Bürgermeister Siegfried Nagl wünscht sich eine U-Bahn für Graz.

Foto: Regine Hendrich

Graz – Von Zeit zu Zeit erfasst den Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) ein Kreativschub, und dann sprudeln allerlei Ideen aus ihm heraus.

Was ja grundsätzlich nichts Negatives ist, fantasielose Politiker gibt es zuhauf. Bei Siegfried Nagl sind die Ideen allerdings meist ein wenig utopisch, aber vor allem sündteuer.

Die letzten kommunalpolitischen Eingebungen drehten sich unter anderem um eine in den Boden der Innenstadt geschraubte bienenwabenförmige Tiefgarage, seine Mur-Gondelbahn schwebt auch noch immer im Raum ebenso wie eine Seilbahn auf den Hausberg Plabutsch. Aktuell träumt Nagl von einer Grazer U-Bahn. Zumindest von einer kleinen, die vom Osten der Stadt, vom Landeskrankenhaus und dem neuen, großzügigst ausgebauten Campus der Medizinischen Universität, in den Westen, zum neuen Stadtteil Reininghaus und der expandierenden Fachhochschule (FH Joanneum), führen soll.

Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) ist mäßig begeistert von den neuerlichen Höhenflügen des Bürgermeisters. Sie will, dass zu allererst "die Hausaufgaben gemacht werden, ehe wieder großspurige Ideen gewälzt werden". Soll etwa heißen: Die Tramgarnituren sollten endlich mit Mittelteilen ausgestattet werden, ein jahrelanges Versäumnis.

"U-Bahn macht keinen Sinn"

Zudem müsse der Busverkehr weiter verdichtet werden, das Augenmerk insgesamt auf eine weitere Verbesserung des bisherigen öffentlichen Verkehrsangebotes gelegt werden. "Aber wenn es den Wunsch gibt, einmal nachzuprüfen, ob eine U-Bahn oder Metro Sinn macht, habe ich nichts dagegen, ich möchte aber darauf hinweisen, dass eine derartige Untersuchung schon um 2001 gemacht wurde. Mit dem eindeutigen Ergebnis, dass eine U-Bahn keinen Sinn macht. Vor allem aus finanziellen Gründen weil sich das nie rechnet", sagt Elke Kahr.

Da widerspricht der Verkehrsexperte der Technischen Universität Graz, Kurt Fallast, der von Bürgermeister Nagl jetzt beauftragt wurde, das Projekt einer U-Bahn mit Verkehrs- und Finanzfachleuten der TU noch einmal durchzurechnen und auf seine Machbarkeit zu prüfen.

Die erste U-Bahn-Studie sei noch von ganz anderen Voraussetzungen ausgegangen: "Die Stadt Graz war kleiner, die Einwohnerzahl ging zurück, außerdem wurde eine 'Voll-U-Bahn' wie jene in Wien angedacht." Die Rahmenbedingungen hätten sich seither völlig verändert. Die Stadt wachse rasant, die Technik habe sich epochal weiterentwickelt, U-Bahnen könnten heute zum Beispiel autonom geführt werden.

"Die Stimmung in der Stadt ist ja so, dass die einen Hurra schreien und die anderen meinen: so ein Blödsinn. Das sind alles Reaktionen ohne Faktenwissen", sagt Fallast. Und das soll jetzt nachgeholt werden. "Wir werden uns die Ideen einer U-Bahn, aber auch die Mur-Gondel und die Tiefgarage in der City genau anschauen, die Kosten eruieren und die Machbarkeit prüfen." Im Frühjahr kommen die Fakten auf den Tisch.

Grundsätzlich "keine Utopie"

Rentieren werde sich natürlich auch eine U-Bahn nicht, wie sich auch Busse oder Straßenbahnen nicht rentierten. "Es geht um das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Auch die Wiener U-Bahn ist nicht kostendeckend, aber stellen sie sich einmal Wien ohne U-Bahn vor", sagt Fallast. Eine U-Bahn in Graz, zumindest eine Schmalspurvariante, die die starken Wohngebiete im Osten mit jenen im Westen verbindet, sei grundsätzlich "keine Utopie". Und technisch sicher machbar.

Es müsse generell darum gehen, ein starkes Angebot eines öffentlichen Verkehrs aufzubauen, damit sich, wie in Wien, das Autofahren zum Teil gar nicht mehr lohnt. Selbst einen Gondelverkehr entlang der Mur, mit dem täglich bis zu 25.000 Fahrgäste vom Norden in den Süden transportiert werden könnten, müsse man mitdenken. "Wir werden alle Visionen, auch die Garage, genau prüfen. Entscheiden muss die Politik", sagt Fallast.(15.9.2018)