen zu lassen. Das hatte Moser nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien, wonach die Hausdurchsuchungen zum Großteil unverhältnismäßig waren, angekündigt.

Schon länger ist bei den Korneuburgern ein Verfahren gegen die BVT-Staatsanwältin Ursula Schmudermayer anhängig. Sie führt den Fall BVT bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und hat die Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ins Rollen gebracht. Auf Basis einer Anzeige wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs prüfe man, ob gegen Schmudermayer ein Anfangsverdacht vorliege, bestätigt der Sprecher der StA Korneuburg auf STANDARD-Anfrage, die Staatsanwältin werde als Angezeigte geführt. Die WKStA gibt dazu keinen Kommentar ab – es gilt die Unschuldsvermutung. Schmudermayer wird am 2. Oktober im Untersuchungsausschuss des Parlaments erwartet.

Vorbereitung der Razzia

Angeblich hat ein Exstaatsanwalt die Anzeige gegen sie eingebracht: Volkert Sackmann, einst Co-Leiter der Wirtschaftsgruppe der StA Wien und Ankläger in Causen wie Gelddruckerei der Notenbank oder Immofinanz/Constantia, der seit 2017 als Rechtsanwalt aktiv ist. Er vertritt einen BVT-Beamten, zu erreichen war er für den STANDARD nicht.

Auch die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) befassen sich mit dem BVT, sie haben sich am Montag getroffen, um zu prüfen, ob dem U-Ausschuss zu Unrecht Akten vorenthalten wurden. Die Opposition hat sich Mitte August beim VfGH beschwert. SPÖ, Neos und Liste Pilz wollen bewirken, dass das Innenministerium so bald wie möglich relevante Daten an den Ausschuss liefert. Es geht vor allem um Hintergründe zur Vorbereitung der Razzia im BVT und in Privatwohnungen von BVT-Vertretern.

Zeitlich wird es knapp: Nächste Woche werden im Ausschuss an der Razzia beteiligte Polizisten befragt. Auch der Leiter der betreffenden Wiener Polizeieinheit EGS, Wolfgang Preiszler, wird im Ausschuss auftreten. Sollte der VfGH in den kommenden Tagen entscheiden, dass das Innenministerium die Daten liefern muss, könnten sie noch rechtzeitig vor der Befragung der Polizisten im Ausschuss landen. Auf Anfrage des STANDARD hieß es im VfGH aber, man könne noch nicht sagen, wann die Verfassungsrichter entscheiden.

Heikle Frage

Die Verfassungsrichter haben auch über eine andere heikle Frage zu entscheiden, die den U-Ausschuss betrifft: Wie berichtet, hat der Ausschuss Zugriff auf mehr als 500.000 E-Mails der Rechtsanwaltskanzlei Lansky, Ganzger und Partner. Das Justizministerium hat diese Daten an den Ausschuss geliefert. Das ist nicht nur deshalb umstritten, weil für Rechtsanwälte ein besonders strenges Briefgeheimnis gilt. Es wäre aus Sicht aller Parlamentsparteien außer der ÖVP auch gar nicht notwendig gewesen, die sensiblen Daten zu bekommen: Bis auf die Türkisen haben alle Fraktionen gesagt, dass sie kein Problem damit hätten, die Daten ans Ministerium zurückzugeben. Da sich Rechtsanwalt Gabriel Lansky in seinen Rechten verletzt sieht und deswegen Beschwerde erhoben hat, liegt auch dieser Fall nun beim VfGH.

Parteipolitische Frontlinien

Es geht dabei aber um weit mehr als nur um die Rechte eines Anwalts und eines früheren Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren, das bereits vor zwei Jahren eingestellt worden ist. Es geht vor allem um parteipolitische Frontlinien: Lansky ist SPÖ-naher Anwalt. Dass er einen kasachischen Opferverein vertrat und dabei auch mit dem kasachischen Geheimdienst zusammenarbeitete, brachte ihm den Vorwurf ein, Spionage zuungunsten Österreichs zu betreiben. Dieser Vorwurf wurde aber von der Staatsanwaltschaft Linz geprüft und schließlich rechtskräftig als gegenstandslos erkannt. Nun steht der Vorwurf im Raum, dass einige ÖVP-nahe Kräfte im BVT sich mit der Einstellung des Verfahrens nicht zufriedengeben wollten und auf eigene Faust weiterermittelten. Das gewünschte Ergebnis: die SPÖ anzupatzen.

Paradox ist, dass es die umstrittene BVT-Razzia nur deshalb gab, weil man dem BVT vorwarf, weiterhin Lansky-Datenmaterial zu bunkern, obwohl es längst hätte gelöscht werden sollen. Dass den Beschuldigten lockerer Umgang mit sensiblen Daten vorgeworfen wird, zugleich aber die Parlamentarier ebenso sensible Daten nun massenhaft einsehen können, ist nur eine der vielen ironischen Wendungen in dieser Causa. (Renate Graber, Maria Sterkl, Fabian Schmid, 10.9.2018)