Haimbuchner warnt vor der Vermischung von Asyl und Lehre.

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Linz/Wien – In der Diskussion um Asylwerber in Lehre gehen die Wogen weiter hoch. Während der Oberösterreichs Asyl-Landesrat Rudi Anschober (Grüne) auf eine "Nachdenkpause" der Regierung hofft und erwartet, dass während der Lehrzeit keine Abschiebungen vollzogen werden, ist Oberösterreichs FPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertereter Manfred Haimbuchner der Ansicht, man solle die Abschiebungen bei Lehrlingen handhaben "wie in jedem anderen Fall auch".

Alles andere wäre unfair – etwa gegenüber einer Familie, die sofort abgeschoben werde, argumentierte Haimbuchner in einer Pressekonferenz am Dienstag in Linz. Auch bei der Öffnung der Rot-Weiß-Rot-Karte für Asylwerber ist er skeptisch: Wenn man aus Österreich einen Antrag stellen könne, würde das eine Sogwirkung erzeugen, befürchtet Haimbuchner.

Nicht sicher

Anschober betonte aber in einer eigenen Pressekonferenz, die Bundesregierung habe angekündigt, dass es zu keinen Abschiebungen kommen und einen eigenen Aufenthaltstitel für Lehrlinge aus Drittstaaten geben werde. Allerdings: "Sicher bin ich mir nicht", räumte er ein. Denn er höre aus dem Umfeld des Bundeskanzlers, dass man zwar nach rechtlichen Möglichkeiten suche, aber die Zuständigkeit beim Innenministerium liege. Sein Wissen habe er zudem nur aus "informellen Kanälen", denn von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) werde "Gesprächsverweigerung" betrieben, beklagte Anschober. Seine Initiative "Ausbildung statt Abschiebung sei nach wie vor nicht zu den beiden vorgedrungen.

Blau befürchtet Sog

Haimbuchner warnte hingegen vor der Vermischung von Asyl und Lehre: Er halte es für "grundlegend falsch", dass durch die Lehre eine Hintertür im Asylrecht geschaffen werde, das würde dazu führen, dass das "Asylrecht ausgehebelt" werde. Derzeit scheine es so zu sein, "dass es in der Hand des Lehrherrn liegt, wer einen Aufenthaltstitel bekommt", das sei "feudalistisches Denken", kritisierte Haimbuchner. Denn beim Asylrecht gehe es immer nur um die Frage, ob jemand Schutz brauche. Wenn man über die Lehre einen neuen Aufenthaltstitel im Asylrecht schaffe, erzeuge man einen "Sog" nach ganz Europa, warnte er.

Für Anschober würde mit dem Zugang von Asylwerbern zur Lehre allerdings "die letzte Integrationsmöglichkeit" abgeschafft. Er hat daher eine Petition aufgestellt, die mittlerweile von rund 61.000 Menschen unterzeichnet wurde. Zu den Unterstützern zählen neben der gesamten Opposition auch etliche ÖVP-Alt- und Lokalpolitiker, Prominente und Wirtschaftstreibende, die teilweise Asylwerber als Lehrlinge beschäftigen. Haimbuchner sieht in diesen Unternehmern nur "eine Minderheit". Man könne ja auch aus dem Kreis der Asylberechtigten Lehrlinge suchen.

Lieber Austauschprogramme

Oberösterreichs FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr fragt sich angesichts von 30 Prozent oder mehr Jugendarbeitslosigkeit in Spanien oder Portugal: "Warum greifen wir nicht auf dieses Potenzial zurück?" Er und Haimbuchner treten für Austauschprogramme für Lehrlinge ein. Anschober verwies darauf, dass die Abschaffung des Zugangs von Asylwerbern zur Lehre in Mangelberufen – nach Informationen der Opposition soll Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bereits diese Woche ernst damit machen – seiner Ansicht nach der EU-Aufnahmerichtlinie widerspreche. Denn diese besage, dass nach neun Monaten Aufenthalt geeignete Maßnahmen für den Zugang zum Arbeitsmarkt geschaffen werden müssen.

Er und sämtliche Oppositionsparteien würden sich daher an die EU-Kommission wenden, um zu prüfen, ob die Richtlinie noch erfüllt sei. Verschärfend komme hinzu, dass die Asylverfahren durch den "Flaschenhals" in der zweiten Instanz bis zu "drei oder vier Jahre" dauern könnten, in denen die Betroffenen "zum Nichtstun verdammt" wären", so Anschober.

Nach wie vor Zoff zwischen Blau und Grün

Im konkreten Fall des von der FPÖ angezeigten Lehrlings hat Haimbuchner am Dienstag betont, es sei ihm "ein Anliegen" gewesen, die Sache richtigzustellen. Für Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) sind aber rechtliche Schritte – auch gegen Haimbuchner – nach wie vor nicht vom Tisch. Er verlangt die Rehabilitation des Betroffenen.

Drohende rechtliche Konsequenzen "beunruhigen mich gar nicht", sagte Haimbuchner am Dienstag. Es habe von seiner Seite "ohne Not und Zwang eine Richtigstellung" gegeben. Zur Frage, ob sich FPÖ-Nationalrats-Klubchef Johann Gudenus entschuldigen solle, sagte Haimbuchner, er wolle diesem nichts öffentlich ausrichten, räumte dann aber ein: "Ich glaube, dass es angebracht ist, zu zeigen, dass hier etwas Unrichtiges verbreitet wurde".

Anschober kritisierte hingegen, dass Haimbuchner im Gegensatz zu Gudenus nicht persönlich widerrufen habe, sondern nur das Pressereferat der FPÖ. Die FPÖ Wien hatte einen Asylwerber, der in Oberösterreich eine Lehre absolviert, angezeigt, weil er laut seinem Facebook-Profil mit der angeblichen Terrororganisation "Liwa Fatemiyoun" sympathisiere. In der von Anschober kritisierten Presseaussendung hatte Haimbuchner geschrieben, dass gegen den "Asyl-Musterlehrling" wegen "radikal islamischer Umtriebe" ermittelt werde. Wie sich herausstellte, gehörte das Profil aber jemand anderem und die Ermittlungen gegen den Lehrling wurden binnen weniger Tage eingestellt. (APA, 11.9.2018)