Die Narbe im Gesicht tut der Schönheit der jungen Frau keinen Abbruch. Doch ihr Freund sieht das anders, und sei es nur deshalb, weil sie zu häufig prüfend in den Spiegel blickt. Viel mehr sollte man von Joe Dantes Beitrag zur Horror-Anthologie Nightmare Cinema vielleicht gar nicht erzählen. Eine Klinik für kosmetische Chirurgie – in der niemand Geringerer als Richard Chamberlain (Die Dornenvögel, Shogun) als Chefarzt wirkt – wird jedenfalls zum Ort begründeten Misstrauens. Und Dante injiziert der Fabel seinen charakteristisch böse-satirischen Schrecken.

Grand Guignol mit Heavy-Metal-Ästhetik: Nicolas Cage begibt sich in Panos Cosmatos' "Mandy" als manischer Rächer auf einen der wildesten Ritte seiner Karriere.
Foto: Slash-Festival

"Nightmare Cinema", das wäre auch ein guter Name für das Festival des fantastischen Films gewesen, das man nun schon seit acht Jahren unter dem Namen /slash kennt. Los geht es am 20. September mit einem veritablen Knall, denn Hollywood-Star Nicolas Cage ist bei der Eröffnung mit Mandy als Gast angekündigt. Dass er den Film von Panos Cosmatos, den unlängst auch Guillermo del Toro auf Twitter abgefeiert hat ("Crazy good"), so unterstützt, hat einen guten Grund. Es ist einer der bemerkenswertesten Parts in der Karriere des Italoamerikaners, bemerkenswerter sogar als jener in Werner Herzogs Version von Bad Lieutenant.

Blutorangenrote Tonskala

Cage spielt Red, einen Heavy-Metal-Fan, dessen Freundin von einer Biker-Gang massakriert wird. Er muss dabei auch noch zusehen. Sein durch "Aufputschmittel" befeuerter Rachezug füllt den größeren Teil des Films – das wirft zwar plotmäßig nicht allzu viel ab, doch die blutorangenrote Tonskala des Films, der wabernde Synthie-Score von Jóhann Jóhannsson und last, but not least die jede Vorstellungskraft sprengende Metal-Optik der Widersacher verschmilzt zu einem tatsächlich erinnerungswürdigen Trip.

Original-Trailer zu "Mandy".
Zero Media

Slash schöpft dieses Jahr aus dem Vollen und hat mit dem aus Köln stammenden, das Kino seit einem halben Jahrhundert mitprägenden Udo Kier noch einen Stargast, ihm gilt das Tribute des Festivals. Aus der über 200 Filme umfassenden Karriere des auf dubiose, undurchsichtige Figuren abonnierten Darstellers sind unter anderem Eddy Sallers Schamlos mit einem noch jugendlich frischen Kier sowie Blood for Dracula zu sehen, auch bekannt unter Andy Warhol's Dracula.

Anti-Heimatfilm-Miniatur

Unter den aktuellen Produktionen findet sich auch eine kurze Arbeit von Veronika Franz und Severin Fiala (Ich seh Ich seh), die Teil des Episodenfilms Field Guide to Evil ist. Sie führt, gleichsam als Anti-Heimatfilm-Miniatur, in ein bäuerliches Österreich der Vergangenheit, wo unziemliches sexuelles Begehren umstandslos mit einem an Goya gemahnenden Nachtmahr geahndet wird.

Trailer zu "Caniba".
Bandes Annonces Cinéma

Bei /slash eher unüblich: Ein Dokumentarfilm wie Caniba von Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor, dem Regieduo, das mit sensorischen Mitteln an einer Erneuerung des Realen im Film arbeitet. Diesmal haben sie sich dem kannibalistischen Mörder und späteren Autor Issei Sagawa angenähert. Das Unbehagen beim Zusehen ist hier ganz berechtigt. (Dominik Kamalzadeh, 19.9.2018)