Max Design-Mitbegründer Albert Lasser.

Foto: Albert Lasser

Max Design-Mitbegründer Wilfried Reiter.

Foto: Albert Lasser

Max Design Grafikerin Ulli Koller.

Foto: Albert Lasser

Die heimische Spieleindustrie begrenzt sich heute hauptsächlich auf Indie-Studios wie Iron Mountain Interactive, Moon Studios, Mi'pu'mi, Bongfish, Broken Rules und Rarebyte. Laut einer Studie des Wirtschaftsministeriums und der WKO sollen die rund 80 österreichischen Entwickler einen Umsatz von 15 bis 20 Millionen Euro lukrieren – bei einem globalen Gesamtumsatz von 95 Milliarden Euro nur ein winziger Anteil. Das war nicht immer so. Früher hatte Österreich mit Studios wie JoWooD, Max Design und Neo Software/Rockstar Vienna einiges mitzureden. DER STANDARD hat mit Wilfried Reiter die Geschichte von Max Design aufgearbeitet.

C64 entfachte Enthusiasmus

Albert Lasser, Martin Lasser und Wilfried Reiter wussten schon sehr früh, dass sie unbedingt einmal ein Spielestudio gründen wollen. Die Leidenschaft der Steirer wurde 1985 durch den C64 entfacht. Direkt nach dem Auspacken des Heimcomputers fingen die Männer an, erste Animationen zu programmieren. "Mangels verfügbarer Dokumentation war es anfangs endloses Trial und Error, aber wir wurden besser und wir stachelten uns gegenseitig zu immer besseren Programmierfähigkeiten und zu immer besser aussehenden Pixelgrafiken an", erzählt Reiter.

Cash war das erste Spiel von Max Design.
Foto: Max Design

Erstes Spiel noch für Amiga

Fünf Jahre vergingen, bis sich die Lasser-Brüder und Reiter "reif" dazu fühlten, endlich ihr eigenes Spiel zu entwickeln, das auch genug Nachfrage erfahren würde. Somit wurde das erste Spiel namens Cash, eine Wirtschaftssimulation, für Amiga veröffentlicht. Nach etlichen Telefonaten konnte auch ein Vertriebspartner gefunden werden – dies war die Geburtsstunde von Max Design im Jahr 1991 im steirischen Schladming.

An der Insolvenz vorbeigeschrammt

Dass man innerhalb weniger Jahre zu einem der größten Spielehersteller in Europa avancieren konnte, erwarteten die Männer zu dem Zeitpunkt freilich nicht. Trotzdem war von Anfang an der Glaube an die eigenen Fähigkeiten da. "Wir mussten auch sehr hartnäckig und mutig sein, um ordentliche Tiefs durchzutauchen", betont Reiter weiter. Mitte der 1990er gab es so einen Tiefpunkt. Der falsche Partner wurde laut Reiter ins Boot geholt und man konnte mit Mühe und Not die Rechte an den eigenen Spielen sichern und nur knapp an der Insolvenz vorbeischrammen.

Nach dem Tief folgte ein Hit

"Aber wir haben uns aufgerafft, die Gürtel enger geschnallt und weitergemacht. Und das gelang uns unglaublich gut. Das erste Spiel nach dieser Tiefphase sollte das zu dieser Zeit und lange Jahre danach erfolgreichste Spiel deutscher Spielegeschichte werden", erzählt Reiter. Die Rede ist von Anno, dem Aufbaustrategiespiel, von dem es 2019 wieder eine Neuauflage geben wird. Ohne österreichischer Beteiligung.

Trailer für Anno 1602.
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4,4 Millionen Mal verkauft

Bei Anno 1602 (1998) und Anno 1503 (2002) war das Schladminger Studio dafür federführend. Gemeinsam mit dem deutschen Hersteller Sunflowers wurden die äußerst erfolgreichen Games entwickelt. Anno 1602 verkaufte sich über zwei Millionen Mal und avancierte damit zum meistverkauften Spiel, das im deutschsprachigen Raum entwickelt wurde. Auch Anno 1503 war ein voller Erfolg. Es verkaufte sich in Deutschland in weniger als zwei Wochen mehr als 200.000 Mal – beide Games wurden mehr als 4,4 Millionen Mal verkauft.

Besonders stolz auf Anno 1602

Anno 1602 ist auch das spielerische Highlight für Reiter. "Es ist uns mit Anno 1602 gelungen, ein zeitloses Spiel zu schaffen, das selbst nach vielen Stunden nicht langweilig wird, es schafft eine angenehme Atmosphäre, lässt dem Spieler kreative Freiheit, fordert und belohnt ihn. Mit diesem Spiel wurde eine Serie begründet, die Millionen Spieler in seinen Bann zu ziehen vermocht, und die jetzt nach 20 Jahren immer noch am Leben ist", sagt er.

Trailer für Anno 1503.
Annohome

Wieso dann doch das Ende kam

Dass es mit Max Design trotz der Erfolge nicht weiterging, hat mehrere Gründe, wie Reiter erzählt. Einerseits dauerte die Entwicklung von Anno 1503 deutlich länger als erwartet. Statt der anvisierten zwei Jahre mussten vier Jahre an dem Spiel gearbeitet werden. Eineinhalb Jahre "ziemlicher Kraftanstrengung" waren nötig, um das Game dann doch noch zu veröffentlichen. In dieser Zeit wurden viele junge Talente verloren, die es vermehrt in die Großstädte zog.

Nach 13 Jahren endete das Kapitel

"Unser Standort im ländlichen Raum rund um Schladming war hier leider oft nachteilig", resümiert Reiter. Letztlich bestand das Team zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Anno 1503 nur mehr aus zehn Entwicklern. Um weiterhin am Weltmarkt bestehen zu können, musste somit viel Geld und viel Zeit in die Hand genommen werden. Ein Abschied aus Schladming wäre auch nicht abwendbar gewesen. So zogen Reiter und die Lasser-Brüder 2004 den Entschluss, dass man nach "13 faszinierenden Jahren" das Kapitel Max Design beenden sollte.

Let's Play zu 1869 – Hart am Wind. Einem Game von Max Design.
Schwaben Boy LetsPlays mit Herz

Visionen können verwirklicht werden

Mit Wehmut blickt Reiter aber trotzdem nicht auf die Zeit zurück. Es war laut ihm der richtige Zeitpunkt, nicht mehr weiterzumachen. Außerdem wurde ihm durch Max Design aufgezeigt, dass es tatsächlich möglich ist, Visionen zu verwirklichen, wenn er sie konsequent genug verfolgt. Und auch, dass ein Team ungeheure Kräfte haben kann, wenn die gleichen Visionen geteilt werden und man gleichzeitig verschieden genug ist, um sich einander zu ergänzen.

Gründer sind heute nur mehr Gamer

Heute sind die Gründer nicht mehr in der Branche tätig. Sie genießen Games aber immer noch als ein Hobby in ihrem Leben. Wieso es heute kein zweites Max Design mehr in Österreich gibt, begründet Reiter damit, dass der Spielermarkt heute ganz anders aussieht, als noch vor 20 Jahren. Dieser sei heute aufgeteilt auf zwei Segmente, wovon eines von riesigen Konzernen besetzt ist und das zweite um Aufmerksamkeit giert. Das nötige Interesse wurden nur manche Entwickler lukrieren. Noch schwieriger ist es dann auch noch, wenn tatsächlich ein erster Erfolg gelingt, nicht als Eintagsfliege zu enden.

Ein wichtiger Rat

Trotz der harten Rahmenbedingungen würde Reiter aber nicht davon abraten, einen Spielehersteller zu gründen. Er würde aber trotzdem eine Anekdote mitgeben: "Selbst ein Spiel zu entwickeln, seine Vorstellungen in eine lebendige Spielwelt zu verwandeln, mit der Spieler interagieren zu können, ist eine der genialsten Ausdrucksformen. Allerdings sollte man bei seinem ersten Spiel niemals davon ausgehen, dass es einem finanziellen Erfolg beschert. Dann gewinnt man auf alle Fälle". (Daniel Koller, 7.10.2018)