Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hält die Vorwürfe von EVP-Partnern gegen Viktor Orbán für unverständlich. Bundeskanzler Sebastian Kurz geht auf Distanz.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien/Budapest/Straßburg – Kurz vor der Abstimmung im Europaparlament über die Einleitung eines EU-Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn hat Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán am Montag eine Kooperation angeboten. Orbáns Fidesz-Partei droht die Suspendierung beziehungsweise der Ausschluss aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch die ÖVP gehört.

"Ich lade den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei gerne zu einer zukünftigen Zusammenarbeit in eine gemeinsame EU-Fraktion ein!", schrieb Strache am Abend auf Facebook. Die FPÖ ist Mitglied der Rechtsaußenfraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (EFN), der auch Marine Le Pens rechtspopulistische Rassemblement National (frühere Front National) und Matteo Salvinis ausländerfeindliche Lega angehören.

Kein Verständnis für CDU

Als "völlig unverständlich" bezeichnete Strache den Standpunkt der deutschen CDU, die der ungarischen Regierung mit einem Sanktionsverfahren drohte, wenn diese im Streit um Rechtsstaatsprinzipien nicht einlenke. "Absurd" sei auch der Vorschlag des EU-Abgeordneten und ÖVP-Delegationsleiters im Europaparlament, Othmar Karas, die Mitgliedschaft der Fidesz in der EVP ruhend zu stellen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ging indes, ebenso wie Karas, im ORF-"Sommergespräch" deutlich auf Distanz zu Orbán und kündigte an, dass die ÖVP-Fraktion am Mittwoch im Europaparlament für ein Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn stimmen und die EVP-Mitgliedschaft der Fidesz ruhend stellen werde.

Kanzler Kurz zum Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn.
ORF

Einen Tag vor der Abstimmung ist Orbán im EU-Parlament in Straßburg zu Gast, um dort auf Vorwürfe zu antworten, in seinem Land sei der Rechtsstaat in Gefahr. Von Zugeständnissen Orbáns könnte abhängen, ob das Artikel-7-Verfahren, das bis zum Entzug des Stimmrechts führen kann, tatsächlich ausgelöst wird. (APA, 11.9.2018)